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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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kurzer Wortwechsel, eine unmissverständliche
Geste des Ministers, dann zog der Staatsanwalt sein Jackett glatt und die
beiden Männer wendeten sich von den wartenden Gästen ab. Die Reihe der
Sicherheitsbeamten schloss sich und schirmte beide von neugierigen Blicken ab.
    Ich konnte gerade noch erkennen, wie der Staatsanwalt
einige Fotos auf dem Dach der Ministerautos ausbreitete.
    Hanschke reglos, die Hände in den Taschen,
während der ebenso große Mann neben ihm plötzlich heftig gestikulierte. Die
Gespräche ringsum verstummten. Die Trauergäste, von denen sich viele
wahrscheinlich nur versichern wollten, dass Starnhagen wirklich dahingeschieden
war, beobachteten die Szene.
    Nach nicht einmal drei Minuten verschwand der
Minister im Fonds seines Wagens. Kaum dass die Tür geschlossen war, setzte sich
der Tross wieder in Bewegung.
    Eva Starnhagen nickte mir zu, machte auf dem
Absatz kehrt und auf ein Handzeichen von ihr, begannen die Glocken zu läuten.
    Die Reporter hielten ihre Kameras auf die
davonbrausenden Staatskarossen. Ich war gespannt auf die Spekulationen in den Zeitungen
und Nachrichtensendungen.

117
    Tarnowski studierte sein Konto.
    Die Überweisung auf das Liechtensteiner
Treuhandkonto war termingemäß erfolgt. Andrej war jeden Cent wert. Einzig der
Zeitablauf bereitete ihm Probleme. Es war schnell, fast zu schnell gegangen. Sie
hatten seither nicht miteinander gesprochen.

118
    Hanschke setzte mich am Tiergarten ab. Ich
brauchte etwas Auslauf. Jogger, Spaziergänger und Radfahrer teilten sich die breiten
Wege unter den schon lichten, gelb gefärbten Bäumen. Ich suchte mir eine leere
Bank, streckte die Füße weit von mir und hielt das Gesicht in die Sonne.
    Auf der gegenüberliegenden Wiese war eine junge
Frau völlig versunken in ihre Tai-Chi-Übungen. Sie trug einen weiten,
dunkelblauen Sportanzug und alles an ihr schien zu fließen. Allein die
schwarzen Haare reichten, um die Erinnerung an Lily wachzurufen. Ich schloss
die Augen.
    Die Bank vibrierte nur unmerklich.
    „Haben ganz schön für Aufregung gesorgt heute.“
    Ich erkannte sie sofort an ihrer Stimme, van Broiken.
    Noch bevor ich fragen konnte, reckte sie ihren
Zeigefinger gen Himmel. Natürlich, wenn man über die richtigen Mittel verfügte,
war es keine Kunst, jemanden zu finden, der ein Mobiltelefon nutzte.
    „Was will Ihr Zampano?“
    „Ahrendt? Nichts. Der ist auf dem Weg nach Thailand,
als Sicherheitsberater.“
    „Wer schickt Sie dann? Hat Reutter, so hieß er
doch, den Job übernommen?“
    „Bevor ich mich von Reutter irgendwohin
schicken lasse, mach ich Ihnen einen Antrag. Aber keine Angst, die Gefahr
besteht nicht.“
    Ich wollte mich aufrichten, doch da lehnte sie
sich ebenfalls zurück, reckte das Kinn in die Sonne, während sich ihre Hand
zwischen die Lehne und meinen Rücken schob.
    „Schön ruhig bleiben, mein Vaterkomplex ist
austherapiert.“
    Sie zog ihre Hand zurück.
    „Sie suchen doch immer noch den Mörder.“
    „Wir ermitteln nicht mehr. Schon vergessen?“
    „Haben Sie eine Zigarette für mich?“
    „Geht nicht, hab aufgehört.“, vielleicht ein
wenig zu aggressiv, aber die Erinnerung an ihren Versuch, uns zu benutzen, war
noch frisch.
    „Idiot.“
    Ich griff in meine Tasche und legte die Packung
samt Feuerzeug zwischen uns.
    „Also, was haben Sie diesmal – oder wem wollen
Sie am Zeug flicken?“
    „Tarnowskis Mann für alle Fälle heißt Andrej.“
    „Nicht Viktor oder Jewgeni?“
    Ihre Lippen waren plötzlich ganz dicht an
meinem Ohr: „Vergessen Sie doch einfach mal, was ich wann wo auch immer gesagt
habe. Kann doch nicht so schwer sein.“
    Im Grunde war es egal, was sie bezweckte.
    „Andrej also. Und wo finde ich diesen Andrej?“
    „Keine Ahnung! Hat ein Satellitentelefon und
treibt sich in der Weltgeschichte rum. Ein Zufallsfund, wie wir so schön sagen.
Der Rest ist Ihr Problem.“
    Der Kies knirschte, als sie die Zigarette
austrat. Dann schlenderte sie mit leichtem Hüftschwung Richtung Siegessäule
davon.
    Ich griff hinter mich und fand ein
zusammengefaltetes Blatt Papier in meinem Hosenbund. Sie hatte mir nicht nur
die Telefonnummer von Andrej, sondern auch diverse Anschlüsse von Tarnowski und
Ahrendt sowie einige E-Mail-Adressen hinterlassen.
    Dann, unter einem breiten Strich: Stephan
Ahrendt, Handelsbank Liechtenstein und eine achtstellige Kontonummer. Sie war
noch nicht fertig mit ihm, ebenso wenig wie ich.

119
    Am 22. September fand die Trauerfeier für

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