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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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der Großen Seen, wo ich an der Universität von Minnesota lehrte.
    »Haben Sie sich schon auf einen Ort festgelegt?« erkundigte ich mich. Von meinen Kenntnissen über das gewählte Gebiet hing eine ganze Menge ab.
    »Das haben wir«, antwortete Ringold. »Sagen Sie's ihm, Harry.«
    »Die Wasserstraßen sind für Amerika von jeher lebenswichtig gewesen«, erklärte Leeds. »Aus diesem
    Grund haben wir beschlossen, unsere Aufmerksamkeit auf einen Fluß zu konzentrieren... Ebbe und Flut, die Gezeiten des Verkehrs... Die reisenden Händler, flußauf, flußab... Die Rolle der Zeit, die vorüberfließt...« An der Art, wie er beim Sprechen die Augen schloß, erkannte ich, daß er diesen Fluß ausgesucht hatte und zweifellos den an diesem Fluß liegenden Ort auch. Die Augen öffnend, fuhr er fort: »Und darum, Professor Vernor, muß ich Ihnen leider sagen, daß wir Ihnen einen Fluß aufgehalst haben.« »Ich habe auch in Virginia schon mit Flüssen gearbeitet«, gab ich zurück.
    »Das weiß ich. Das hat Sie mir auch so sympathisch gemacht.«
    Ich wollte diesen Auftrag unbedingt haben, denn dies war eine Arbeit, wie ich sie brauchte, bevor ich mit Oregon anfing, aber ich wollte auch nicht zu begehrlich wirken. Deswegen begann ich lieber vorsichtig und sagte: »DeVoto hat eine großartige Arbeit über den Missouri geschrieben, aber er ist dabei nicht auf Einzelheiten eingegangen. Ich könnte mir vorstellen, daß man einen Ort am Missouri wählt, etwa so etwas wie St. Joseph oder oben bei den Mandan Villages oder sogar noch weiter westwärts bei den Great Falls.«
    »An den Missouri hatten wir eigentlich nicht gedacht«, sagte Leeds.
    »Nun ja, der Arkansas könnte ebenfalls einiges hergeben. La Junta, zum Beispiel. Dann wären da Bent's Fort, Sand Island und... « Ich hielt inne und beschloß, meine Karten auf den Tisch zu legen. »Mit dem Arkansas bin ich allerdings nicht so vertraut wie mit dem Missouri. Nehmen Sie doch lieber jemanden, der fließend Spanisch spricht... «
    »Am Arkansas waren wir auch nicht interessiert«, sagte Leeds.
    »An welchen Fluß hatten Sie denn gedacht?«
    »An den Platte.« »An den Platte!« Mir blieb die Luft weg.
    »Jawohl, den Platte«, bestätigte Leeds.
    »Aber das ist der gottserbärmlichste Fluß von ganz Amerika! Kennen Sie denn die Witze nicht, die über den Platte im Umlauf sind? >Zu dick zum Trinken, zu dünn zum Pflügen.< Das ist kein Fluß, das ist ein Nichts!«
    »Gerade deswegen haben wir ihn gewählt«, sagte Leeds.
    Jetzt nahm Miß Endermann das Wort. »Auf so weithin bekannte Städte wie St. Joseph haben wir absichtlich verzichtet, weil sie als Studienobjekt allzu einfach wären. Aber ein großer Teil der amerikanischen Geschichte war nun mal farblos. Genau wie Sie eben ganz richtig sagten: kein Fluß, sondern ein Nichts, eine Meile breit, einen Zoll tief.«
    »Wir haben uns - ich glaube, mit Recht - folgendes gesagt«, fuhr Ringold jetzt wieder fort. »Wenn wir den Amerikanern den Platte nahebringen könnten, dann können wir ihnen auch die Bedeutung dieses ganzen Kontinents klarmachen. Und genau das werden wir auch tun. Trommeln, Trompeten und fliegende Fahnen überlassen wir anderen. Statt dessen werden wir tief in das Herz dieses armseligen Wasserlaufs eindringen...« Ein wenig verlegen hielt er inne. Offenbar hatten die Redakteure von »US« den Platte in ihr Herz geschlossen, und ich hatte ihre Begeisterung zu respektieren.
    »Ich verstehe Ihren Gesichtspunkt«, sagte ich. »Aber Sie müssen nun auch wissen, daß ich kein Experte hinsichtlich des Platte bin. Ich weiß zwar einiges über die Ansiedlungen dort, die Indianer, die Bewässerung
    - was man im allgemeinen eben so weiß. Ein Experte bin ich aber nicht.«
    »Das wissen wir«, antwortete Miß Endermann eifrig. »Aber wir brauchen Sie wegen der Art, wie Sie arbeiten, nicht wegen der Themen, die Sie schon behandelt haben. Sie sind in der Lage, sich innerhalb einer Woche in dieses Projekt einzuarbeiten.«
    »Das stimmt«, gab ich zu. »Im Zusammenhang mit dem Oregon Trail habe ich den North Platte bereits zweimal ausgekundschaftet. Daher kenne ich die meisten Orte am North Platte, kenne sie sogar sehr gut.«
    Wieder einmal unterbrach Harry Leeds:    »Uns
    schwebte eigentlich der South Platte vor.«
    »Großer Gott!« Ich konnte nicht anders. Der South Platte war der miserabelste Fluß im ganzen Westen, im Sommer, wenn sein Wasser dringend benötigt wurde, ein Rinnsal, im Frühling ein reißender Strom. Er war

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