Sonnenglut der Leidenschaft
1. KAPITEL
Gwynneth bezahlte den Taxifahrer, stieg aus und betrachtete das Gebäude, vor dem sie stand. Hier lag also die Wohnung ihres Vaters. Oder vielmehr ihre, denn er hatte sie ihr vererbt.
Doch sie hatte nicht nur seinen Besitz geerbt, sondern auch seine Verpflichtungen. Zumindest fühlte sie sich verantwortlich, ihnen nachzukommen. Der plötzliche Herztod ihres Vaters hatte sie völlig unvorbereitet getroffen und setzte ihr sehr zu. Obwohl sie nicht gerade eine herkömmliche Vater-Tochter-Beziehung gepflegt hatten, mochte sie ihn doch sehr gern.
Nach der Scheidung ihrer Eltern war er verschwunden und hatte sie ihrer lieblosen Mutter überlassen, die bald wieder heiratete. Ihr Vater gab sich ganz dem süßen Leben hin und reiste in der Welt umher. Ab und zu erinnerte er sich an seine Tochter und besuchte sie im Internat. Dort kümmerte sich zumindest eine warmherzige Direktorin um Gwynneth.
Im Gegensatz zu ihrem Stiefvater, der im Geld schwamm, hatte ihr Vater eigentlich nie über finanzielle Mittel verfügt. Und die im Königreich Zuran am Persischen Golf gelegene Eigentumswohnung verdankte er einzig und allein seiner charismatischen Ausstrahlung und Überzeugungskraft.
Lächelnd erinnerte Gwynneth sich an die Begeisterung, mit der ihr Vater von der Wohnung geschwärmt hatte.
Sie liegt direkt am neuen Jachthafen, Gwynneth. Ich hät te sie schon mindestens hundertmal zum doppelten Preis verkaufen können.
Gleich würde sie ihr neues Eigentum zum ersten Mal mit eigenen Augen sehen. Trotz der seidig warmen Nachtluft, die nun sinnlich ihren Körper umschmeichelte, fröstelte Gwynneth. An alles, was auch nur im Entferntesten mit Sinnlichkeit zusammenhing, wollte sie lieber keinen Gedanken verschwenden. Seit sie wusste, was für ein Erbe sie ihrem Vater in dieser Hinsicht verdankte, versuchte sie, jede erotische Empfindung im Keim zu ersticken.
Entschlossen schob sie sich eine Locke des langen rotgoldenen Haars aus dem Gesicht und schloss kurz die ausdrucksvollen grünen Augen. Haar- und Augenfarbe, die seidigen dunklen Wimpern und der helle Teint stammten von ihrer irischen Mutter, die Zartgliedrigkeit hingegen von der Großmutter ihres Vaters.
Da die Erinnerung an ihre Familie Gwynneth schmerzte, schlug sie die Augen wieder auf. Als Kind hatte sie sich immer wieder gefragt, warum ihre Eltern sie nicht liebten. Erst als Erwachsene erkannte sie, dass sie keine Schuld am Verhalten ihrer Eltern trug. Weil die beiden einander nicht geliebt hatten, konnten sie auch dem Kind keine Liebe entgegenbringen, das sie ungewollt miteinander verband.
Ein Jahr nach der Scheidung heiratete ihre Mutter zum zweiten Mal und zog mit ihrem Mann nach Australien, während ihr Vater sich Drogen, Alkohol und dem Glücksspiel hingab und gelegentlich in England auftauchte, um seine Tochter zu besuchen. Meistens stand er dann unter Drogen, war betrunken oder pleite. Sein Hippieleben, mit allem, was dazugehörte, führte dann wohl auch zu seinem frühen Tod. Ein Herzinfarkt riss ihn im Alter von Mitte vierzig aus dem Leben. Das erfuhr Gwynneth von dem Krankenhaus, das sie über den Tod ihres Vaters in Kenntnis setzte.
Nur wenige Tage zuvor hatte sie ihn noch nach ihrer Arbeit in einer exklusiven Hotelsuite besucht. Zu ihrer großen Überraschung bewohnte er sie nicht allein, sondern mit seiner philippinischen Freundin Teresa und dem gemeinsamen Baby. Von beiden erfuhr Gwynneth erst an diesem Tag.
„Teresa ist viel zu jung“, erklärte sie ungehalten. Was wollte so ein junges hübsches Mädchen mit einem Mann, dessen beste Zeit bereits hinter ihm lag?
„Sie ist zweiundzwanzig. Na und?“
„Vier Jahre jünger als ich!“
„Nun sei doch nicht so prüde! Was spricht dagegen, dass ich Spaß am Sex habe? Das ist völlig natürlich. Du solltest es auch mal ausprobieren, anstatt wie eine Nonne zu leben.“
„Darüber möchte ich jetzt nicht reden.“
Insgeheim wusste sie schon lange, dass sie einen ähnlichen Hunger in sich trug wie ihr Vater. Doch bisher gelang es ihr erfolgreich, ihn zu unterdrücken.
Nachdenklich betrachtete Gwynneth erneut das Gebäude und vergewisserte sich, dass sie vor dem richtigen Haus stand. Schon seltsam, dass ausgerechnet ihr Vater, der doch ständig pleite war, hier eine exklusive Luxuswohnung besessen hatte, die nun ihr gehörte.
Auf dem Wasser schaukelten etliche Luxusjachten leicht im Wind und glänzten im Mondschein. Etwas weiter entfernt, jenseits der Kliffkante, entdeckte sie ein Restaurant,
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