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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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biß und noch einmal blinzelte.
    »Ich« , sagte er schließlich.
    »Oh, nicht doch!« protestierte ich. »Das könnte ich wirklich nicht von dir verlangen. Ich meine, du bist viel zu ...«
    »Viel zu was ?«
    »Also ... ich meine, jeder weiß, daß du ... du weißt schon ...«
    Aus vermeintlichem Taktgefühl brachte ich den Satz nicht zu Ende.
    Bunces Gesicht verfinsterte sich. »Daß ich was ?« sagte er beinahe knurrend.
    »Nun«, sagte ich sanft, »daß du fast so etwas wie ein Musterschüler bist.«
    Er lief rot an und starrte zu Boden. Ich hätte ihm genausogut eine Mittäterschaft beim Holocaust vorwerfen können.
    »Okay, okay«, sagte ich. »Ich bin hier der Idiot. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ständig mache ich alles falsch.«
    Er sah zu mir auf, als sei er plötzlich und zum ersten Mal mit sich zufrieden, weil er ständig alles richtig machte. Was genau meiner Absicht entsprach. Mein Gott, bin ich clever, sagte ich mir. Vielleicht war das mit »annähernd ein Genie«gemeint. Hatte ich es nun raus, die Leute wie ein Hündchen an der Leine herumzuführen, oder nicht ...
    Ich sah, daß Bunce eine eigene Entscheidung traf, oder zumindest glaubte, eine eigene Entscheidung zu treffen.
    »Hör zu«, sagte er im Ton fester Entschlossenheit, »du gehst zu Cromie und erzählst ihm, ich sei im Dorfladen gewesen. Ich, und nicht du.«
    »Oh, Bunce, aber ...«
    »Kein Aber. Du tust, was ich gesagt habe. Und jetzt los, sonst werden wir noch verdonnert, weil wir zu spät zum Abendbrot kommen.«
    »Herr im Himmel, Fry!« brüllte Cromie, während er wie ein eingesperrter tasmanischer Teufel in seinem Büro hin und her lief. »Vor nicht einmal einer Stunde habe ich dir zu deiner Kaltschnäuzigkeit gratuliert, und schon bist du wieder hier, um mir zu beweisen, daß es sich nicht um Kaltschnäuzigkeit, sondern schlicht und einfach um schändliche und gemeine Impertinenz handelt!«
    Ich ließ seine Strafpredigt über mich ergehen und wartete den geeigneten Moment ab.
    »Habe ich dich das letzte Mal nicht ausdrücklich gewarnt, Junge, ich würde dir das Fell über die Ohren ziehen, solltest du noch einmal deine Nase in diesen verdammten Laden stecken? War es so?«
    »Aber, Sir ...«
    »Antworte mir, verdammt noch mal! Hab ich das gesagt, oder nicht?«
    »Aber Sir, ich bin nicht im Dorfladen gewesen.«
    »Was?« Cromie blieb wie vom Blitz gerührt stehen. »Willst du mir etwa weismachen ...« Mit ausladender Geste deutete er auf die beschlagnahmten Süßigkeiten auf seinem Schreibtisch. Ich wunderte mich nur, wieso ihm nie der Gedanke gekommen war, seine eigenen Vorräte im Geheimfach zu überprüfen. Vielleicht dachte er schon selbst nicht mehr daran.
    »Nein, Sir. Ich habe sie zwar gegessen, aber ...«
    »Aber was? Hast du sie etwa vom Baum gepflückt? Oder vielleicht aus dem See geangelt? Ich bin nicht von gestern, weißt du.«
    Ich bin nicht von gestern. Erzähl keine Märchen. Ich ziehe dir das Fell über die Ohren. Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Da mußt du früher aufstehen. Ich laß mir keinen Bären aufbinden.
    Ich frage mich, ob heutige Schuldirektoren immer noch solche Sprüche draufhaben.
    »Nein, Sir, nur war ich ganz bestimmt nicht im Dorfladen.«
    »Was soll das heißen?« Cromie war nahe dran, verzweifelt die Hände zu ringen. »Was in aller Welt soll das heißen?«
    »Nun, Sir, genau das, was ich sage, Sir.«
    »Willst du mir etwa erzählen, jemand anderes hätte dir die Süßigkeiten besorgt?«
    Ich nickte. Endlich fiel bei ihm der Groschen.
    »Und wer, bitte schön, ist diese großherzige Person, dieser außergewöhnliche Menschenfreund, der zum Dorfladen schleicht, nur um seine Freunde mit Süßigkeiten zu beglükken wie ein Lehnsherr, der sich freigebig gegenüber seinen Leibeigenen zeigt? Na? Wer sollte das sein?«
    »Ich ... ich petze nicht gern, Sir.«
    »Aber ja doch. Natürlich nicht!« Den Spruch kaufte mir Cromie nicht ab. »Sofern du nicht wild auf die versprochenen sechs Schläge bist, verrätst du mir besser den Namen, und zwar auf der Stelle.«
    Mit zitternder Unterlippe ließ ich mir den Verrat abpressen.
    »Nun ja, Sir. Es war Bunce, Sir.«
    Ich glaube nicht, je einen perplexeren Menschen gesehen zu haben. Cromies Augenbrauen schossen nach oben, und seine Lippen wurden schlagartig bleich.
    »Hast du gerade Bunce gesagt?« fragte er mit ungläubigem, heiserem Flüstern.
    »Sir, ja doch, Sir.«
    »Bunce, so wie Bunce ?«
    Ich nickte.
    Cromie starrte mir etwa fünf

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