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Codewort Rothenburg

Codewort Rothenburg

Titel: Codewort Rothenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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viele Weiber zum Meyer, dat de dich wundern tust, womit der die alle bejlückt, wa?«
    Sie lachte rau und kehlig. Bevor sie Daut einen weiteren Schwall Atem ins Gesicht blasen konnte, machte er einen Schritt zurück und fragte: »Meyer? Welcher Stock?«
    »Jibt nur eenen, wenn ich mir nich irre. Janz oben unterm Dach juchhee.«

    Als sie endlich vor der Wohnungstür im obersten Stockwerk ankamen, schwor sich Daut, weniger zu rauchen oder mehr spazieren zu gehen. Oder beides. Er bat Rösen mit einer Geste, ein paar Sekunden zu warten, ehe er klingelte. Derart atemlos wollte er einem Zeugen nicht gegenübertreten. Sofort nach dem ersten Schellen wurde die Tür geöffnet. Ein etwa fünfzigjähriger, mürrisch dreinblickender Mann mit Halbglatze blaffte sie an.
    »Wenn ihr fürs Winterhilfswerk sammeln wollt, könnt ihr gleich wieder gehen. Da waren erst gestern welche da.«
    Daut zückte seinen Ausweis und bat, eintreten zu dürfen.
    »In meine Wohnung? Warum das denn?«
    »Name?«, brummte Rösen, der einer autoritären Befragung in diesem Fall eindeutig mehr Chancen einräumte.
    Der Mann im Türrahmen brachte so etwas wie ein Lächeln zustande.
    »Meyer, mit Ypsilon, wenn ich bitten darf.«
    »Vorname?« Rösen klang immer ungehaltener.
    »Hans. Warum interessiert Sie das?«
    Daut übernahm das Gespräch, um es nicht völlig aus dem Ruder laufen zu lassen. Ernst Rösen war ein guter Polizist, aber manchmal hatte er seine Gefühle nicht im Griff. Das schlesische Temperament. Da kam ein münsterländisches Kaltblut weiter.
    »Wir suchen Inge Wilhelmi, die in diesem Haus wohnen soll. Frau Senft aus dem dritten Stock meinte, Sie wüssten etwas über sie.«
    Meyer, der allenfalls einen Meter siebzig groß war, wippte auf die Zehenspitzen, zog die Schultern nach oben und reckte den Kopf, was ihm das groteske Aussehen eines zu klein geratenen Waldschrats gab.
    »So, so, die Frau Senft. Will mal wieder alles ganz genau wissen, die alte Ziege. Und den Tratsch glauben Sie? Was haben Sie gesagt? Sie sind Polizisten?«
    Rösen schnaubte und drückte Daut mit dem Arm zur Seite.
    »Jetzt passen Sie auf, Mann. Wir ermitteln hier in einer Mordsache, und von lustigen Zwergen wie Ihnen lassen wir uns nicht das Leben schwer machen. Wenn Sie so weitermachen, haben Sie ganz schnell eine Beamtenbeleidigung am Hals. Außerdem ist mein Kollege hier Hauptsturmführer Daut. Wenn Sie nicht sofort kooperieren ...«
    Rösen ließ das Ende des Satzes im Raum stehen. Daut gefiel es nicht, wenn jemand seinen SS-Dienstrang ins Spiel brachte. Er trug die schwarze Uniform höchstens ein- oder zweimal im Jahr, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ. Andererseits wirkte der Hinweis meistens Wunder, was die Kooperationsbereitschaft der Menschen anging, und der Zwerg vor ihm in der Haustür ging ihm gehörig auf die Nerven.
    Meyer ließ sich nicht so leicht beeindrucken. Er stieg noch einen Zentimeter höher auf die Zehenspitzen und brachte ein Grinsen zustande.
    »Dann will ich mal nicht so sein, Herr Hauptsturmführer. Ich betreibe hier seit vielen Jahren eine Künstleragentur.«
    Er nestelte an der Brusttasche seiner Weste herum und reichte Daut eine Visitenkarte. Hans Meyer - Agent . Das war alles. Keine Adresse, keine Telefonnummer.
    Daut steckte die Karte in die Jackentasche.
    »So, so, Künstleragentur.«
    »Genau, Herr Hauptsturmführer.«
    Im Gegensatz zu den meisten Menschen schwang in Meyers Stimme nicht die typische Mischung aus ein bisschen Ehrfurcht und einer großen Portion Angst, als er Daut mit seinem SS-Dienstrang ansprach. Es klang eher, als mache er sich lustig.
    Wieder zog Rösen das Gespräch an sich.
    »Und Inge Wilhelmi ist Ihre, wie nennen Sie sie? Kundin?«
    »Ich habe Klientinnen, Herr Inspektor«.
    Meyer sprach Rösens Dienstgrad verächtlich aus, als wäre es unter seiner Würde, sich mit einem Polizisten so niedrigen Ranges abzugeben. Folgerichtig wandte er sich wieder an Daut.
    »Meine Klientinnen besuchen mich oft hier in meiner Agentur. Aber, und das wollen Sie sicher wissen, eine Inge Wilhelmi ist nicht darunter.«
    Daut wurde langsam ungeduldig. Das Gespräch führte zu nichts.
    »Gut, Herr Meyer, dann müssen wir Sie noch bitten, uns Ihre Klientinnenkartei zu überlassen.«
    Er betonte das »-innen« süffisant. Meyer reagierte nicht amüsiert.
    »So weit kommt es noch, dass ich meine Mädels an die Schmiere verrate. Ihr könnt mich mal.«
    Krachend fiel die Tür ins Schloss. Als Daut bemerkte, dass Rösen sich

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