Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
währendes blutiges Kriegselend.
Für Osama und sein Umfeld stand fest, dass der Präsident von den Russen ermordet worden war.
Im Mai wurde eine Panzermine sowjetischer Bauart in einer Moschee entdeckt, die zu einer Einrichtung des Dienstbüros gehörte. Die Bombe sollte alle Menschen im Gebäude töten. Al-Qaida verdoppelte ihre Sicherheitsvorkehrungen, prüfte alle neuen Bewerber dreifach und gestaltete das Einsatzkommando zum persönlichen Schutz von Osama bin Laden um.
Die Sicherheitslage in Peschawar verschlechterte sich: Bombenanschläge, Banküberfälle und politisch motivierte Attentate waren an der Tagesordnung. Osama hielt es allmählich für ratsam, sich sowjetischen Vergeltungsmaßnahmen zu entziehen. Er bereitete die Rückkehr in die Heimat vor.
Die Aufsicht über die al-Qaida-Ausbildung übernahm Abu Ubayda. Sawahiri konnte nicht nach Ägypten zurück, denn dort wäre er vermutlich als Denunziant ermordet worden. Er umgab sich mit Leibwächtern und blieb in Peschawar. Dort übte er immer mehr Einfluss auf al-Qaida aus und stiftete Unruhe.
Abdallah Azzam läutete tapfer eine Runde Pendeldiplomatie ein und versuchte, die Spannungen zwischen einem halben Dutzend afghanischer Warlords zu entschärfen, die mittlerweile eher bereit schienen, aufeinander loszugehen, als mit vereinten Kräften die prokommunistische Regierung zu attackieren, die die Russen hinterlassen hatten.
Am Tag seiner Abreise verabschiedete sich Osama tränenreich von Azzam. Sein emotionaler Auftritt rührte auch Azzam zu Tränen. Möglicherweise wusste er, wer die Panzermine in der Moschee des Dienstbüros platziert hatte. Azzams Sicherheitsleute hatten sie an einem Morgen entdeckt, an dem er für die Freitagsgebete eingeteilt war. Osama und Azzam gingen auseinander und sollten sich nie wiedersehen. Bin Laden lud seine Familie in einen gecharterten Jet und flog zurück nach Saudi-Arabien.
Am Freitag, dem 24. November 1989, fuhr Azzams Sohn Ibrahim mit dem Familienauto auf die Gulshan-Iqbal-Straße im Universitätsviertel von Peschawar. Sein Vater sollte in einer nicht weit von ihrer Wohnung gelegenen Moschee predigen. Abdallah Azzam saß auf dem Rücksitz und unterhielt sich mit seinem anderen Sohn Mohammed. Ein Wagen mit Leibwächtern fuhr vorneweg, ein zweiter hinterher. Die Bewacher hielten an der Moschee und stiegen aus, während Azzam und seine Söhne links auf den Parkplatz einbogen.
Es gab einen Blitz, einen so ohrenbetäubenden Krach, dass den Überlebenden jede Erinnerung daran fehlte, einen orangeweißen Feuerball und eine sengende, alles verzehrende Hitzewelle. An der Kreuzung mit einer schmalen Straße gleich neben der Moschee war eine 50-Kilo-Bombe detoniert. Ihre Wucht ließ die Fenster der Moschee splittern und hob die Vordertüren aus den Angeln. Die Sprengladung war so konzipiert, dass eine konzentrierte Druckwelle entstand. Sie riss Azzams Auto auseinander, zerfetzte seinen Sohn Mohammed und zermalmte seinen Bruder. Die Explosion sprengte die Autotüren und die Motorhaube ab, verzog die Karosserie und schleuderte Leichenteile 100 Meter weit durch Schaufenster und auf Stromleitungen. Azzams Leichnam wurde im Ganzen gefunden. Er lehnte an einer Wand.
Es hieß, sein Körper habe die Detonation unversehrt überstanden. Vielleicht war das ein Wunder.
Ein Zufall war es sicher nicht.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde ein Kabel entdeckt, das zu einem Versteck in einem offenen Gully führte, von wo aus die Bombe gezündet wurde. Azzams Mörder hatten ihn kommen sehen und die Bombe elektronisch gezündet, als sein Wagen langsamer wurde, um zur Moschee abzubiegen. In dem Chaos nach der Explosion konnten sie sich unbemerkt aus dem Staub machen.
Am nächsten Tag, dem 25. November, nahm Aiman Sawahiri an Azzams Beerdigung teil. Er lächelte.
Osama kehrte als berühmtester Sohn des Landes ins Königreich Saudi-Arabien zurück. Unterstützt durch von der Königsfamilie kontrollierte Medienkanäle und eine selbst inszenierte PR-Kampagne zog Osama mit wehenden Fahnen in Dschidda ein und öffnete den Reichen und Mächtigen Tür und Tor. Prinzen und arabische Wirtschaftsmagnaten suchten ihn auf, die meisten mit Schecks in der Tasche. Der letzte sowjetische Soldat war bereits im Februar abgezogen worden, doch in Osamas Dienstbüro strömten weiter Rekruten und Kapital. Es war absurd: Obwohl die Russen weg waren, kamen mehr arabische Kämpfer denn je nach Pakistan und Afghanistan.
Sie führten den Heiligen Krieg
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