Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses
fragte Fazio.
»Nimm Ferraras Waffe, hol zwei Patronen aus dem Magazin und versteck sie gut. Die brauchen wir später noch. Dann legst du die Pistole in eine Schachtel, verpackst sie zu einem schönen Geschenk und bringst sie mit meinen besten Empfehlungen zu Dottor Arqua.«
»Und was sage ich Ferrara? Wenn er die klemmende Waffe nicht abgibt, bekommt er auch keine andere.«
»Lass dir von denen aus der Waffenkammer auch Galluzzos Pistole geben, sag ihnen einfach, ich brauchte sie. Versuch ihnen irgendwie klarzumachen, dass du mir auch Ferraras Waffe gegeben hast, damit er eine Ersatzpistole bekommt. Und wenn Manzella und Turturici eine Erklärung von mir haben wollen, werde ich sagen, dass ich sie selbst nach Montelusa bringen und reklamieren will. Wichtig ist, dass wir drei bis vier Tage verstreichen lassen.«
»Und was machen wir mit Galluzzo?«
»Wenn er da ist, schick ihn zu mir.« Fünf Minuten später kam Galluzzo zu ihm. »Sie wollten mich sprechen, Dottore?«
»Setz dich, du Mörder.«
Als er sein Gespräch mit Galluzzo beendet hatte, stellte er mit einem Blick auf die Uhr fest, dass es schon ziemlich spät geworden war. Zu dieser Stunde hatte Enzo das Rollgitter mit Sicherheit schon heruntergelassen. Also beschloss er, nicht noch weiter Zeit zu verlieren und den entscheidenden Schachzug jetzt gleich zu machen. Er nahm ein Foto von Gurreri, steckte es in die Jackentasche, ging hinaus, stieg ins Auto und fuhr weg. Die Via Nicótera war eigentlich keine richtige Straße, sondern eine lange, enge Gasse auf dem Piano Lanterna. Die Nummer 38 war ein heruntergekommenes zweistöckiges Haus mit verriegelter Tür. Gegenüber befand sich ein Obst- und Gemüsegeschäft, das musste das von Minicuzzu sein, doch zu dieser Tageszeit war es bereits geschlossen. Man hatte sich bei dem Haus den Luxus einer Sprechanlage erlaubt. Er drückte den Knopf neben dem Namensschild, auf dem »Gurreri« geschrieben stand. Nach einer Weile hörte er das Klicken der sich öffnenden Tür, ohne dass ihn jemand gefragt hätte, wer er sei.
Es gab keinen Aufzug, aber das Haus war ja auch klein. Auf jeder Etage befanden sich zwei Wohnungen. Gurreri wohnte in der oberen. Die Tür stand offen. »Darf ich reinkommen?«
»Kommen Sie nur«, sagte eine Frauenstimme. Eine winzige Diele mit zwei Türen, eine führte ins Esszimmer und die andere ins Schlafzimmer. Montalbano nahm sofort den Geruch von Armut wahr, der ihm das Herz zuschnürte. Eine ungekämmte und nachlässig gekleidete Frau um die dreißig erwartete ihn in aufrechter Haltung im Esszimmer. Sie musste Gurreri geheiratet haben, als sie noch blutjung und mit Sicherheit eine attraktive Frau gewesen war, weil ihr Gesicht und ihr Körper trotz allem noch immer Spuren ihrer einstigen Schönheit aufwiesen.
»Was wollen Sie?«, fragte sie.
Und Montalbano konnte die Angst in ihren Augen sehen. »Ich bin Commissario bei der Polizei, Signora Gurreri. Mein Name ist Montalbano.«
»Ich hab schon alles den Carabinieri gesagt.«
»Das weiß ich, Signora. Können wir uns setzen?« Sie setzten sich. Sie ganz vorne auf die Stuhlkante, angespannt, fluchtbereit.
»Ich weiß, dass Sie im Licco-Prozess als Zeugin geladen sind.«
»Jaja.«
»Aber ich bin nicht deswegen zu Ihnen gekommen.« Sie wirkte gleich ein wenig ruhiger. Doch die Angst saß weiterhin auf dem Grund ihrer Augen. »Was wollen Sie dann von mir?«
Montalbano befand sich an einem Scheideweg. Er brachte es nicht fertig, brutal mit ihr umzuspringen, dafür hatte er zu viel Mitleid mit ihr. Jetzt, da er sie vor sich hatte, war er sich völlig sicher, dass man diese arme Frau nicht mit Geld dazu gebracht hatte, zu behaupten, sie wäre Liccos Geliebte, sondern mit Schlägen, Gewalt und Drohungen. Andererseits würde er mit Halbheiten und höflicher Rücksichtnahme nichts erreichen. Vielleicht war es also doch am sichersten, ihr einen kleinen Schock zu verpassen. »Wie lange haben Sie Ihren Mann schon nicht mehr gesehen?«
»Drei Monate, 'n Tag hin, 'n Tag her.«
»Haben Sie auch keine Nachricht mehr von ihm erhalten?«
»Nein.«
»Kinder haben Sie keine, oder doch?«
»Nein.«
»Kennen Sie einen, der Ciccio Bellavia heißt?« Die Angst kehrte wie ein Tier in ihre Augen zurück. Montalbano merkte, dass ihre Hände jetzt leicht zitterten. »Jaja.«
»War er mal hier?«
»Jaja.«
»Wie oft?«
»Zweimal. Immer mit meinem Mann.«
»Sie müssten mit mir kommen, Signora.«
»Jetzt gleich?«
»Genau.«
»Wohin?«
»Ins
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