Columbus
Diego übrigens, die offiziellen Charakter trugen und »vorgezeigt« werden sollten, fehlen sowohl das verschnörkelte Zeichen als auch diese Form der Unterschrift. Dann signiert er einfach nur mit El Almirant (also in der katalanischen Form): Der Admiral.
Was hilft uns solche spitzfindige Interpretation nun bei unserer Spurensuche? Warum diese »Spielerei«?
Unter den zum Christentum übergetretenen Juden gab es solche und solche. Einige, für die der andere Glaube nur ein Lippenbekenntnis war und immer bleiben sollte. Weil sie, einfach um zu überleben, die Taufe empfangen hatten. Andere hingegen waren echte Neuchristen und ihr Glaubenseifer war stark. Aber deswegen waren sie nicht bereit, ihre Wurzeln zu verleugnen, so gefährlich das damals auch war. Den Sabbat zu heiligen, die Söhne insgeheim beschneiden zu lassen, die alten Gebete nicht zu vergessen, bedeutete für diese Menschen nicht, ihr Christentum zu verraten.
Wenn Columbus also aus einer Familie von Marranen stammte, die den christlichen Glauben aus ehrlicher Ãberzeugung ausübte, so könnten diese Geheimzeichen als Erinnerung gemeint sein: Vergiss nicht, woher du stammst, vergiss unsere Traditionen nicht. Ein Forscher sagt das so: »Wenn Columbus ein Bekehrter war, dann zeigte er der Welt mit ihren mörderischen Königen, Inquisitoren und Autodafés (Ketzerverbrennungen) - schützend vorgehalten - das Zeichen des Kreuzes, aber sich selbst und seinem Sohn sagt er in der Sprache der Väter: âºGelobt sei der Ewige!â¹ An dieser Familientradition war den Marranen sehr gelegen, und sie waren bestrebt, sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.«
Haben wir vielleicht unseren Schlüssel gefunden? Ãffnet sich die Tür zum Geheimnis Columbus? Vieles spricht dafür. Ziehen wir noch in Erwägung, dass sich der belesene Seefahrer hervorragend auskannte in den Schriften des Alten Testaments, jenem Teil der Bibel, auf dem das Judentum basiert, und Teile dieser Ãberlieferung sozusagen für den »Hausgebrauch« abschrieb. Bedenken wir, dass der Familienname (in wörtlicher Ãbersetzung »Taube«) gern konvertierenden Familien verliehen wurde - die Taube als Symbol des Heiligen Geistes! Und dass der Vorname Cristoforo, »der Träger Christi«, ein äuÃerst beliebter Taufname bei Neubekehrten war!
Falls unsere Indizien stimmen, hatte Columbus in der Tat allen Grund, seine Herkunft vor den Mächtigen der Welt zu verschweigen. Wie schnell ein Marrane in den langen Verhören der Inquisition in eine Falle tappte, das hatte er täglich vor Augen. So etwas zu riskieren, wäre lebensgefährlich gewesen.
Sind wir schon am Ziel angekommen? Verbirgt sich hinter den zwielichtigen Halbwahrheiten also der Sohn einer mallorquinischen Marranenfamilie, einer Familie von Kartenzeichnern in einem Ort namens Genoba? Das würde erklären, warum dieser Mensch bereits von früher Jugend an einen hohen Bildungsstandard hatte. In jüdischen und neuchristlichen Familien standen - im Gegensatz zum in Europa Ãblichen - Lesen, Schreiben und Auswendiglernen hoch im Kurs.
Und dann reiÃt der Junge aus und geht zur See...
Ich bin gern bereit, mir diese Variante zu Eigen zu machen.
Nicht verschwiegen werden darf aber, dass unser Spiel noch zwei andere Pfade bereithält, die alles wieder in ein völlig anderes Licht rücken. In einem Brief an König Ferdinand schreibt Columbus nämlich: »Ich bin nicht der erste Admiral in meiner Familie.« Auf einmal schlagen wir einen Haken und sind wieder in Barcelona. Da gab es eine Familie von wohlhabenden Bankiers namens Colom, und während einer Bürgerrevolte gegen den damaligen König, Ferdinands Vater, war dieser Mann, der Admiral, der Anführer. Also hätte Columbus allen Grund, diese Herkunft nicht an die groÃe Glocke zu hängen.
Und dann der zweite Pfad, die Seeschlacht zwischen Portugiesen und Piraten! Dass Columbus daran teilgenommen hat, gilt als sicher. Aber auf welcher Seite? Der Kommandant der Seeräuber war Admiral Guillem de Casanova Colom. Columbus als Spross einer Piratenfamilie?
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, aber ich für mein Teil möchte die beiden letzten Hypothesen wieder verwerfen. Columbusâ jüdische Herkunft hat allzu viel für sich, wie wir im Verlauf der Geschehnisse noch sehen werden.
Für uns jedenfalls ist dieses Spiel zu Ende, wir haben eine
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