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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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aber die Frühjahrsflut war noch nicht losgebrochen, so daß man nichts als eine stagnierende, schlammig-braune Fläche sah. Das Hauptprodukt dieses Flusses schien Kies zu sein, endlose Mengen von Kies, die darauf warteten, von den am Ufer aufgereihten Lastwagen abtransportiert zu werden.
    Am anderen Ufer des Platte lag die Kleinstadt Centennial. Auf der Ortstafel stand zu lesen:
    CENTENNIAL
    Colorado Meereshöhe 4618 Fuß Einw. 2618.
    Als wir nach rechts in einen Einbahnkreisel einbogen, der über die Bahnlinie der Union Pacific hinweg in die Stadtmitte führte, hörte ich jemand rufen: »He! Das ist doch Carol!« Ich drehte mich um und sah vor einem Friseurgeschäft einen Schwarzen stehen. »Nate!« rief Carol. »Wie wär's, wollen wir heute abend mexikanisch essen?«
    »Natürlich, wie immer!« rief er zurück. »Um acht?« Wir bogen hinter dem Friseurgeschäft ein und parkten dort, wo uns ein Schild warnte, wenn wir nicht im Hotel »Railway Arms« absteigen wollten, würde unser Wagen zum Preis von fünfundzwanzig Dollar abgeschleppt. Der Boy, der herauskam, um uns zu begrüßen, erkannte Carol ebenfalls, und wieder gab es eine Begrüßungsszene.
    »Ich möchte gern, daß Sie hier wohnen, direkt an der Eisenbahn, denn nur hier können Sie etwas von der alten Atmosphäre aufnehmen«, erklärte sie, als wir uns eintrugen, und sie hatte recht damit, denn an diesem Hotel war alles alt: der Geruch, die Teppiche, die Uniform des Boys und mein Zimmer. Aber es war auch liebenswert. Hier waren Menschen abgestiegen, die mit der Union Pacific von einer Stadt in Colorado zur anderen reisten und für einen Historiker zahllose Erinnerungen hinterlassen hatten.
    Um Viertel vor acht traf ich Miß Endermann in der Halle, und sie zeigte mir die Prairie Road.
    »Ich nehme an, Sie sind wie ich«, sagte sie, »und wollen sich zunächst einmal orientieren. Also, die Prairie Road läuft von Nord nach Süd. Im Mittelpunkt der Stadt kreuzen sich Prairie Road und Mountain Road, weil die Mountain Road von Ost nach West läuft. Wir werden zu Fuß hinübergehen.«
    An der Straßenkreuzung angekommen, erklärte sie
    mir: »Das ist der Punkt, von dem alles ausgeht. Im Westen geht's zu den Rockies. Im Osten nach Omaha. Im Süden nach Denver. Im Norden nach Cheyenne. Die Straßen beginnen im Osten und gehen, fortlaufend numeriert, bis zur Tenth Street. Die Avenues beginnen an der Bahn und gehen nordwärts bis zur Ninth Avenue. Alles wohlüberlegt und -geplant.«
    Wir wandten uns ostwärts auf der Mountain Road und gingen vier Häuserblocks weit bis zu einem vollen Restaurant namens »Flor de Mejico«, wo wir wiederum herzlich begrüßt wurden, diesmal von einem robusten Mexikaner, der mir als Manolo Marquez vorgestellt wurde. »Wir wußten, daß Sie einmal wiederkommen würden«, sagte er zu Miß Endermann. »Heute abend kommt das Beste aus Küche und Keller auf den Tisch
    - auf Kosten des Hauses selbstverständlich.«
    Er führte uns zu einem Tisch mit kariertem Tischtuch und einer fettfleckigen Speisekarte, die, wie Miß Endermann mir verriet, seit fünf Jahren nicht mehr verändert worden war. »Hoffentlich mögen Sie die mexikanische Küche«, sagte sie.
    »Sie ist in Georgia ziemlich selten.«
    »Wir werden ihn einführen, Manolo!« rief sie vergnügt. »Drei Teller, bitte; mit einer Kostprobe von allem. Und dazu Coors-Bier.« Sie fragte mich, ob mir dieses Colorado-Bier bekannt sei, und ich verneinte. »Zu mexikanischem Essen schmeckt es einfach himmlisch«, versicherte sie mir.
    Die Restauranttür öffnete sich, und der Schwarze, den ich auf der Straße gesehen hatte, trat ein. Er kam sofort an unseren Tisch. Miß Endermann gab ihm einen Kuß. »Mein Freund und Berater Nate Person«, stellte sie vor. »Nicht nur ein ausgezeichneter Herrenfriseur, sondern auch ein kluger Mann. Er weiß, wo sämtliche Leichen begraben sind.«
    Person, ein Mann von etwa fünfzig Jahren mit grauen Schläfen, erkundigte sich, woher ich käme, und als ich Georgia sagte, lachte er. »Der Staat steht nicht sehr weit oben auf meiner Liste.«
    »Aber er bessert sich allmählich«, protestierte ich. »Wird langsam Zeit«, antwortete er trocken.
    »Sie müssen ihm alles erzählen, was Sie mir auch erzählt haben«, verlangte Miß Endermann, und Nate nickte.
    Ich nehme an, daß es ein ausgezeichnetes Dinner war, die Speisen jedoch, die mir da vorgesetzt wurden, waren so anders als alles, was ich gewöhnlich in Georgia aß, daß sie für mich nur scharf schmeckten, die

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