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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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vier Unterkanonikusse, zwei Erzdiakone, einen Kuraten und einen Suffragan-Bischof ermordet, in einer Blutorgie, deren Spur von Norwich bis Hexham reichte. Sie haben sicher davon in der ›Church Times‹ gelesen, Hochwürden? Ich glaube, sie brachten es sogar auf der dritten Sportseite.«
    »Alles klar. Das reicht, Fry.«
    »Jawohl, Sir. Entschuldigen Sie, Euer Ehren, Sie müssen mir meinen makabren Humor verzeihen. Wir lachen hier drinnen, um nicht weinen zu müssen. Ich sitze wegen Diebstahl, Hochwürden. Ganz normaler Scheckkartenbetrug.«
    »Oh. Ach ja, ich verstehe.«
    Ich brachte Barry weiter das Lesen bei, übte auf dem Klavier, zischte mit meinem silbernen Bodenreiniger die Flure entlang und schrieb Briefe an Jo Wood und andere alte Freunde.
    Als ich am Ende meiner ersten Häftlingswoche meine Lohntüte in Empfang genommen hatte, hatte Barry mir erklärt, man käme mit seiner Tabakration länger aus, wenn man die Zigaretten vorfabrizierte und sie zum Trocknen auf denHeizungsschlitz in der Zelle legen würde. Ich hatte mich daran gehalten, um bei meiner Rückkehr vom Umschluß feststellen zu müssen, daß sämtliche meiner makellos gedrehten Zigaretten verschwunden waren.
    »Lektion eins, Kumpel«, sagte Barry. »Einem Insassen kann man nie vertrauen.«
    So ein Arschloch . Während des Umschlusses sind die Zellentüren offen und werden erst nach der Rückkehr der Insassen wieder verschlossen. Wie hirnrissig von mir zu glauben, ich könnte in einem Laden voller Diebe meinen Tabak einfach so herumliegen lassen, ohne daß sich wer daran vergreifen würde. Barry paffte genüßlich meine Zigaretten und gab mir hin und wieder eine halbe ab, während die erste qualvolle Woche ohne Tabak ihrem Ende zuschlich.
    Als wir an einem Abend in der zweiten Woche zum Umschluß stiefelten, machten Barry und ich uns einen Spaß daraus, mit den Sohlen über den Boden zu schleifen und überall schwarze Striemen zu hinterlassen. Ich hörte noch rechtzeitig auf, als ich Fußschritte hörte, aber Barry wurde auf frischer Tat ertappt.
    »Hughes! Zwei Tage kein Umschluß.«
    »Aber, Sir!« sagte Barry.
    »Heul nicht rum, du jämmerlicher Wichser. Drei Tage.«
    »Sir, ich bekenne, genauso schuldig zu sein«, sagte ich. »Ich habe genau das gleiche gemacht, bevor Sie um die Ecke kamen. Die dicken Striemen sind alle von mir.«
    »So, so, Freundchen. Nur hab ich’s nicht gesehen, oder? Ich hab nichts gesehen, du hast nichts gemacht. Eine Stunde zusätzlicher Umschluß für deine Ehrlichkeit.«
    »Lektion eins, Kumpel«, sagte ich zu Barry, während der Schließer abzog. »Sei immer für eine Überraschung gut.«
    Etwa alle zwei oder drei Tage kam der mir vom Gericht zugewiesene Bewährungshelfer vorbei. Die wichtigste Frage für mich war, mit welchem Urteil ich zu rechnen hatte. Nach Auskunft der erfahrenen Häftlinge durfte ich mich auf BA,kurz für Besserungsanstalt, einstellen – den »kurzen scharfen Schock«, den Innenminister Roy Jenkins stolz dem Strafregister hinzugefügt hatte. BA wurde in Dreimonatsrationen verhängt, angefangen bei einem Strafminimum von drei Monaten, bis zu, glaube ich, neun Monaten oder einem Jahr. Dem Reden nach der reinste Horror. Wecken um fünf, alle Gänge im Dauerlauf, den ganzen Tag Sport und Gymnastik, im Laufschritt zur Essensausgabe, zehn Minuten im Stehen essen, danach weiter Gymnastik und Gewichttraining und außerdem Nulltoleranz gegenüber Regelverstößen, wie wir heute sagen würden. Wer BA hinter sich hatte, war körperlich fit und durchtrainiert, menschlich allerdings der reinste Zombie. Bestens geeignet also, um draußen einen Job als Türsteher irgendeines abgerissenen Nachtclubs zu bekommen, der einen binnen weniger Wochen wegen schwerer Körperverletzung zurück hinter Gitter brachte. Diesmal allerdings in den richtigen Knast, als voll anerkanntes Mitglied der Verbrecherwelt.
    Die andere Option war, für unbestimmte Zeit in ein Erziehungsheim eingewiesen zu werden, in dem man sich langsam hocharbeiten und eine Reihe verschiedenfarbiger Krawatten erwerben mußte, bis der Direktor die Zeit zur Entlassung gekommen hielt. Auch das klang wenig vielversprechend.
    »Oder du wanderst in einen stinknormalen Knast. Sechs Monate, schätzungsweise«, rechnete mir ein Mithäftling vor.
    Mr. White, mein höchstrichterlich zugewiesener Bewährungshelfer, der mir am Ende seines Besuchs jedesmal großzügig eine Packung Benson & Hedges daließ, sah die Sache weniger pessimistisch. Seiner Meinung nach

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