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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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Sekretärin.“
    „Passt.“
    „Ja.“
    Keine Aufregung, keine Trauer. Sie sitzt da,
inhaliert und sieht mich an.
    „Wie es aussieht, hat Ihr Mann Selbstmord
begangen.“
    „Scheint so.“ Sie weicht nicht aus, sucht den
Augenkontakt, völlig ungerührt. „Das Haus war abgeschlossen, die Alarmanlage
eingeschaltet.“
    „Gallert!“ schallt es durch den Garten.
Schneiderhannes steht am Fenster und winkt aufgeregt.
    „Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen
würden, der Gerichtsmediziner.“
    Schneiderhannes balanciert ein kleines
bauchiges Fläschchen auf der Handfläche, nicht größer als sein Daumen.
    „Stand auf der Bar. Wirklich gut. Bestimmt ein
Muntermacher, garantiert mit Abdrücken von seinem Daumen und Zeigefinger. Auf
dem Nachtisch ein leeres Whiskyglas. Was willst Du mehr.“
    Was wollte ich mehr? Dennoch blieb dieses
unbestimmte Gefühl.
    „Glaub ich nicht, nein.“
    „Schau Dir die Shorts an, der hat sich einen
runtergeholt. Hyperventilation zur sexuellen Stimulanz! Und damit es noch schöner
wird, vorher noch ein bisschen Stoff! Hat nur den Absprung verpasst. Sex ist
nie ungefährlich.“
    So könnte es gewesen sein.
    „Erspart viel Ärger!“
    „Hmm.“
    Der Abschiedsbrief oder was dafür herhalten
sollte, so allumfassend wie nichtssagend, verriet aber zumindest in einigen
Punkten Detailkenntnis. In unglückliche Ereignisse herein gezogen, die geeignet
scheinen, das Ansehen des Amtes zu beschädigen. Er sei es sich und all jenen,
die ihm vertraut haben, schuldig, möglichen Schaden abzuwenden.
    „Möge Gott mir verzeihen.“, der letzte Satz,
aber wofür? Darunter sein Name.
    „Wo waren Sie gestern Abend?“
    „Er kam, so gegen acht. Wir haben uns in der
Diele getroffen, ein paar Worte gewechselt, dann ging er nach oben. Ich war
verabredet für 21:30 Uhr.“
    „Und in der Zwischenzeit?“
    „Duschen, umziehen.“
    „Passt wirklich gut.“
    „Ich glaube schon. Ach, gegen 21 Uhr habe ich noch
mit einem Freund telefoniert. Er eröffnet morgen eine Ausstellung.“
    War sie so kaltblütig? Wir würden nichts
finden.
    „Wir müssen Ihre Angaben überprüfen.“
    „Tun Sie das.“

115
    Zwei Tage später schrieb ich den Abschlussbericht
im Fall Kindesmissbrauch/Starnhagen. Schneiderhannes hatte jedes Härchen, jeden
Fussel analysiert, doch nichts rechtfertigte eine Mordermittlung. In dem
Glasfläschchen waren Reste von Liquid Ecstasy. Vielleicht hatte er sich wirklich
nur noch einen schönen Abend machen wollen, bevor alles auseinander flog.
    Allerdings, er war nicht erstickt, sondern an
plötzlichem Herzversagen gestorben.
    Sein Ableben kam vielen gelegen.
    Ich nahm mir drei Tage frei, von denen ich zwei
zwischen Fernseher und Bett verbrachte.

116
    Mittwoch.
    Zehn Uhr. Das Büro ist verwaist. Eine Notiz von
Mader auf meiner Schreibunterlage: „Time out – kleiner Urlaub!“
    Sie fehlte mir.
    Das Telefon zerriss die ungewohnte Stille.
Hanschke.
    „Wieder da?“
    „Muss ja.“
    „Lust auf ein Staatsbegräbnis?“
    „Noch nicht.“
    „Ich hol Sie ab, in zwanzig Minuten.“
    Starnhagen, heute. Ich hatte es morgens in den
Nachrichten gehört.
    Hanschke raste wie immer durch den Verkehr. Er
war aufgekratzt und plapperte ununterbrochen. Sein Telefon muss in den
vergangenen Tagen ununterbrochen geklingelt haben. Journalisten von früh bis
spät, sie hatten von unserem Besuch erfahren. Erst vor dem Friedhof verstummte
er.
    Der Parkplatz war dicht belegt. S-Klassen. 7er
BMWs. Sie waren alle da, die Vorstände der großen Elektronikunternehmen in
dezenten schwarzen Anzügen. Der kleine blonde Parteivorsitzende, der übermütig
von einer ausgestreckten Hand zur nächsten stolzierte. In kleinen Gruppen die sorgsam
toupierten Frauen, die sich jedes Lebensjahr teuer bezahlen ließen. Das Leben
als Kosten-Nutzen-Rechnung.
    Sie bildeten ein Spalier links und rechts des
Weges, der zu einer Kapelle aus tiefroten Klinkern führte. Vor der Tür Eva
Starnhagen, die in ihrem schwarzen Kostüm ein bisschen zu sexy für den Anlass
wirkte.
    Dann kam der Tross des Ministers um die Ecke,
drei schwere Limousinen, die langsam ausrollten.
    Hanschke sah mich an: „Dann wollen wir mal!“
    Ich hatte nicht die Spur einer Ahnung, was er meinte.
Doch die Aufklärung folgte auf dem Fuß.
    Kaum hatte der Minister seinen linken, auf
Hochglanz polierten Schuh auf den Asphalt gesetzt, schob Hanschke, einer
Dampfwalze gleich, mit gezücktem Dienstausweis die im Halbkreis stehenden
Sicherheitsbeamten zur Seite.
    Ein

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