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Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Titel: Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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unbrauchbar gemacht hatte, achtete Brunetti beim Öffnen der Tür darauf, die Klinke nur mit der offenen Handfläche am äußersten Ende nach unten zu drücken.
    Beim Eintreten sah er links an der Wand eine Ablage, darauf ein paar Briefe und einen Schlüsselbund. Aus einer offenen Tür rechts drang Licht, ebenso aus einer weiteren am Ende des Flurs. Er ging zu der ersten und sah hinein: ein einfaches Schlafzimmer mit einem Einzelbett und einer Kommode.
    Aus Gewohnheit öffnete er die Tür gegenüber, wobei er wieder nur das Ende der Klinke berührte. Aus dem Flur fiel genug Licht in dieses kleinere Zimmer, und Brunetti sah ein [28]  weiteres Einzelbett, daneben einen Nachttisch und eine niedrige Kommode. Die Tür zum Bad war angelehnt.
    Er drehte sich um und ging ans Ende des Flurs, während die anderen so wie er einen Blick in die vorderen Zimmer warfen. Die Frau lag auf der rechten Seite, mit dem Rücken zu ihm, und blockierte mit einem Fuß die Tür, einen Arm hatte sie ausgestreckt, der andere war unter ihr eingeklemmt. Sie schien kaum größer als ein Kind zu sein und wog bestimmt nicht einmal fünfzig Kilo. Teilweise von ihrem Kopf verdeckt schimmerte, etwas kleiner als eine CD , ein angetrockneter, dunkler Blutfleck auf dem Boden. Brunetti betrachtete ihr kurzes weißes Haar, die dunkelblaue Kaschmirjacke, den Kragen einer gelben Bluse, den schmalen goldenen Streifen an ihrem Ringfinger.
    Brunetti war jeglicher Aberglaube fremd, für ihn zählten nur Vernunft und gesunder Menschenverstand, ohne die man seiner Meinung nach nicht richtig denken konnte. Dies hielt ihn jedoch keineswegs davon ab, das mögliche Vorhandensein weniger greifbarer Phänomene in Betracht zu ziehen - deutlicher hatte er das bis jetzt noch nicht formulieren können. Etwas, das zwar nicht zu sehen war, aber doch Spuren hinterließ. Und hier nahm er solche Spuren wahr: Diese Frau war unschön gestorben. Nicht unbedingt durch Gewalteinwirkung, nur unschön. Er spürte das, wenn auch nur vage, und kaum drang dieses Gefühl in sein Bewusstsein vor, legte es sich auch schon wieder, vom Verstand abgetan als das übliche Unwohlsein angesichts eines plötzlich zu Tode gekommenen Menschen.
    Er sah sich rasch im Zimmer um, registrierte das Mobiliar, zwei Stehlampen, eine Fensterreihe, aber die Frau zu seinen [29]  Füßen verdrängte alles und machte es ihm schwer, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren.
    Er ging in den Flur zurück. Von Vianello war nichts zu sehen, nur der Pathologe wartete. »Sie ist da drin, Ettore«, sagte Brunetti. Als der Doktor herankam, wurde Brunetti von Geräuschen abgelenkt, die von unten heraufdrangen. Schritte und Männerstimmen, erst eine tiefe, dann eine hellere. Eine Tür fiel zu.
    Die Schritte näherten sich der Wohnung, und dann erschien Marillo, ein Mitarbeiter der Spurensicherung, in der offenen Tür, gefolgt von zwei Männern, die das nötige Handwerkszeug hereintrugen. Marillo, ein großer dünner Lombarde, der nur die schlichte, buchstäbliche Wahrheit jeder Aussage oder Situation zu verstehen schien, grüßte Brunetti und kam hinein, seine Leute ihm nach. Als der Letzte die Tür geschlossen hatte, erklärte er: »Unten wollte jemand wissen, was der Lärm hier zu bedeuten hat.«
    Brunetti grüßte die Männer, doch als er sich wieder Rizzardi zuwenden wollte, war der schon in dem anderen Zimmer verschwunden. Er sagte den Männern, Vianello werde ihnen erklären, wo sie mit dem Fotografieren und der Erfassung von Fingerabdrücken anfangen sollten. Er fand Rizzardi, beide Hände umsichtig in den Hosentaschen, über die Leiche der Frau gebeugt. Als Brunetti herankam, richtete er sich auf und sagte: »Könnte ein plötzlicher Herztod gewesen sein. Oder ein Schlaganfall.«
    Brunetti wies schweigend auf die kleine Blutlache, und Rizzardi, der lange genug in dem Zimmer gewesen war, um sich sorgfältig umzusehen, zeigte auf einen Heizkörper, der nicht weit von der Frau unter einem Fenster stand.
    [30]  »Sie könnte darauf gestürzt sein«, sagte Rizzardi. »Eine bessere Vorstellung bekomme ich erst, wenn ich sie umdrehen darf.« Er trat einen Schritt von der Leiche zurück. »Also lassen wir erst einmal die Fotos machen, ja?«
    Jedem anderen Arzt hätte Brunetti es vermutlich übelgenommen, dass er den Blutfleck nicht als Zeichen von Gewalt interpretieren wollte, aber er kannte Rizzardis Grundsatz, nichts anderes als unmittelbar einleuchtende Todesursachen anzuerkennen, und auch die nur, wenn er sie mit

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