Columbus war ein Englaender
alles von der Seele zu reden.
Eine weniger seltsame Art, die Ereignisse zu beschreiben, wäre die simple Feststellung, daß ich stehlend durch England zog, bis mir die Polizei das Handwerk legte.
Jo lebte mit seiner Mutter, einer Schwester und zwei Brüdern in Sutton Coldfield. Auf einer Cocktail-Party, zu der man mich mitgenommen hatte, stahl ich von mehreren Gästen Geld und reiste weiter nach Sheffield, wo ich ein paar Tage beiRichard Fawcett und seinen Eltern verbrachte. Die Aufnahme war überaus herzlich: Richard und ich plauderten ausgiebig über die alten Zeiten, aber mich juckte es unter meinen Sohlen, und die Sehnsucht, ganz an den Anfang zurückzukehren, hatte mich gepackt. Ich glaube nicht, auch die Fawcetts bestohlen zu haben, aber beschwören kann ich es nicht.
Meine nächste Anlaufstelle waren die Brookes und die Popplewells in Chesham. Amanda Brooke, mit dem gelben Abzeichen von Florence Nightingale, dem Lambswool-Pullover mit V-Ausschnitt und den glattgeschnittenen braunen Haaren, war in der Schule mein großer Schwarm gewesen, als wir fünf und sechs Jahre alt waren. Die Popplewells hatten vier Jungen, die beängstigend gut Cricket spielten und überhaupt überall glänzten. Zu Weihnachten verschickten die Popplewells regelmäßig anstatt Grußkarten allgemeine Rundbriefe, in denen die beneidenswerten schulischen und sportlichen Heldentaten der vier Söhne aufgelistet wurden – »Alexander hat ein Stipendium für Charterhouse bekommen, Andrew den Geigenunterricht mit sehr gut abgeschlossen, Nigel die zweite Honour-Prüfung in Hampshire erfolgreich bestanden und Eddie-Jims Prep-School-Aufsatz, ›Was ich in den Ferien gemacht habe‹, ist für den Booker-Preis nominiert worden ...« und so weiter und so weiter. In den seltenen Momenten kollektiver Ausgelassenheit machte sich unsere Familie einen Spaß daraus, die entsprechend krausen Lorbeeren für die eigene Sippschaft aufzusetzen: »Stephen ist zum drittenmal von der Schule geflogen und lügt und stiehlt weiterhin. Jo hat sich mit ihren zehn Jahren keck die Augenlider mit Mascara beschmiert und sieht zum Fürchten aus, und Rogers Ausbilder in der Armee hält ihn für zu besonnen und gutmütig, um eine erfolgreiche Offizierskarriere anzustreben. Im Haus ist es kälter als in einem Eskimo-Iglu.« Auch wenn wir wußten, daß der Weihnachtsbrief der Popplewells keineswegs als blanke Aufschneiderei gemeint war, reagierten wir jedesmal so, als würde man Salz auf eine offene Wunde streuen.
Margaret, der ich ewigen Dank schulde, weil sie mir mein erstes Woodehouse-Buch schenkte, war eine Schulfreundin meiner Mutter. Ihr Ehemann Oliver, der zusammen mit Peter May und Jim Prior in der von Simon Raven verewigten Charterhouse-XI-Mannschaft spielte, hatte im Cricket-Team von Cambridge gestanden und war anschließend Anwalt geworden. Er blieb jedoch in Kontakt mit dem Cricket-Establishment und beendete erst im vergangenen Jahr eine zweijährige Amtszeit als Präsident des Marylebone Cricket Club. Heute widmet er sich ganz seiner Arbeit als Richter. Eine der größten Fehlentscheidungen meines Lebens war es, sein Angebot auszuschlagen, mich zum MCC-Mitglied zu machen. Ich weiß auch nicht, wieso ich ablehnte, vermutlich weil mir die Sache zu peinlich war. Als ich mich zwei Jahre später anders besann, war die Warteliste astronomisch lang geworden und meine Chance vertan. Ob er mir als kleinem Knirps zusammen mit seinen Söhnen das Cricket-Spielen oder später die Grundregeln des Segeins beibrachte, stets gab er sich als rauhbeiniger, komm-mir-nicht-mit-diesem-intellektuellen-Blödsinn-Draufgänger vom Hawk’s Club, hinter dessen Fassade gleichwohl ein hellwacher Verstand und ein hohes Maß an Sensibilität verborgen lagen – wie wir in Kürze noch sehen werden. Sein ältester Sohn Nigel, der in etwa so alt war wie ich, kam ebenfalls in Cambridge zu höchsten Sportlerehren, und zwar in gleich zwei Disziplinen, bevor er nach Somerset ging und mit der Mannschaft, der auch Ian Botham, Joel Garner und Viv Richards angehörten, den Cup holte. Heute ist auch er Anwalt.
Meine Mutter weiß noch, wie ich als Fünfjähriger, nachdem ich einen ganzen Nachmittag bei den Popplewells im Garten Cricket gespielt hatte, nach Hause kam und sagte: »Stimmt es, Mummy, daß du dir deinen Ehemann selbst ausgesucht hast?«
»Aber ja doch, Liebling.«
»Und warum hast du dann Daddy und nicht Mr. Popplewell genommen!« rief ich voller Empörung und Abscheu.Viele Jahre lang waren
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