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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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hing alles von seinem Bericht ab, und bislang sähe er keinen Grund, nicht für zwei Jahre auf Bewährung zu plädieren. Ich hätte kein Vorstrafenregister, stamme aus einem soliden Elternhaus und hätte meine Lektionen gelernt.
    Ich hätte doch meine Lektionen gelernt, oder?
    Ich nickte. Und wie ich meine Lektionen gelernt hatte.
    Ich kann nicht behaupten, daß mich das Gefängnis in irgendeiner Weise zu einem politisch denkenden Menschen gemacht hätte. Erst Jahre später, als ich als Student die üblichen nächtelangen Diskussionen mit Kommilitonen führte, begann ich, die Welt ernsthaft unter politischer Perspektive zu betrachten, aber dennoch ist mir der Satz eines Mithäftlings in Erinnerung geblieben, der mich vor Verlegenheit erzittern ließ. Verlegenheit ist keine politische Empfindung, selbst wenn sie das nationale Gefühl der Briten sein mag: Wut ist politisch, Haß kann politisch sein, genau wie Liebe, aber nicht, wie ich denke, Verlegenheit.
    Auch wenn ich mich nicht mehr erinnern kann, wer den Satz sagte (ich vermute, es war einer der Londoner, da Pucklechurch, obwohl die meisten Häftlinge aus West-England und Wales stammten, auch als Auffanggefängnis für Wormwood Scrubs diente und als ungefährlich geltende Leichtkriminelle übernahm, die zumeist wegen nicht gezahlter Geldbußen einsaßen), jedenfalls war es der gleiche Satz, den auch Oscar Wilde im Gefängnis hörte.
    »Jemand wie du gehört nicht hierher«, sagte der Häftling zu mir.
    »Was soll das heißen?«
    »Na ja, jemand mit Schulabschluß.«
    »Von wegen Schulabschluß. Ich hab gerade mal ein paar O-Levels, mehr nicht.«
    »Ach was, du weißt schon. Ein Ort wie der hier ist einfach nichts für euresgleichen.«
    Ich wünschte, er hätte den Ausdruck »euresgleichen« nicht benutzt, aber so war es nun einmal. In De Profundis berichtet Oscar Wilde von einem ähnlichen Zwischenfall.
    – der arme Dieb, der mich erkannte, als wir im Gefängnishof zu Wandsworth unsere Runde machten, und mir mit der heiseren Kerkerstimme, die man vom langen, erzwungenen Schweigen bekommt, zuflüsterte: »Sie tun mir leid: Leute wie Sie trifft’s härter als unsereinen.«
    Einhundert Jahre später hat sich daran nichts geändert. Ich versuchte es mit dem naheliegendsten, meiner tiefsten Überzeugung entsprechenden Einwand, daß ich das Gefängnis weit mehr verdient hätte als er. Ich hätte alle nur erdenklichen Möglichkeiten gehabt und wäre mit Liebe und Fürsorge nur so überschüttet worden. Er hörte mir mit der abwesenden Art von Häftlingen zu und sagte dann:
    »Alles schön und gut, aber dennoch. Ich meine, das dürfte nicht sein, oder? Wirklich nicht.«
    Der Tag meiner Verhandlung vor Gericht rückte näher. Meine Mutter hatte mir in einem Brief mitgeteilt, daß ihr alter Freund Oliver Popplewell, damals zwar noch nicht Richter, aber immerhin Kronanwalt, mich im Gerichtssaal verteidigen würde.
    So ehrbar sein Angebot auch war, ich wünschte, er hätte sich nicht dazu hergegeben: Allein die Vorstellung ließ mich vor Scham im Boden versinken. Ein Polizeigericht in West-England entsprach einfach nicht seinem Milieu. Zudem war er nicht einmal Strafverteidiger, sondern auf Wirtschaftsund Versicherungsrecht spezialisiert. Für ihn mußte es nicht weniger peinlich sein zu wissen (er war schließlich nicht blöd), daß die Richter in Swindon sich nicht im geringsten von einem eleganten Londoner Kronanwalt beeindrucken lassen würden, der von einem gutbürgerlichen Elternpaar angeschleppt wurde, um ihren Sohn aus den Fängen der Justiz zu befreien. Vielleicht glaubten sie sogar, sie hätten ihn für Geld angeheuert und jene horrende Summe hingeblättert, die ein Kronanwalt kostet. Was ihren Unmut und ihre Empörung nur noch mehr anstacheln würde.
    Ich betrat den Gerichtssaal mit flatternden Nerven und ohne große Hoffnung. Popplewell erledigte seine Sache allerdings mit Bravour, indem er auf alle Gerichtsrhetorik, lateinischen Ausdrücke sowie das Anführen einzelner Gesetze und Präzedenzfälle verzichtete und sein Anliegen geradlinig, wenn auch mit leiser Nervosität (wobei ich nicht sagen kann,ob diese Unsicherheit echt oder nur ein cleverer Trick von ihm war) vorbrachte. Er war allein aus Freundschaft zu meinen Eltern hier erschienen und kam seiner Aufgabe ohne alle Eitelkeit nach: Bis heute weiß ich nicht, ob meine Eltern ihn gefragt oder er es ihnen angeboten hatte. Er ließ das Gericht wissen, daß er mich von Kindesbeinen an kannte und ein guter

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