Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
auf mich ausüben kann? Denkt er, dass er mich dann leichter »rumkriegen« kann, wenn uns nur wenige Straßenzüge voneinander trennen? Will er mich …
»Es ist praktisch, weil ich zum Essen sehr gerne ein Glas Wein trinke und wir kein Taxi benötigen werden, um nachher zurückzukommen«, erklärt er mir mitten in meine Gedanken hinein. Seine Mundwinkel zucken. »Entspannen Sie sich, Miss Conroy. Sie ruinieren mein Selbstwertgefühl, wenn Sie weiter so gucken, als stünde Ihnen irgendetwas Schlimmes bevor, nur weil Sie mit mir essen gehen.«
Der Ausdruck in seinen Bernstein-Augen passt nicht ganz zu seinem Grinsen, offenbar ist er tatsächlich ein bisschen irritiert. Kein Wunder, seine Begleiterinnen zeigen sonst sicher deutlich mehr Begeisterung. Was mich zu der Frage zurückbringt, warum er dieses Treffen dann überhaupt so wichtig findet.
»Vielleicht wäre ich entspannter, wenn ich wüsste, was genau Sie sich von diesem Abend eigentlich versprechen, Signore Bertani.«
Wir stehen an einer Ampel und warten darauf, die breite Straße überqueren zu können, und weil das außer uns noch eine Menge anderer Leute tun wollen, werden wir enger zusammengedrängt. Was mir wieder bewusst macht, wie groß er ist. Dabei trage ich schon hochhackige Sandalen – die höchsten, die ich mithabe –, weil ich dachte, dass ein paar Zentimeter mehr nicht schaden können. Aber er überragt mich immer noch um ein gutes Stück, und ich muss den Kopf heben, um ihn anzusehen.
»Ich dachte, das wäre offensichtlich.« Seine Augen funkeln. »Sagte ich das nicht schon auf Giacomos Empfang? Ich möchte Sie näher kennenlernen.«
Alle meine Instinkte warnen mich, dass dieser Mann ein Spiel mit mir spielt, das ich nur noch nicht durchschaue.
»Warum?«
Er hebt die Brauen. »Ist es so abwegig, dass ich das wollen könnte?«
»Ja«, rutscht mir heraus, ehe ich es verhindern kann. Und weil ich es ohnehin schon gesagt habe, bricht auch der Rest meines Misstrauens aus mir heraus. »Es ist abwegig, weil ich ziemlich sicher bin, dass Sie mich nicht leiden können. Sie haben es doch selbst gesagt auf dem Empfang: Sie wollen nicht, dass ich hier bin. Und Sie würden alles tun, um meine Arbeit zu behindern. Da fällt es mir eben schwer zu glauben, dass Sie plötzlich ein so großes Interesse an mir haben.«
Mit dieser Antwort hat er nicht gerechnet, denn auf seiner Wange zuckt ein Muskel.
»Sie sind ganz schön nachtragend.«
Ich muss mich beherrschen, um nicht wenig damenhaft zu schnauben. »Und Sie sind ganz schön vergesslich.«
Die Ampel wird passend grün, und ich gehe über die Straße, um Abstand zwischen uns zu bringen und meine Nerven zu beruhigen, die schon wieder mit mir durchzugehen drohen. Super, denke ich. Wir sind noch nicht mal da, und er hat es schon wieder geschafft, mich auf hundertachtzig zu bringen. Das kann ja ein netter Abend werden!
»Warten Sie!« Seine Hand schließt sich um meinen Oberarm, als ich auf der anderen Seite ankomme, und er zwingt mich stehen zu bleiben, dreht mich zu sich herum.
In seinen Augen steht jetzt ein anderer Ausdruck als zuvor, und er lächelt auch nicht mehr.
»Es ist überhaupt nicht abwegig«, sagt er. »Ja, es stimmt, ich dachte, dass ich Sie nicht mag. Aber da wusste ich ja auch noch nichts über Sie, außer, dass Sie eine schöne Frau in einem etwas zu langen Kleid sind.«
Offenbar hat er also gemerkt, woran es lag, dass ich gestürzt und in seinen Armen gelandet bin. Dann sinken seine Worte vollständig in mein Gehirn, und mein Herz schlägt schneller. Hat er gerade gesagt, er findet mich schön?
»Da konnte ich noch nicht ahnen, dass Sie jemand sind, der mich interessiert«, fährt er fort. »Ich habe das wirklich ernst gemeint, was ich auf dem Empfang gesagt habe, Sophie – ich möchte Sie besser kennenlernen. Und freiwillig würden Sie mir dazu keine Möglichkeit geben, das haben Sie selbst zugegeben.«
Ich glaube ihm kein Wort, denn wenn ich das täte, würde mir das sehr schmeicheln – und ich wäre viel schutzloser gegen ihn. Und außerdem hat er mich Sophie genannt, was ich ziemlich unverschämt finde, denn diese vertraute Anrede habe ich ihm nicht angeboten.
»Mich besser kennenlernen?« Ich schüttele den Kopf. »Sie kennen mich doch noch gar nicht.«
Er grinst. »Das würde ich so nicht sagen. Sie sind fünfundzwanzig, haben keine Geschwister und leben in London in einem kleinen Apartment in South Kensington, ganz in der Nähe Ihres Auktionshauses. Sie haben
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