Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
erfrischendes Bad, eine Rolle im Sand und eine zweite Runde ein. Sechs Meilen am Strand laufen ist schwer genug, doch mit nassen Hosen voller Sand ist es noch härter. Wer nicht schneller wird und „das Pensum erfüllt“, auf den wartet das Goon Squad. Im ersten Ausbildungsabschnitt erhalten die Anwärter auch Theorieunterricht, etwa in Kommunikation, Erster Hilfe, Lebensrettung und der Geschichte von Spezialeinsätzen der Marine. Wer im Unterricht einschläft, wird mit einem Eimer voll Meerwasser geweckt. Die Teilnehmer lernen rasch, dass Unterrichtszeit keine Schlafenszeit ist. Im zweiten und dritten Ausbildungsabschnitt wird immer mehr verlangt und so mancher SEAL-Anwärter scheitert an seinen schlechten Theorieleistungen.
Weil es so schwer ist, BUD/S durchzuhalten, machen die Ausbilder den Ausstieg leicht. Ein Anwärter kann jederzeit abbrechen, rund um die Uhr, an sieben Tagen der Woche. Auf dem Hof vor dem Büro der Ausbilder befindet sich eine Glocke. Wer aufhören will, muss dreimal läuten. Er muss keine Gründe angeben und keine Formulare ausfüllen. Niemand versucht, es ihm auszureden. Seine Akte erhält keinen Vermerk. Er kann Coronado Island noch am selben Nachmittag verlassen und seine bisherige Beschäftigung bei der Marine wieder aufnehmen. Wer aussteigt, legt seinen Helm in einer ständig länger werdenden Reihe unter der Glocke ab. An den Helmen erkennen die Ausbilder ihren Erfolg.
Jeden Morgen liegen zwei oder drei Helme mehr unter der Glocke. Manchmal ist es ein ganzes Dutzend. Nach den ersten vier Wochen des ersten Ausbildungsabschnitts, sechs Wochen nach der Ankunft der Neulinge in Coronado, gipfelt das Training in einer sechstägigen Tortur, der sogenannten „Höllenwoche“. In der Zeit vor dem Discovery Channel war sie für die SEAL-Anwärter ein schwarzes Loch. Sie hatten keinerlei Vorstellung davon, was sie erwartete und wie das Ganze zu überstehen sein würde. Inzwischen kann jeder Amerikaner, der einen Fernseher besitzt, die Höllenwoche bequem in einstündigen Episoden mitverfolgen. Doch so eine Höllenwoche selbst mitzumachen, ist etwas ganz anderes.
In der ersten Phase werden die Anwärter der Größe nach aufgestellt, beginnend mit dem Größten. Nach diesem Kriterium werden sie in Bootsmannschaften eingeteilt. Jede Gruppe erhält ein IBS (Inflatable Boat Small) – ein kleines Schlauchboot. Das ist zwar aufblasbar, doch mit dreieinhalb Metern nicht wirklich klein. Und es bringt in leerem Zustand fast 100 Kilo auf die Waage.
In den nächsten sechs Wochen leben, atmen, essen und schlafen die Anwärter in Begleitung ihres Boots. Sie lernen es gleichermaßen lieben und hassen. In der Höllenwoche nehmen die angehenden SEALs ihr IBS überallhin mit. Sie laufen und balancieren es dabei über den Köpfen. Sie tragen es zur Kantine und zurück. Beim Schwimmen haben sie es im Schlepptau. Sie zerren es über den Hindernisparcours. Sie bewachen es im Wechsel, wenn sie aufs Klo gehen. Hin und wieder nutzen sie es auch zu seinem eigentlichen Zweck und paddeln damit von Coronado in Kalifornien nach Tijuana in Mexiko und zurück. Sie schleppen ihr IBS in die stärkste Brandung, die die Ausbilder finden können, und bei einer berüchtigten „Evolution“ namens „Rock Portage“ müssen sie es aufs Meer hinaus steuern, wenden und dann gezielt an den drei Meter großen Granitfelsen anlanden, an denen sich der Pazifik vor dem Hotel de Coronado bricht.
Bei dieser Übung ziehen sich nicht wenige Anwärter Knochenbrüche an Armen oder Beinen zu, und einige geben auf, weil das Programm einfach zu hart ist.
Die Höllenwoche beginnt mit einer Feuergefechtssimulation, dem sogenannten „Breakout“. Über den Köpfen der Anwärter werden Schüsse aus Maschinenpistolen abgefeuert, die Männer werden mit Wasser aus Feuerwehrschläuchen bespritzt, während sie mit Artilleriesimulatoren, Böllern und Rauchgranaten beschossen werden. Die Ausbilder brüllen widersprüchliche Befehle ins Megafon. Der Breakout soll Angst einjagen und für Desorientierung sorgen – und das tut er. Die Ausbilder teilen den verdatterten Anwärtern mit, dass die ganze Woche so ablaufen werde – und das Schlimmste noch bevorstünde. Nicht selten steigen schon in der ersten Stunde zehn oder 15 Leute aus.
Wer den Breakout durchsteht, der wird einer neuen Bootsmannschaft zugeteilt. Im grellen Schein von Fallschirmfackeln, unter ohrenbetäubendem Maschinengewehrfeuer und begleitet von explodierenden Viertelpfundladungen TNT
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