Collection Baccara Band 329
und beobachtete sie. Seine Miene verriet nicht, was er dachte. Dann folgte er ihr in den Stall.
Noch nie war sich Callie verwundbarer vorgekommen. Sie fühlte sich völlig entmutigt. Aber sie war hergekommen, um Tagg etwas zu sagen, und sie würde nicht gehen, bevor das erledigt war.
Sie nahm der Stute das Zaumzeug ab, während Tagg den Sattelgurt öffnete.
„Das brauchst du nicht zu machen“, erklärte er gereizt.
Er ärgerte sich also über sie. Gut. „Ich mache das automatisch. Schließlich bin ich auch auf einer Ranch aufgewachsen.“
„Wie könnte ich unseren größten Konkurrenten vergessen?“
Sie hängte das Zaumzeug an einen Haken und griff nach einer weichen Wurzelbürste. „Ist das das Problem? Weil ich Hawks Tochter bin?“
Taggs Mund zuckte. „Nein.“
Als sie ihm eine Bürste reichte, berührten sich ihre Fingerspitzen. Das geschah nur kurz, hatte aber die Wirkung eines elektrischen Schlages, den sie bis in die Zehen spürte. Sie merkte, dass Taggs Augen aufleuchteten, bevor seine Miene wieder undurchdringlich wurde.
„Ich habe keine Blumen oder Pralinen erwartet“, sagte sie leise.
„Du hast weniger bekommen, als du verdienst.“ Mit langen schwungvollen Bewegungen begann er, das Fell der Stute zu striegeln.
„Ich wusste, was ich mache, Tagg. Es war … ziemlich erstaunlich. Willst du das leugnen?“
Tagg hörte mit dem Striegeln auf und wandte sich ihr mit entschlossenem Blick zu. „Nein, das leugne ich nicht, aber es darf nicht noch einmal passieren.“
„Das will ich auch nicht“, sagte sie rasch, weil nun ihr Stolz die Oberhand gewann. „Nur damit dein Ego wieder durch diese Stalltür passt, sage ich jetzt wohl besser, warum ich hergekommen bin. Ich dachte, du würdest es lieber von mir hören als von deinem Bruder. Also, ab jetzt wirst du mich öfter auf der Worth Ranch sehen. Ich helfe ehrenamtlich bei Penny’s Song mit. Das ist eine gute Sache, hinter der ich voll und ganz stehe, und ich kann es gar nicht erwarten, mit den Kindern zu arbeiten.“
„Du?“ Tagg stieß eine Verwünschung aus. Callie Sullivan war die letzte Person, der er tagein, tagaus begegnen wollte. Zuerst hatte er gar nicht glauben können, dass sie heute bei ihm aufgetaucht war. Er dachte nun schon seit Wochen an diese Nacht in Reno und daran, wie schön das Zusammensein mit ihr gewesen war. Sobald er Callie vor seinem Haus entdeckt hatte, war sein Puls losgaloppiert. Und in dem Augenblick, als sich ihre Finger kurz gestreift hatten, hatte er sich lebhaft an den heißen, leidenschaftlichen Sex erinnert.
„Ja, ich.“
„Warum?“
„Das habe ich doch gesagt. Ich will mit Kindern arbeiten. Ich habe einen Abschluss in Psychologie, und ich bin sicher, ich bin eine Bereicherung für die Einrichtung. Clay denkt, ich passe perfekt, weil ich auch gut mit Pferden umgehen kann.“
Clay? Er musste sich dringend mit seinem Bruder unterhalten. Macht ja nichts, dass Callie die Tochter von Hawk Sullivan ist, der die Worth Ranch gerade bei einem richtig großen Viehhandel ausgebootet hatte, dachte Tagg sarkastisch. Die ständige Versuchung, die Callie für ihn darstellte, konnte er absolut nicht brauchen.
Er striegelte weiter. Clay hatte keine Ahnung von seiner Nacht mit Callie, und dieses Detail würde Tagg ihm auch nicht auf die Nase binden. Falls davon etwas bekannt wurde, würde die Familie sich sofort als Kuppler versuchen. Das wäre ja nicht das erste Mal. Doch Tagg suchte keine neue Beziehung, und er hatte das auch deutlich zum Ausdruck gebracht. „Gut, danke, dass du mir das gesagt hast.“
„Das ist eine wirklich schöne Stiftung. Dein Bruder ist ein guter Mensch.“
„Hm“, brummte er zustimmend.
„Ich habe ihm gesagt, während ich auf der Ranch bin, solle er vergessen, dass ich Hawks Tochter bin. Ich werde mich ausschließlich darauf konzentrieren, bei Penny’s Song mitzuhelfen.“
„Ich bin überzeugt, das weiß er zu schätzen.“ Er klopfte der Stute auf das Hinterteil, dann drehte er sich um und füllte einen Blecheimer halb mit Hafer. Während des Ausritts hatte er das Pferd hart rangenommen.
Bevor er dem Tier den Hafer geben konnte, ging Callie an ihm vorbei. Dabei streifte sie ihn leicht, und er nahm einen Hauch ihres Parfüms wahr. Sie duftete nach Blumen, aber irgendwie auch erdig. Auf jeden Fall sehr angenehm. Er erkannte den ihr eigenen Duft, und sofort durchströmten ihn wieder die Erinnerungen an den Abend, als sie eng umschlungen zusammen in dieser Bar getanzt hatten.
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