Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses
Hufeisen irgendetwas eingraviert, irgendein Zeichen…«
»Ja. Aber warum willst du das wissen?«
»Nur so eine verrückte Idee. Und was für ein Zeichen ist das?«
»Genau in der Mitte der Rundung oben ist ein kleines W eingraviert. Sie werden speziell angefertigt, ich habe sie in Rom bei einem Schmied, dessen Name…«
»Verwendet Lo Duca für seine Pferde dieselben…«
»Nein, natürlich nicht!«
»Schade!«, sagte er und wirkte enttäuscht.
Er legte auf. Er wollte nicht, dass Rachele ihm jetzt noch irgendwelche Fragen stellte. Das letzte Teil des Puzzles, das seit dem Abend in Fiacca in seinem Kopf Stück für Stück Gestalt angenommen hatte, war an die richtige Stelle gelangt und hatte das Bild zu einem stimmigen Ganzen werden lassen.
Ihm war nach Singen zumute. Und wer wollte ihn daran hindern? Er begann, lauthals Che gelida manina zu schmettern.
»Dutturi! Dutturi! Was ist denn heute Morgen nur los mit Ihnen?«, fragte Adelina, die aus der Küche gestürzt kam. »Nenri, nichts, Adeli. Ach ja, bereite mir für heute Abend etwas Schönes vor. Es kommen zwei Gäste zum Abendessen.«
Das Telefon klingelte. Es war Rachele. »Die Leitung ist unterbrochen worden«, sagte der Commissario wie aus der Pistole geschossen. »Also, um wie viel Uhr sollen wir kommen?«
»Würde euch neun passen?«
»Perfekt. Dann bis heute Abend.« Er legte auf, und schon klingelte das Telefon wieder. »Fazio hier.«
»Ach ja. Hör zu, ich hab's mir anders überlegt. Ich komme rüber. Warte auf mich.«
Er sang die ganze Fahrt über. Die Noten und die Worte aus Rodolfos Arie gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf. Und immer wenn er an der Stelle angelangt war, ab der er den Text nicht mehr wusste, fing er wieder von vorne an.
»Se la lasci riscaldaaare…«
Er kam an, parkte, flog geradezu an Catarella vorbei, der angesichts des Gesangs vor Verzückung mit offenem Mund dastand.
«Cercar che giova…«
»Catare, sag Fazio, er soll gleich zu mir kommen.«
» Se al buio non si trooova …«
Er ging in sein Büro, setzte sich und lehnte sich zurück.
»Maperfortuuuna…«
»Was gibt's denn, Dottore?«
»Fazio, schließ die Tür und setz dich.«
Er holte das Hufeisen aus der Tasche und legte es auf den Schreibtisch.
»Schau es dir genau an.«
»Darf ich's in die Hand nehmen?«
»Ja.«
Während Fazio das Eisen eingehend betrachtete, trällerte Montalbano mit leiser Stimme weiter vor sich hin. »E una notte di luuuna …« Fazio sah ihn fragend an. »Das ist ein ganz gewöhnliches Hufeisen.«
»Genau, und dafür haben sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Das war es, was sie haben wollten. Deswegen sind sie in mein Haus eingebrochen und haben versucht, es niederzubrennen, dafür hat Gurreri sein Leben lassen müssen…«
Fazio machte große Augen. »Für dieses Hufeisen?«
»Jawohl, genau dafür.«
»Hatten Sie es denn?«
»Jawohl, ich hatte es. Und das hatte ich einfach völlig vergessen.«
»Aber an diesem Hufeisen ist doch gar nichts Besonderes!«
»Genau das ist ja seine Besonderheit: keine Besonderheit zu haben.«
»Aber was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass das getötete Pferd nicht das von Rachele Esterman war.« Und er sang leise weiter: »Vivo in povertà mia lieeta…«
Achtzehn
Mimi Augello kam erst spät ins Kommissariat, und Commissario Montalbano musste ihm noch einmal die ganze Geschichte wiederholen, die er Fazio bereits erzählt hatte. »Alles in allem«, war Augellos einziger Kommentar, »hat dir das Hufeisen Glück gebracht. Es hat dir gezeigt, wie die Dinge tatsächlich gelaufen sind.«
Danach erörterte Montalbano den beiden eine Idee, die ihm in den Sinn gekommen war: Sie würden eine Falle vorbereiten, die mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks funktionieren musste. Wenn sie zuschnappte, würden sie einen dicken Fang machen. »Seid ihr einverstanden?«
»Mehr als einverstanden«, sagte Mimi. Fazio dagegen schien Bedenken zu haben. »Dottore, die Sache muss unbedingt hier im Kommissariat stattfinden, das steht außer Frage. Nur ist Catarella auch hier.«
»Na und?«
»Dottore, Catarella würde uns die ganze Sache doch bestimmt ruinieren. Der bringt es fertig und schickt Prestia zu mir und Lo Duca zu Ihnen. Sie können sich ja denken, wenn er auch hier ist, wird er…«
»Na gut, er soll mal zu mir kommen. Ich schicke ihn auf geheime Mission. Du erledigst jetzt die Anrufe, die du machen musst, und dann kommst du wieder her. Du auch, Mimi, kümmer dich um die nötigen
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