Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
Plastiktasche mit Henkeln, die mit Wasser und Eiswürfeln gefüllt ist – und sieht mich fragend an.
Es ist schon die zweite Flasche von diesem ausgesprochen leckeren Bio-Weißwein mit der interessanten orange-gelben Farbe, den er uns bestellt hat, und meine Wangen sind leicht gerötet vom Alkohol. Trotzdem schiebe ich ihm mein Glas hin.
»Ein bisschen noch«, sage ich und sehe zu, wie er mir nachschenkt.
Ich habe eigentlich genug, aber wenn wir noch etwas trinken, dann müssen wir bleiben. Und obwohl ich weiß, dass das wahrscheinlich ein Fehler ist, möchte ich nicht, dass dieser Abend schon zu Ende ist.
»Danke.« Ich trinke einen Schluck, während die Kellnerin, die gerade wieder nach draußen gekommen ist, unsere leeren Teller abräumt.
Das Essen war großartig. Stockfischbällchen mit Minz-Peperoni-Creme als Vorspeise, gefolgt von Fettuccine mit Spargel und frischem Lachs und danach ein Goldbrassenfilet mit Zitrusfrüchten und gebratenen Erbsen – alles Empfehlungen von Matteo und alles außergewöhnlich gut, genau wie der Wein.
Und auch ansonsten passt alles. Die Abendluft ist mild und warm und duftet nach dem Sternjasmin, der die Wand neben dem Eingang zum »Barrique«, bedeckt, die Leute, die neben uns an den anderen Tischen sitzen, wirken entspannt und lachen, und die Laternen, die längst angegangen sind, geben ein passendes, gelblich-schwaches Licht, das alles weichzeichnet. Das Einzige, was ein bisschen stört, sind die Autos, die ab und zu erschreckend dicht hinter den Blumenkästen vorbeifahren, die die Tische von der sehr schmalen Straße trennen. Aber der Rest ist … perfekt.
Mit einem wohligen Seufzen lehne ich mich zurück und betrachte den Mann, der mir jetzt schon seit über zwei Stunden gegenübersitzt und der mich in vielerlei Hinsicht sehr überrascht hat.
Anders als ich anfangs dachte, hat er das Essen nämlich nicht genutzt, um mit mir zu flirten, jedenfalls nicht auf so eine plumpe, auffällige Weise, mit der ich hätte umgehen, die ich hätte abwehren können.
Stattdessen hatte ich einfach nur seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Ganz egal, wie viele Blicke ihm die anderen weiblichen Gäste oder die Kellnerin zuwerfen – und das sind nicht wenige –, er hat nur Augen für mich, und je länger es dauert, desto schlechter schaffe ich es, mich daran zu erinnern, dass ich misstrauisch bleiben muss.
Das ist aber auch schwer, wenn er gar nichts tut, was ich ihm vorwerfen könnte. Er hat mir nicht mal besonders intime Fragen gestellt, die ich mich hätte weigern können zu beantworten. Nein, es ging zwar die ganze Zeit um mich – um unser Auktionshaus, mein Studium, meine Einstellung zu bestimmten Malern – aber da war nichts dabei, das ich hätte verschweigen müssen. Im Gegenteil. Es hat mir wider Erwarten Spaß gemacht, ihm das alles zu erzählen und mit ihm zu diskutieren über das Thema, das uns beiden so am Herzen liegt: die Kunst. Zwischendurch waren wir so darin vertieft, dass ich die wahren Gründe, warum wir hier sitzen, glatt vergessen hatte.
Doch sie fallen mir immer wieder ein, wenn ich drohe, Matteo Bertani zu tief in die Augen zu schauen. Es ist wie ein Selbstschutzmechanismus, der mich zwingt, nicht die Kontrolle zu verlieren. Und der greift auch jetzt, als unsere Blicke sich über unseren Weingläsern begegnen, lässt mich das Gespräch zurückbringen auf jenen Künstler, der der Grund für unser Treffen ist.
»Wieso eigentlich Enzo di Montagna?«, will ich wissen und trinke noch einen Schluck Wein. Das frage ich mich wirklich, denn der Maler, für den er Spezialist ist, war nicht unumstritten. Er lebte etwas später als Raffael und malte wunderschöne Madonnenbilder, legte sich jedoch immer wieder mit den Autoritäten an und starb schließlich mit nicht mal dreißig mittellos und krank in den Armen einer seiner zahlreichen Geliebten. »Was fasziniert Sie an ihm? Die Tatsache, dass er …«
Auch ein Frauenheld war , will ich sagen, kann mich aber gerade noch zurückhalten. Es sollte nur eine kleine Spitze sein, aber wenn ich das ausspreche, wüsste er, dass ich mich schon ziemlich viel mit ihm und seinem Leben befasst habe – und das sollte er wohl lieber nicht erfahren.
Er scheint es jedoch zu ahnen, denn er hebt belustigt die Brauen.
»Dass er was?«
»Ein Rebell war?«, beende ich meine Frage und versuche so auszusehen, als hätte ich nie etwas anderes fragen wollen.
Matteo lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. »Mir gefallen in erster Linie seine Werke,
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