Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
Kunstgeschichte an der University of London studiert und vor zwei Jahren mit Auszeichnung Ihren Abschluss gemacht. Außerdem arbeiten Sie seit Ihrem sechzehnten Lebensjahr offiziell im Auktionshaus Ihres Vaters, das sich auf europäische Kunst spezialisiert hat. Aber vorher haben Sie oft ausgeholf …«
»Moment mal«, unterbreche ich ihn und bleibe stehen. »Woher wissen Sie das alles?« Doch schon als ich es frage, wird es mir klar. »Giacomo.« Überrascht und auch ein bisschen fassungslos starre ich ihn an. »Sie haben ihn über mich ausgefragt?«
Er zuckt mit den Schultern. »Das musste ich gar nicht. Er erzählt viel von Ihnen, Sophie – ich darf Sie doch Sophie nennen? Und sagen Sie bitte Matteo zu mir, ich bin kein großer Freund von Förmlichkeiten.«
Sein Lächeln ist wieder ziemlich unwiderstehlich, aber ich schaffe es trotzdem irgendwie, ernst und wütend zu bleiben.
»Und warum dann noch dieses Essen – Matteo? « Ich betone seinen Namen. »Schließlich wissen Sie doch schon alles über mich.«
Er lacht. »Ich weiß noch nicht annähernd genug. Wir müssen hier entlang«, sagt er und lotst mich in eine schmale Seitenstraße, die Via del Boschetto.
Wir sind jetzt im Zentrum von Monti, und die Häuser hier sind alt und nicht alle renoviert, was jedoch zusammen mit dem ausgetretenen Kopfsteinpflaster, das es hier häufig noch gibt, den besonderen Charme dieses Viertels ausmacht. Es gibt jede Menge kleine Läden mit Trödel und Kunst und Lokale, die Tische auf den schmalen Gehweg geräumt haben, um die Einheimischen und Touristen zu bewirten, die hier überall zahlreich die Straßen bevölkern.
Weit gehen wir nicht mehr, denn Matteo hält zielstrebig auf ein kleines Weinlokal mit dem klingenden Namen »La Barrique« zu, vor dem ebenfalls drei kleine Tische unter großen Sonnenschirmen stehen, von der schmalen Straße nur durch einige längliche Pflanzkübel getrennt. Auf einem Zweiertisch steht ein Schild mit der Aufschrift Riservato , was Matteo jedoch nicht stört, denn er zieht mir ungerührt den Stuhl heraus – offenbar ist er ganz sicher, dass dieses Schild für uns aufgestellt wurde.
Einen Augenblick später sitze ich ihm gegenüber am Tisch und die Kellnerin – eine zierliche Frau mit kurzen dunklen Haaren, die ihn freundlich anstrahlt – bringt uns die Karten.
Matteo bestellt Wein bei ihr – offenbar ist er hier öfter, denn er weiß genau, welche Sorte und welchen Jahrgang er gerne hätte, und die Kellnerin nickt beflissen, während ich so tue, als würde ich die Karte studieren. In Wirklichkeit bin ich jedoch noch so mit unserem Gespräch beschäftigt, dass die Worte, auf die ich starre, keinen Sinn ergeben.
Ich werde einfach nicht schlau aus diesem Mann. Sein Interesse ist echt, das bezweifle ich gar nicht. Er will mehr über mich wissen. Die Frage ist nur, was seine wahren Beweggründe dafür sind. Was will er tatsächlich von mir?
Als die Kellnerin wieder weg ist, hebe ich den Kopf, begegne seinem Blick. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt und beugt sich leicht vor, stützt sich auf dem Tisch ab. Um seine Lippen spielt ein Lächeln, aber in seinen goldenen Augen kann ich auch diesmal nur sehr schwer lesen.
Oberflächlich betrachtet sind sie einfach nur wunderschön. Man kann sich in ihnen verlieren, ziemlich schnell sogar, gerade wenn sie diesen strahlenden Ausdruck haben wie jetzt. Und genau darauf scheint Matteo Bertani es anzulegen. Es ist, als würde er jeden tieferen Blick, jeden Versuch, ihn näher zu betrachten, damit ablenken.
Mir fällt wieder ein, was ich über ihn in diesen Internet-Artikeln gelesen habe – was ihm alles passiert ist. Unwillkürlich frage ich mich, was in seinen Augen wohl stehen würde, wenn er einen hinter diese Fassade blicken ließe. Ich bin nämlich fast sicher, dass sein Lächeln eine ist – vielleicht weil ich selbst ganz gut darin bin, der Welt nicht zu zeigen, wie es in mir aussieht. Aber zu tief sollte ich in diese Augen wohl besser trotzdem nicht schauen, denke ich und merke kaum, dass ich leise seufze.
Es lässt ihn lachen. »Ist es wirklich so schlimm, mit mir den Abend zu verbringen?«
»Darüber denke ich noch nach«, erkläre ich ihm, nicht mehr ganz so wütend wie zuvor, und lächle, aber nur ein wenig.
»Na, dann hoffen wir das Beste.« Das Grübchen auf seiner Wange vertieft sich, und er winkt der Kellnerin.
***
»Noch etwas Wein?«
Matteo nimmt die Flasche aus dem Kühler – einer durchsichtigen, viereckigen
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