Collection Baccara Band 329
wieder zu kitten.
Sie riss sich zusammen. Tanner sprach schließlich nicht von ihrem Herzen, und er hatte recht. Besser, sie ging auf Nummer sicher – und zwar in jeder Beziehung.
6. KAPITEL
Tanner hatte jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme getroffen und sich mehrfach sowohl im Hotel als auch in dessen unmittelbarer Nachbarschaft umgesehen. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass irgendjemand Mia und ihn beobachtete.
Er überlegte, ob er Ackermans Auftauchen vor Harlans Wohnung vielleicht nicht ernst genug genommen hatte. Wie war der Reporter eigentlich an die Adresse gekommen? Wer Recherchen über Mia anstellte, erhielt doch nicht automatisch Auskunft über Harlans Wohnsitz in Washington. Möglicherweise war Ackerman hinter der arglosen Mia hergeschlichen. Die Vorstellung, wie der hinterhältige kleine Mann sie beschattete, machte Tanner zornig.
Mia tolerierte Freddie, schien ihn sogar ein wenig zu mögen. Sie hielt ihn für lästig, aber harmlos. Tanner war sich da nicht so sicher.
Er blickte über den Frühstückstisch im Hotelrestaurant zu Mia hinüber, die gerade Zeitung las und an einem Kaffee nippte. Ihre anmutigen Bewegungen besaßen eine ungewöhnliche Grazie. Ihre Wangen wirkten immer noch ein wenig rosig vom Schlaf und bildeten einen reizvollen Kontrast zu ihren schimmernden dunklen Haaren. Eben hatte sie beim Lesen gelächelt, und jetzt runzelte sie die Stirn. Tanner musste sich beherrschen, um nicht die indiskreteste Frage von allen zu stellen: Was denkst du gerade?
Was sie denkt, geht dich nichts an, tadelte er sich. Deine Aufgabe ist es, den Job zu erledigen und dein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.
Mia hatte die langen Haare zu einem Zopf geflochten, der über ihre rechte Schulter fiel. Sie trug eine hellgrüne Bluse, die sich an ihre vollen Brüste schmiegte. Tanner stellte sich vor, wie es wäre, den Stoff zur Seite zu schieben und sein Gesicht zwischen den weichen Kurven zu vergraben.
Diese Frau bringt mich aus dem Konzept, dachte er grimmig. Darum habe ich gestern auch nicht geschaltet. Jahrelanges Training als Elitesoldat, und nun entgeht mir etwas Offensichtliches, weil mich das Wiedersehen mit meiner Exfreundin irritiert. Was für eine Demütigung!
Seine Vernunft legte ihm nahe, Brian Payne anzurufen und ihn zu bitten, diesen Auftrag umgehend einem anderen Mitarbeiter zu übertragen. Tanner bereute, dass er nicht gleich abgelehnt hatte, als er im Aktenordner auf Mias Foto gestoßen war. Oder spätestens, als Jamie Flanagan ihm die Schachtel mit den Kondomen zugeworfen hatte.
Doch sein Stolz und sein ausgeprägtes Ego drängten die Vernunft in den Hintergrund. Außerdem befürchtete er, Ranger Security würde ihm kündigen, wenn er jetzt einen Rückzieher machte. Dann stünde er auf der Straße.
Ich darf nicht versagen. Ausgeschlossen. Dieser Job ist das Einzige, was mich noch davon abhält, den Vorwürfen meines Vaters zu glauben.
„Du bist schwach“, hatte John Crawford gesagt. „Du widerst mich an. Dein Großvater und ich haben dir eine Familientradition anvertraut, und du hast sie entehrt.“
Tanner war darauf gefasst gewesen, dass sein Vater ihn abkanzeln würde, als er die Armee verließ. Allerdings hatte er nie befürchtet, John Crawfords gute Meinung zu verlieren. Schließlich konnte man nichts verlieren, was man nie besessen hatte. Kein Erfolg, weder in der Schule noch auf dem Sportplatz oder beim Militär, war bei seinem Vater jemals auf Anerkennung gestoßen. Kritik hingegen hatte es reichlich gehagelt.
Der pensionierte Major suchte stets das Haar in der Suppe. Und weil Tanner glaubte, dass es in diesem Fall tatsächlich eines gab, hatte sein Vater einen wunden Punkt getroffen. Deshalb konnte Tanner sich auch nicht dazu durchringen, seinen Großvater zu kontaktieren.
Er war daran gewöhnt, den Anforderungen seines Vaters nicht zu genügen. Aber er bezweifelte, dass er damit klarkommen würde, wenn er auch seinen Großvater enttäuschte. Natürlich konnte er seine Familie nicht ewig meiden – jedenfalls nicht jene, die ihn noch sehen wollten, wie seine Mutter und seine Schwester. Tanner vermutete, dass sein Großvater ihm nicht die Tür weisen würde. Doch er machte sich Sorgen, was er in den Augen des alten Herrn lesen würde.
Genauso wie er sich selbst nur noch widerstrebend im Spiegel anschaute.
Tanner schämte sich, und er fühlte sich schuldig. Dazu die Albträume … Es war schwieriger, als er angenommen hatte, zu seinem alten Selbst
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