Collection Baccara Band 329
dunkle Sonnenbrille schützte die Augen vor der stechenden Sonne. Während er den unbefestigten Pfad zum Stall hinaufritt, hatte Callie das Gefühl, jemand würde ihr mit jedem Schritt weiter die Luft abschnüren. Ihre Nerven waren aufs Äußerste angespannt.
Falls Tagg überrascht war, sie zu sehen, so zeigte er das nicht. Mit ausdrucksloser Miene schwang er das Bein über den Sattel und stieg von seiner prächtigen rotbraunen Stute ab, deren Fell schweißnass glänzte. Callie legte die Hand auf den Hals des Tieres. „Du bist ein hübsches Mädchen“, sagte sie, hielt sie am Zaumzeug fest und streichelte ihre Stirnlocke. Sie hatte eine Schwäche für alle Tiere, aber Pferde liebte sie besonders, und sie war selbst eine erfahrene Reiterin.
Tagg überragte Callie um ein ganzes Stück, sodass sie zu ihm hochsehen musste. Er verschränkte die Arme. „Dasselbe könnte ich zu dir sagen.“
Sie konnte seine Augen nicht sehen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er gerade nur ein belangloses Kompliment gemacht hatte. „Hi, Tagg.“
„Callie.“ Er musterte sie von oben bis unten durch die Sonnenbrille, und in diesem Augenblick wünschte sie sich sehnlichst, sie hätte etwas Modischeres und Feminineres an als Bluejeans. „Du suchst nach mir?“
„Ja.“
Er rieb sich den Nacken und seufzte. „Hör zu, ich bin froh, dass du hergekommen bist …“
„Wirklich?“, entfuhr es ihr erleichtert.
Er nahm die Sonnenbrille ab und betrachtete Callie gründlich mit seinen stahlblauen Augen. Sie spürte, dass es sie erregte. Mit diesen Augen hatte er schon jeden Zentimeter ihres Körpers erforscht, und sein Blick hatte Bewunderung und Verlangen ausgedrückt. Niemals würde Callie vergessen, welche Empfindungen er in ihr ausgelöst hatte.
Als Jugendliche war es Callie verboten worden, sich mit den Worth-Jungs abzugeben. Das hatte ihr Vater so bestimmt. Die Worths waren den Sullivans nicht angemessen genug. Andererseits – nach Meinung ihres Vaters war niemand gut genug für Callie. Sie kannte Tagg aus der Schule, sie waren sich immer wieder mal in der Stadt über den Weg gelaufen, und später hatte sie seine Karriere als Rodeoreiter verfolgt.
Schlicht gesagt, war Taggart Worth der Held ihrer Teenagerträume gewesen. Sobald sie ihn sah, hatte sie das Gefühl, die Sonne würde aufgehen. Er war der dunkelhaarige gut aussehende Nachbarjunge mit beeindruckend breiten Schultern und einem faszinierenden energischen Zug um den Mund. Möglicherweise wurde Tagg noch interessanter, weil es ihr verboten war, ihn kennenzulernen.
Als sie vor sechs Monaten aus Boston nach Hause kam, um sich um ihren Vater zu kümmern, der Herzprobleme hatte, waren ihre Empfindungen unverändert. Doch jetzt war Callie eine erwachsene Frau. Die strengen Regeln ihres Vaters galten nicht länger.
„Ja. Ich habe über dich nachgedacht.“
Callie hielt den Atem an und begann zu hoffen. „Hast du?“
Er rang nach Worten. „Mir … tut es leid. Wegen Reno. Das hätte nicht passieren dürfen.“
Enttäuscht atmete sie aus. Mit einem Mal wurde ihr ganz flau. In dieser Nacht hatte sie sich sehr weit mit Tagg vorgewagt. Sie hatte ihm mehr als ihren Körper geschenkt. Und jetzt entschuldigte er sich und erklärte, dass es nicht hätte passieren dürfen?
Verletzter Stolz und Wut verdrängten die Enttäuschung.
„Normalerweise lasse ich Frauen nicht einfach so sitzen.“
Von wie vielen Frauen redete er? Wie viele One-Night-Stands hatte er schon erlebt?
„Du hast eine Nachricht dagelassen“, erinnerte sie ihn in einem Ton, der ihn zusammenzucken ließ.
Sein aufrichtiger Blick, der ehrliches Bedauern ausdrückte, schockierte sie. Er bereute anscheinend alles, während sie die wundervollen Erinnerungen an diese Nacht bewusst wachhielt.
„Ich hätte bleiben und alles erklären sollen.“
„Es gab nichts zu erklären, Tagg. Wir haben beide gemacht, was wir wollten.“
Tagg schüttelte den Kopf. Das glaubte er nicht.
Callie ertrug seine Gewissensbisse nicht eine Sekunde länger. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete sie die Stute. „Willst du sie nicht absatteln? Sie atmet ziemlich angestrengt.“
Bevor er antworten konnte, nahm Callie die Zügel und führte das Pferd in den Stall. „Komm schon, Mädchen“, lockte sie zärtlich. „Lass uns aus der heißen Sonne gehen.“ Der vertraute Duft nach Streu, Futter und dunkler Erde hing in der Luft. Mit diesem Stallgeruch war sie praktisch groß geworden.
Einen Moment lang blieb Tagg stehen
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