Collection Baccara Band 0267
Schülers mit ‚gut‘ zu bewerten.“
„Das hast du aber nicht getan.“
„Nein.“
„Ich vermute, man hat den Jungen in eine Parallelklasse gesteckt, die du nicht unterrichtet hast.“
Sie lachte bitter. „Das wäre schön gewesen. Nein, dieser Schüler hat mich wegen sexueller Belästigung angezeigt. Er hat behauptet, ich hätte ihn verführen wollen. Und ihm schlechte Noten gegeben, weil er mich abgewiesen hatte.“
Die kalte Wut stieg in Win auf. Eins wusste er: Wäre dieser kleine dreckige Lügenbold jetzt in seiner Nähe, würde der Bursche nie wieder Baseball spielen können.
„Anfangs habe ich die Sache nicht ernst genommen“, fuhr Carlene fort. „Weil es mir einfach zu albern vorkam. Ich habe gedacht, niemand würde mir so etwas zutrauen. Nur hatte ich mich leider geirrt.“
Win hörte den Schmerz in ihrer Stimme, und er konnte es nicht länger ertragen, Carlene leiden zu sehen. er musste sie einfach trösten. Behutsam zog er sie von ihrem Sessel auf seinen Schoß und legte die Arme um sie.
Zuerst versteifte sie sich, doch plötzlich schmiegte Carlene sich an ihn. „Es war furchtbar“, flüsterte sie an seiner Brust. „Jeder im Ort hat über mich getratscht. Die Leute haben gemeint, eine Frau mit meiner Figur wäre ja von vornherein eine Schlampe. Da wäre es kein Wunder, wenn ich einen Schüler belästige. Mitten in der Nacht habe ich Anrufe bekommen. Man hat mich bedroht und mir Dinge vorgeworfen, von denen ich noch nicht mal gehört hatte. Und der Schuldirektor hat mich aufgefordert, zu kündigen.“
Win rieb ihr sanft über den Rücken. „Hast du das getan?“
„Nein. Ich habe mich geweigert und mich stattdessen gewehrt. Ich hatte noch alle Klassenarbeiten und meine Aufzeichnungen, mit denen ich belegen konnte, dass der Schüler die schlechten Noten verdiente. Also habe ich mir einen Anwalt gesucht. Und der konnte beweisen, dass der Junge mich zu Unrecht beschuldigt hatte. Er war niemals allein in einem Raum mit mir gewesen. Dafür gab es genug Zeugen.“
Win ahnte, dass die Geschichte damit nicht endete. Sonst würde Carlene ja noch immer in Texas leben und an der Highschool unterrichten. „Hätte der Direktor zu dir gehalten, wäre es für dich bestimmt einfacher gewesen.“
„Ja. Aber er hat die Sache noch verschlimmert. Er hat einen Prozess gegen mich angestrengt. Dabei hatte der Junge bereits zugegeben, alles erfunden zu haben, um in seinem Baseballteam bleiben zu dürfen.“
Dieser Mistkerl! „Du bist freigesprochen worden.“
Sie hob den Kopf und suchte seinen Blick. Als Win die Traurigkeit in ihren Augen sah, drückte er Carlene noch ein wenig fester an sich. „Vor Gericht, ja. Es war ein erstklassiger Freispruch. Nur hat das niemanden interessiert. Die Leute im Ort haben mich weiterhin als Schlampe bezeichnet und gemeint, irgendwas wäre an den Vorwürfen schon dran gewesen. Nachdem ich den Prozess gewonnen hatte, bin ich zu meinen Eltern gefahren. Weil ich mir ganz sicher war, dass zumindest sie zu mir halten.“
„Haben sie deinen Sieg mit dir gefeiert?“, fragte Win, obwohl er die Antwort in ihren Augen las.
Ihre Lippen zitterten, und sie holte tief Luft, bevor sie fortfuhr: „Beide haben mir gratuliert. Mein Vater hat mir allerdings geraten, in eine andere Gegend zu ziehen. Ein Neuanfang wäre besser für mich, meinte er. Aber ich hab schnell begriffen, dass er das nur vorgeschlagen hatte, weil meine Eltern sich meinetwegen schämten. Sie fühlten sich durch die Tratscherei gedemütigt und wollten wieder in Ruhe leben. Mom hat mir verraten, dass viele ihrer Freunde sie bedrängt hatten, dafür zu sorgen, dass ich verschwinde.“
Win konnte es gar nicht fassen, wie unloyal und rückgratlos sich ihre Eltern gezeigt hatten. „Wollte deine Mutter auch, dass du die Stadt verlässt?“
„Nein. Sie hat gemeint, wenn ich erst mal einen langen Urlaub mache, könnte ich ja wieder an die Highschool zurückkehren.“
„Einen langen Urlaub?“
„Sie dachte dabei an Südkalifornien.“
„Warum?“
„Weil es dort viele plastische Chirurgen gibt.“
„So?“ Win war etwas verwirrt.
„Sie hat mir vorgeschlagen, mir die Brüste verkleinern zu lassen. Weil eine Frau mit meiner Figur die Probleme, die ich an der Schule hatte, ja förmlich heraufbeschwört.“
„Es war doch nicht deine Schuld“, protestierte Win. Oh, er hasste ihre Mutter! Wie konnte diese Frau die eigene Tochter so beleidigen?
Zum ersten Mal leuchteten Carlenes Augen wieder auf.
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