Collection Baccara Band 0297
sich, das im Sumpfland auf einem Hausboot in einer gefühllosen Familie aufwuchs. Wie einsam sie sich gefühlt haben musste, ohne jede Hoffnung!
Warum mochte sie in diesem Videofilm geweint haben? Und warum hatte sie Lucas erzählt, sie sei betrogen worden?
Sie stand sehr lange so da, und er hatte das Gefühl, als spürte sie seine Anwesenheit. In ihrem Blick lag solche Sehnsucht, dass es ihm ins Herz schnitt. Scharf sog er den Atem ein.
Vage, verbotene Erinnerungen an seinen Bruder Ethan stiegen in ihm hoch, Erinnerungen an Celia, Abscheu vor sich selbst. Er schob die Hände in die Hosentaschen und wandte sich ab. Ab vom Fenster, ab von ihr. Und er fing an, auf und ab zu gehen, wie ein gefangenes Tier.
Warum brachte dieses Mädchen die Erinnerungen zurück? So lange hatte er sich unter Kontrolle gehabt, hatte seine Wünsche und Sehnsüchte unterdrückt. Lust war gefährlich, und nur weil er ihr nicht nachgab, war er so erfolgreich.
Aber jetzt kam er sich selbst plötzlich wie ein Fremder vor. Er war hier, um seine Familie von Miss Navarre zu befreien. Das war ein klarer Auftrag. Totzdem schien er plötzlich auf schwankendem Grund zu stehen, erschien ihm die Sicherheit, in der er sich gewähnt hatte, auf einmal trügerisch.
Wie sollte er Lucas helfen, wenn er sich nicht einmal selbst zu helfen wusste?
Er war müde. Am besten zog er die Fensterläden zu und ging ins Bett. Morgen war früh genug, sich mit Miss Josephine Navarre auseinanderzusetzen.
Ohne sich klarzumachen, was er da eigentlich tat, zog er einen Sessel ans Fenster, und ohne dabei einmal den Blick von seinem Gegenüber zu wenden, ließ er sich in die Poster sinken.
Josie sagte etwas auf Französisch, was er nicht verstand, dann wechselte sie mit einem Lächeln ins Englische. „Schau mich an“, flüsterte sie und beugte sich weit aus dem Fenster.
Er dachte wieder an das, was Madame Picard gesagt hatte. „Sie ist eine Einzelgängerin. Es gibt einen Mann. Lucas. Aber er ist nicht ihr Freund …“
Von irgendwo drang das schrille Heulen einer Sirene in den Hof. Dann schob sich eine Wolke vor den Mond. Josie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Bildete er sich nur ein, dass sie seufzte?
Jetzt ließ sie beide Hände an ihrem Körper entlanggleiten und hielt inne, als würde ihr plötzlich bewusst, was sie da tat – vor den Augen eines Fremden.
Ihre Augen weiteten sich, und er wollte den Blick abwenden, aber irgendetwas tief in seinem Inneren hinderte ihn daran. Der Atem stockte ihm, und er war unfähig, sich zu bewegen, bis die Frau auf der anderen Seite schließlich förmlich ins Zimmerinnere floh und das Licht ausmachte.
Adam holte tief Luft. Er wusste, was er zu tun hatte. Und es konnte nicht bis morgen warten.
3. KAPITEL
Fast hätte sie sich selbst berührt – aber nur fast. Die Versuchung war groß gewesen.
Josies Absätze klapperten auf den Steinstufen, als sie die Treppe hinunterhastete. Was sie genau wollte, wusste sie selbst nicht, nur, dass es nichts mit Vernunft zu tun hatte. Etwas an diesem fremden Mann war ihr so vertraut erschienen, hatte in ihr das Gefühl hervorgerufen, ganz tief mit ihm verbunden zu sein, dass sie einfach nicht mehr klar denken konnte. Sie verstand sich selbst nicht. Gleichzeitig kam es ihr vor, als trete sie in diesem Augenblick in ein neues Leben, als warteten unbekannte, aufregende Dinge auf sie. Aber Sex war nicht nur süße Erfüllung. Er konnte auch verzehrend und bedrohlich sein.
Atemlos erreichte sie den Fuß der Treppe, voller Angst vor der Dunkelheit, vor sich selbst, vor dem gut aussehenden Fremden, der solche Gefühle und Reaktionen in ihr auslöste. Sie atmete mehrmals tief durch.
Dann sah sie sich wie ein gehetztes Tier um, bis sie das Pfeifen hörte. Es ging ihr durch und durch.
Und dann sah sie ihn. Groß und breitschultrig, ganz in Schwarz gekleidet, lehnte er an dem schmiedeeisernen Tor, als gehörte es ihm – und sah sie dabei an, als gehörte sie ihm. Mit seinem Körper versperrte er den einzigen Ausgang zur Straße. Er strahlte etwas Archaisches, Gefährliches aus.
Sein Blick war so intensiv, dass sie wie gelähmt war und sich mit einem Mal fast nackt fühlte. Jetzt war sie nicht mehr durch den trennenden Hof und die dicken Mauern geschützt.
Josie senkte den Blick auf den Schnee zu ihren Füßen, um nicht in diese wissenden dunklen Augen sehen zu müssen.
Mit jeder Sekunde schien der Fremde größer, männlicher zu werden – bedrohlicher. Ihr Herz raste, und sie spürte ihre
Weitere Kostenlose Bücher