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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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schnell und klar. Sie hob die Hände über den Kopf. Der Domkapitular streckte bereits die Buchseite in die Höhe.
    Nichts ist schlimmer als die Angst davor, was geschehen wird. Das hatte sie einmal gelesen – und es stimmte. Unten, im Dom, hatte sie befürchtet, dass jemand aus dem Dunkel auftauchte. Hier oben war es geschehen. Aber trotz ihres hämmernden Herzschlags konnte sie noch logisch denken. Dieses Ding mit den zwei Läufen war kein Revolver. Es war auch kein Gewehr, sondern eine Schrotwaffe.
    Der wird nicht schießen. Es gab keinen Grund, sie zu töten. Außerdem würde die Streuung der Waffe die Kunstwerke aus den offenen Vitrinen beschädigen. Und deswegen waren die ja hier. Oder?
    Andererseits würde ein Schuss eine Vielzahl kleinster Schrotkugeln freisetzen, die, falls sie mit dem Leben davonkam, ihr Gesicht und ihren Körper grausam entstellen würden. Weiter kamen ihre Gedanken nicht.
    »Boden!«
    Sie versuchte, das Alter des Mannes nach seiner Stimme einzuschätzen. Es fiel ihr schwer. Zwischen zwanzig und dreißig vielleicht. Es klang ein Akzent an, den sie nicht einordnen konnte.
    Die Steinfliesen unter ihren Handflächen fühlten sich angenehm kühl an. Bevor sie ihre Wange auf die glatte Oberfläche legte, schlug sie ihr Haar zurück. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihre Augen zu schließen und erst dann wieder zu öffnen, wenn das Ganze hier vorbei war. Je weniger sie mitbekam, umso weniger Grund gab sie den Männern, sie als Gefahr anzusehen.
    »Los!«
    Das schwere Tuch einer Kutte glitt an ihrer Wade entlang. Sie riss die Augen wieder auf. Einer der Männer stieß den Professor an eine Vitrine und tastete ihn ab. Dabei ging er nicht zimperlich mit Adams um. Edith presste erneut die Augenlider zusammen.
    »Taschen leeren!« Das doppelte E klang wie ein Ä. Ob der Mann den Akzent nur vortäuschte?
    Es folgte ein metallisches Klirren, wahrscheinlich Schlüssel, die auf einer Glasplatte abgelegt wurden. Dann war wieder das Abklopfen der Kleidung des Professors und leises Stöhnen zu hören.
    »Ich habe komplett gesagt!« Es folgte ein lauteres Klopfen, bei dem der alte Mann augenblicklich aufschrie.
    »Da ist noch was!«
    Wieder wurde etwas auf Glas gelegt, etwas zaghafter als zuvor.
    »Wozu gehört der?«
    Keine Antwort.
    Edith spürte, wie sich das Pochen ihres Herzschlags über die Fliesen bis zu ihrem Ohr fortsetzte.
    Es folgte ein dumpfer Schlag und ein weiterer Schmerzenslaut.
    »Okay.« Mit lang gedehnter zweiten Silbe sprach eine ruhige Stimme vom Eingang her. Sie gehörte eindeutig einem Mann, der älter als fünfzig, vielleicht sogar über sechzig war.
    »Beine auseinander!« Ihr linker Schuh wurde hart getroffen. Dabei rutschte ihr ausgestrecktes Bein über den Boden.
     
    Plötzlich kniete einer der Männer neben ihr. Sie spürte eine Hand an der Innenseite ihres linken Beins. Ganz langsam glitt sie nach oben zum Knie, über den Oberschenkel bis zum Schritt. Nun spürte sie den Druck der einzelnen Finger am rechten Bein. Dann wurde ihr Hintern getätschelt und eine raue Hand tastete die nackte Haut ihres Rückens ab. Bis jetzt hatte sie es geschafft, keinerlei Regung zu zeigen. Als sie spürte, wie eine Hand sich zwischen den Boden und ihren Körper zwängte und vorn an ihrem Hosenbund unter ihren Pulli schlüpfte, verkrampfte sie sich. Sie zog den Bauch ein, drückte die Knie zusammen und reckte das Kinn nach oben. Finger kniffen in ihre Brüste.
    »Okay!« Die Stimme vom Eingang sprach wie ein geduldiger Vater zu seinem über die Stränge schlagenden Kind.
    Die Hand zog sich aus ihrem Pulli zurück und fuhr ihr nun durch die Haare. Sie spürte, wie sie nach hinten gezogen wurden und dann auf ihren Rücken fielen.
    Das Reißgeräusch konnte sie erst einordnen, als ihre Handgelenke gepackt und auf dem Rücken mit Band umwickelt wurden. Anschließend wurden ihre Fußgelenke zusammengeschnürt.
    Ihren ersten Schmerzenslaut stieß sie aus, als ihre Haare gepackt wurden. Kaum hatte sie wieder den Mund geschlossen, wurde ihr etwas darüber gepappt und ein Band von einem Ohr über ihre Augen bis zum anderen Ohr geklebt.
    In einem verzweifelten und tiefen Zug sog sie Luft durch die Nase ein. Sie reichte nicht! Schon seit ihrer Kindheit litt Edith an einer Verkrümmung der Nasenscheidewand. Sie würde ersticken!
    »Alle Vitrinen öffnen!«, befahl der Mann.
    Metall glitt über Glas, ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Wenig später wiederholte sich die Prozedur.
    Edith spannte

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