Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
nach uns gekommen ist. Sein Gesicht ist wie eine ernste Maske, seltsam unbewegt, aber das heißt nichts, so sieht er immer aus.
»Wieso steht ihr hier im Regen«, sagt er in diesem kühlen perfekt gelernten Englisch, das ich so genauso gruselig finde wie den Mann selbst. »Kommt wieder rein.«
Es klingt eigentlich nett, so als würde er sich Sorgen machen, dass wir uns verkühlen könnten, obwohl das jetzt, Anfang Juni, nicht wirklich zu befürchten steht. Aber ich weiß es besser, denn ich kann dieses Glitzern in seinen Augen sehen, das mir schon von Anfang an unheimlich war.
Er ist fast genauso groß wie Jonathan, aber älter – wie alt genau, kann ich schwer schätzen – und er war ganz klar einer der Hauptgründe, warum ich es im Club nicht mehr ausgehalten habe.
Ich wünschte, er wäre uns nicht gefolgt, denn ich will mit Jonathan allein sein. Und Jonathan scheint es ähnlich zu gehen, denn der Ausdruck auf seinem Gesicht ist feindselig, als er den Japaner jetzt anblickt.
»Wir gehen nicht mehr zurück«, erkläre ich mit fester Stimme und möchte am liebsten sofort zu Steven hinüberlaufen, ins Auto steigen und wegfahren.
Irritiert sieht Yuuto jetzt Jonathan an. Offenbar kann er nicht glauben, was er da hört. Doch Jonathan nickt.
»Wir fahren.«
Yuuto sagt mit immer noch unbewegter Miene etwas auf Japanisch, das ich nicht verstehen kann. Es klingt verärgert, und Jonathan, der im Gegensatz zu mir Yuutos Muttersprache fließend spricht, antwortet in einem auch nicht besonders freundlichen Ton.
»Komm«, sagt er dann zu mir und wendet sich abrupt zur Limousine um. Froh darüber, von dem Japaner wegzukommen, will ich ihm folgen, doch es geht nicht. Denn Yuuto ist auf einmal bei mir, greift nach meinem Arm und hält mich fest.
»Aber wir hatten noch gar keine Gelegenheit, uns näher kennenzulernen.« Er versucht ein Lächeln, das ihm nicht gelingt. »Der Spaß hat doch gerade erst angefangen.«
Ich schüttele den Kopf. Auf gar keinen Fall gehe ich wieder zurück in den Club, und schon gar nicht mit ihm. Die Vorstellung, mit dem gruseligen Japaner das Gleiche zu tun wie mit Jonathan, widert mich einfach nur an.
»Nein. Für mich nicht«, sage ich und versuche, mich aus seinem Griff zu befreien, doch er hält mich weiter fest. Jetzt lächelt er endgültig nicht mehr.
»Was wird das hier, Jonathan?« Sein Gesicht ist verzerrt, seine Stimme noch aggressiver. »Sie war doch einverstanden. Sie ist mitgekommen.«
»Lass sie los«, sagt Jonathan, und die Warnung in seinem Tonfall ist nicht zu überhören. »Sie ist mit mir hergekommen und sie geht mit mir.«
Bloß denkt Yuuto gar nicht dran, mich freizugeben. Er sagt noch einmal etwas in seiner Muttersprache, und es scheint etwas nicht sehr Nettes gewesen zu sein, denn Jonathans ohnehin schon kalter Blick wird richtig eisig.
»Das geht dich nichts an«, herrscht er den Japaner mit unverhohlener Wut an. »Und jetzt lass sie los.«
Wieder reagiert Yuuto nicht. Im Gegenteil: Sein Griff wird noch fester, und er zieht mich näher zu sich heran. Von nahem wirkt sein Gesicht verhärmter, die Falten tiefer. Er muss älter sein, als ich dachte, eher Ende als Anfang vierzig. Und sein Blick ist immer noch stechend. Kalt. Wütend.
»Sie bringt dich durcheinander, Jonathan. Wenn ich gewusst hätte, dass sie so einen Ärger macht, dann hätte ich nicht darauf bestanden, dass du sie mitbringst.« Seine Worte sind an Jonathan gerichtet, obwohl er mich dabei ansieht.
»Sie ist nicht deinetwegen hier«, erwidert Jonathan. Ein Muskel zuckt auf seiner Wange.
Yuuto lacht, doch es klingt nicht fröhlich. »Aber ohne mich wäre sie nicht mal in deine Nähe gekommen, vergiss das nicht. Dann wäre sie gar nicht hier.«
Diese Bemerkung macht mich wütend. Als ich Jonathan damals bei meiner Ankunft am Flughafen das erste Mal – zufällig – traf, war Yuuto dabei, und es war sein Interesse an mir, das auch Jonathans Neugier geweckt hat, das stimmt. Aber ich glaube Jonathan, dass das, was danach passiert ist, nichts mehr mit dem Japaner zu tun hatte. Und deshalb ist es eine verdammte Unverschämtheit, dass Yuuto sich einbildet, er wäre der Dreh- und Angelpunkt für mein Verhältnis zu Jonathan.
»Ich bin aber hier«, sage ich, weil ich es leid bin, dass die beiden über mich reden, so als wäre ich Luft. Erneut versuche ich, mich dem Japaner zu entwinden, doch es geht nicht, und das treibt mir die Tränen in die Augen. Sein Griff setzt mir wirklich zu. »Sie tun mir
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