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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Kardinalstaatssekretär und des ugandischen Kardinals Joseph Karuhanga zum Präfekten der Apostolischen Signatur, des Obersten Gerichtshofes. Bleeker war in einen der größten Missbrauchsskandale der USA verwickelt gewesen, der zur Exkommunikation und Verurteilung von zwei amerikanischen Priestern geführt hatte. Bleeker selbst konnte eine Beteiligung nicht nachgewiesen werden, nachdem der wichtigste Belastungszeuge, ein zwanzigjähriger Theologiestudent, bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Kardinal Karuhanga hatte als Bischof von Kampala die »Lord’s Resistance Army«, die brutalste Rebellenmiliz der Welt, vor einigen Jahren noch als »Gotteskrieger« geadelt, diese Aussage jedoch kurz darauf öffentlich als Missverständnis bedauert. Außerdem ging in der Kurie das Gerücht um, dass der Kardinal mehr als zehn Kinder mit drei verschiedenen Frauen habe.
    Das meiste Unbehagen erregte aber nach wie vor die Namensgebung des neuen Papstes, der mit einem jahrhundertealten Tabu gebrochen und sich den Namen Petri gegeben hatte, was als geschmacklos, anmaßend und respektlos galt – alles Todsünden der vatikanischen Hofetikette. Zwar galt der neue Papst immer noch als Retter der katholischen Kirche, aber selbst die konservative, papsttreue italienische Presse missbilligte inzwischen offen die Namensgebung. Denn natürlich dachte jeder sofort an die Prophezeiung des heiligen Malachias, nach der die Kirche einst mit einem Papst Petrus untergehen werde. Die Welt hatte schon genügend Probleme – Griechenland, Portugal und Italien waren bankrott, Spanien würde bald folgen. Die Kurse stürzten ab, Großbanken brachen zusammen, Europa stand kurz vor dem Zusammenbruch. Die USA waren pleite und lieferten sich einen Cyberkrieg mit China, während amerikanische Soldaten im Irak jeden Tag neuen Hass auf sich luden. Japan kämpfte verzweifelt mit den Strahlenfolgen der Erdbebenkatastrophe, Nordafrika versank im Bürgerkrieg, der Iran baute an einer Atombombe und drohte mit der Vernichtung Israels. Der schier grenzenlose Bauboom in China erzeugte inzwischen eine gigantische Liquiditätsblase von Billionen von Dollar, die die gesamte Weltwirtschaft bedrohte. Der afrikanische Kontinent ging an Korruption, Bürgerkriegen, Hungersnöten und Seuchen zugrunde, Bangladesch und Pakistan ertranken im Meer und in Überschwemmungen. Dazu kam der ungeklärte Absturz der Internationalen Raumstation zwei Monate zuvor und der verheerende Anschlag auf den Vatikan, dessen Symbol nun in Trümmern am Ende der Via della Conciliazione lag. Deshalb fragte sich die Welt, welche Absicht der neue Papst mit seinen gezielten Tabubrüchen verfolgte. Seriösere Zeitungen interpretierten die Namensgebung des neuen Papstes noch als mahnenden Hinweis darauf, dass die Welt am Abgrund stand. Die Zyniker und Spaßmacher sämtlicher Late-Night-Shows von Rom bis Los Angeles ulkten, dass der ehemalige Exorzist eben auch in seinem neuen Amt nicht aus der Übung kommen wolle.
    Sie ahnten nicht, wie nahe sie damit der Wahrheit kamen.
    »Signor Forlani vom Corriere della Sera, Signor Gianmarino von der RAI und eine Mrs. Reynolds von CNN haben erneut wegen eines Interviewtermins angefragt, Eure Heiligkeit. Und das Büro des Ministerpräsidenten drängt auf eine Audienz in der nächsten Woche.«
    »Absagen«, winkte Petrus II. ungehalten ab. »Ich sagte doch, bis auf Weiteres keine Interviews.«
    Monsignore Cardona, der neue Privatsekretär des Papstes, folgte Petrus II. eilig über den Damaskushof zu einer wartenden Limousine. Gleich hinter dem Hof erhob sich der Trümmerberg des zerstörten Petersdoms und der Sixtinischen Kapelle. Ein provisorisches Holzkreuz, roh geschnitten aus dem Stamm einer hundertjährigen Eiche der Vatikanischen Gärten, ragte aus den Trümmern empor, als Zeichen der Trauer für die Toten des Anschlags und zur trotzigen Mahnung, dass die Kirche nur verwundet, aber nicht zerstört sei.
    »Noch nicht«, murmelte der Papst leise.
    »Eure Heiligkeit?«, fragte Cardona, der den Papst nicht verstanden hatte. Der spanische Prälat, der bis vor Kurzem noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten war, überragte den Papst um einen Kopf und wirkte wie eine jugendlichere Kopie des verstorbenen Kardinal Menendez: hager, düster, schweigsam. Hart gegen sich, brutal gegen die Feinde des rechten Glaubens. Er gehörte den »Legionären Christi« an, einer erzkonservativen Bruderschaft, papsttreu und militärisch organisiert. Die Legionäre verehrten

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