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Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
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al-Qaida aber auch weltliche Vorzüge. Wer die Ausbildung abschloss, bekam 1.000 Dollar Gehalt im Monat. Verheiratete Männer erhielten noch einmal 500 extra. Für medizinische Versorgung wurde gesorgt und es gab jedes Jahr einen Monat Urlaub und ein Hin- und Rückflugticket nach Hause.
    Die Nachricht über die Rekrutierungsaktion verbreitete sich rasch in ganz Peschawar. Bald standen Dschihadisten aus einem Dutzend Ländern Schlange, um das mehrseitige Antragsformular zur Aufnahme in al-Qaida auszufüllen und Treue zu schwören. Einfach jeder wollte dazugehören. Und je intensiver Osama versuchte, al-Qaida geheim zu halten, desto bekannter wurde die Organisation.
    Abdallah Azzam hat al-Qaida offenbar skeptisch betrachtet. Ob sie nicht zum Söldnerheer würde? Ob bezahlte Kämpfer wirklich den Grundsätzen des Islam verpflichtet blieben?
    Azzam war Palästinenser und hatte mit eigenen Augen gesehen, was passierte, wenn Männer Gehaltsschecks und Anführern geleistete Schwüre über die Sache stellten. Abu Nidal war eine sektenartige Splittergruppe der PLO. Ihre Mitglieder leisteten ihrem Gründer, Abu Nidal, den al-bayat -Eid. Abu Nidal war ein gewalttätiger, paranoider Psychopath, der auf eigene Faust Flugzeuge entführte und Auftragsmorde übernahm. Außerdem war Abu Nidal Atheist. Zumindest konnte Azzam sicher sein, dass bin Laden weder ungläubig noch offenkundig geistesgestört war. Dennoch befürchtete er, dass eine Gruppe privat rekrutierter Kämpfer, deren Loyalität in erster Linie dem Mann galt, der sie bezahlte, nicht nur Gutes bewirken, sondern auch Böses tun könnte.
    Azzam war bewusst, dass sein eigener Stern verblasste. Das wurde unmissverständlich klar, als Osama einstimmig die Wahl zum Anführer der neuen Gruppe gewann. Azzam steckte die Degradierung weg. Er war Mentor gewesen und nun war er Lakai. Jetzt hatte er zwei Möglichkeiten: Er konnte auf den Zug aufspringen oder sich überrollen lassen. Mit einigem Unbehagen entschloss sich Azzam, mitzuziehen.
    Die Ausbildungseinrichtungen in der Höhle des Löwen wurden erweitert und es wurden weitere Lager eingerichtet. Die Freiwilligen wurden nach einem zweigleisigen System geprüft und ausgewählt. Bewerber mit westlicher akademischer Ausbildung oder Sprachkenntnissen konnten sich freuen. Solche Leute wurden für internationale Einsätze herangezogen und erhielten eine anspruchsvollere Ausbildung, die drei Monate dauerte.
    Dschihadisten ohne höhere Bildung und solche, die nicht so leidenschaftlich vom Märtyrertod schwärmten, waren Rekruten zweiter Klasse. Sie erhielten eine dreiwöchige Infanterieausbildung, ein AK-47 und eine Decke und wurden nach Afghanistan geschickt, um die fliehenden Russen zu verfolgen. Sie waren Kanonenfutter. Zeichneten sich solche Rekruten im Kampf aus, stand ihnen die weitergehende Ausbildung offen, doch Osama konnte es sich leisten, bei der Auswahl wählerisch zu sein. Es wurde keiner zugelassen, der nicht Osamas immer engstirnigere religiöse Überzeugungen teilte.
    Aiman Sawahiri war zwar auf der Versammlung selbst nicht zugegen, hatte Osama jedoch entscheidende Anstöße zur Gründung von al-Qaida gegeben. Sawahiri wusste, dass Abdallah Azzam seine Takfiri -Tendenzen und den wachsenden Einfluss des Ägypters auf seinen früheren Schüler zutiefst missbilligte.
    Doch es ging nicht nur um Osamas Wertschätzung und Zuneigung: Es ging um sein Geld. Azzam, der weniger Söldner war als Sawahiri, kämpfte im Grunde nicht um Kapital, sondern um die Seele und den Geist des afghanischen Dschihad. Azzam war ganz und gar nicht egal, was mit dem afghanischen Volk und den arabischen Kämpfern passierte, die er aufgestellt hatte, um gegen die russischen Invasoren anzutreten.
    Für Sawahiri drehte sich die Auseinandersetzung nicht um den afghanischen Dschihad, sondern um einen breiteren Konflikt – eine Schlacht um die ganze Welt. Das afghanische Volk war Sawahiri vollkommen gleichgültig – und Osama bin Laden weitgehend ebenfalls. Er hatte Osama mehrfach gedrängt, sich in Gefahr zu begeben. Als es den Russen nicht gelungen war, ihn zum Märtyrer zu machen, versuchte Sawahiri, Osama zu seinen Ansichten über den globalen Dschihad zu bekehren und al-Qaida von innen her zu usurpieren. Zu diesem Zweck umgab er den formbaren jungen Millionär mit Jasagern und eigenen Gefolgsleuten. Sawahiri ging es um Zugriff auf das vom Dienstbüro angehäufte Vermögen: nahezu unbegrenzte Mittel, mit denen er seinen persönlichen Dschihad führen

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