Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
paar Stunden, mehr nicht. Dann übernimmt er diese verdammte Expertise, und ich muss ihn nicht mehr wiedersehen. Aber als ich vor dem Fahrstuhl stehe und darauf warte, dass die Kabine von oben runterkommt – das Ding ist schon alt und braucht dafür immer eine kleine Ewigkeit –, schlägt mein Herz trotzdem viel schneller, als es sollte.
8
Er ist pünktlich, wartet schon an der Rezeption auf mich, als ich um kurz vor acht runterkomme. Wieder trägt er einen Anzug, diesmal einen hellgrauen mit weißem Hemd und Weste, aber ohne Krawatte, und sieht mit dem lässig über die Schulter gelegten Jackett so gut aus, dass Daniela Bini anerkennend nickt, als ihr klar wird, dass ich es bin, die er abholen will.
»Buon divertimento!« , wünscht sie mir, bevor sie in den Raum hinter der Rezeption verschwindet, vermutlich, um nicht zu stören. Dabei hätte ich sie gerne dabeigehabt. Allein mit Matteo Bertani zu sein, macht mich immer noch nervös, vor allem, weil er mich wieder mit Küssen auf die Wange begrüßt. Hat er eigentlich irgendeine Ahnung, wie überwältigend er ist, wenn er einem so nah kommt?
»Sie sind zu früh«, beschwere ich mich, um diese Tatsache zu überspielen. Das ärgert mich wirklich, dass er es irgendwie immer schafft, mir zuvorzukommen.
»Und Sie sehen fantastisch aus«, erwidert er.
»Danke.« Sein Kompliment freut mich, obwohl ich mir Mühe gebe, es nicht zu zeigen.
Zum Glück weiß er nicht, dass ich mich buchstäblich erst in allerletzter Sekunde entscheiden konnte, was ich heute Abend anziehen soll. Nach langem Hin und Her ist meine Wahl schließlich auf das luftigste meiner Etuikleider gefallen, ein taubenblaues, knielanges Modell aus reiner Seide mit leichten Raffungen an der Taille. Es ist nicht zu festlich, finde ich, aber doch schick genug für den Anlass und zum Glück passend zu dem, was er trägt, was mich ziemlich erleichtert.
Dabei ist das hier kein Date, erinnere ich mich eindringlich. Ich treffe mich aus rein beruflichen Gründen mit Matteo Bertani.
Das habe ich auch Nigel bei unserem Telefonat vorhin versichert. Er war zwar ein bisschen irritiert, aber letztlich hat er sich und mich damit beruhigt, dass Kunstexperten eben – genau wie Künstler – sehr exzentrisch sein können. Der Meinung war auch mein Vater, als ich ihn über die neuesten Entwicklungen in Sachen Matteo Bertani informiert habe. Für ihn zählt nach wie vor nur die Expertise, und die Aussicht, sie vielleicht bald zu bekommen, hat ihn begeistert. Außerdem hat er mich daran erinnert, wie wertvoll der Kontakt zu Bertani auch in Zukunft für uns sein kann, und da ich weiß, dass er recht hat, habe ich nichts mehr gesagt und versucht, meine privaten Bedenken zu ignorieren.
Wie ein beruflicher Termin fühlt es sich leider trotzdem nicht an, als ich an Matteo Bertanis Seite das Hotel verlasse, denn mein Herz klopft mir bis zum Hals. Verglichen damit sind meine Verabredungen zu Hause mit Nigel eine sehr entspannte, ruhige Angelegenheit. Was sicher daran liegt, dass ich mich bei Nigel sicher fühle. Er tut nie etwas, mit dem ich nicht rechne, und das weiß ich sehr zu schätzen.
Matteo Bertani ist das krasse Gegenteil, und tatsächlich wartet schon, kaum dass wir die Straße erreicht haben, die erste Überraschung auf mich. Sein schwarzes Cabriolet, nach dem ich Ausschau halte, ist nämlich nirgends zu sehen.
»Wo ist Ihr Wagen?«
»Zuhause«, erwidert er und lächelt, als er mein verwirrtes Gesicht sieht. »Es ist nicht weit bis zu dem Restaurant, und ich dachte, wir laufen. Ist das in Ordnung? Wenn nicht, kann ich uns auch gerne ein Taxi rufen.«
»Nein, nein, wir können zu Fuß gehen«, versichere ich ihm hastig. Ein Spaziergang an der frischen Luft ist vielleicht genau das Richtige, um meine flatternden Nerven zu beruhigen, denke ich und folge ihm die Straße hinauf, vorbei an diversen Souvenirläden, die hier im Innenstadtbereich zahlreich zu finden sind. Als wir die breite Via Nazionale erreichen, wird mir jedoch plötzlich etwas klar. Wenn er zu Fuß kommen konnte, dann …
»Sie wohnen hier ganz in der Nähe, oder?«
Er nickt. »Ein paar Straßen weiter. Wir kommen fast daran vorbei«, informiert er mich und sieht auf mich herunter. »Ziemlich praktisch«, fügt er mit einem Lächeln hinzu.
»Inwiefern?«, hake ich sofort nach und blicke ihn scharf an, überlege fieberhaft, was er damit gemeint haben könnte. Findet er das praktisch, weil er denkt, dass er durch die räumliche Nähe mehr Einfluss
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