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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ausgesuchter Liebenswürdigkeit, dass neben ihr selbst eine Asiatin unhöflich gewirkt hätte. Alles Theater, so viel war klar.
    »Aber selbstverständlich!«
    »Wie haben Sie erfahren, dass ich eine Nichte habe?«
    Sie hatte sich gewiss das Hirn zermartert, sich mit Sperlì beraten und schließlich dazu durchgerungen, hierherzukommen und ihn direkt zu fragen. Das bedeutete, dass die Geschichte mit der angeblichen Nichte wichtig war. Aber warum?
    »Gestern früh hat es in Strömen geregnet, und die Küstenstraße nach Vigàta war unpassierbar«, begann Montalbano.
    Und er erzählte ihr die ganze Geschichte.
    »Hat sie auch etwas über mich gesagt?«
    »Sie hat mir den Vornamen Ihres Mannes genannt, aber nicht den Nachnamen. Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein, sie hat auch noch gesagt, dass Sie sehr reich seien und gern auf dem Meer fahren. Das ist alles.«
    Die Signora wirkte erleichtert.
    »Gott sei Dank!«
    »Warum?«
    »Weil die Ärmste manchmal etwas wirr im Kopf ist und dann nicht mehr weiß, was sie sagt, und die abstrusesten Sachen erfindet … Und da dachte ich, dass sie vielleicht …«
    »Ich verstehe. Aber keine Sorge, sie hat nichts Ungewöhnliches gesagt.«
    »Danke«, sagte sie und erhob sich mit einem strahlenden Lächeln.
    »Aber bitte«, erwiderte Montalbano und erhob sich, gleichfalls breit lächelnd.

Fünf
    Als er in Marinella die Tür aufschloss, klingelte auch schon das Telefon. Doch als er endlich abhob, war es zu spät, der Anrufer hatte aufgelegt. Er sah auf die Uhr. Fünf nach halb neun.
    Um seinem Ärger Luft zu machen, schickte er der Yachtbesitzerin, die ihn so lange im Büro aufgehalten hatte, ein paar Flüche hinterher.
    Er hatte Laura die Telefonnummer von Marinella gegeben, und sie hatten vereinbart, dass sie ihn um halb neun anrufen würde. Deshalb hatte er sich ihre Nummer auch nicht notiert. Was sollte er jetzt machen? In der Hafenmeisterei anrufen? Oder warten und hoffen, dass sie sich noch einmal meldete? Er beschloss zu warten.
    Er zog sich um, dann warf er einen Blick in den Backofen. Adelina, seine Haushälterin, hatte ihm eine pasta ’ncasciata zubereitet, einen Makkaroniauflauf mit Auberginen, von dem vier Leute hätten satt werden können. Falls er anschließend immer noch Appetit hatte, was kaum vorstellbar war, stand im Kühlschrank ein Teller nervetti all’aceto , in Essig eingelegter Kalbsfuß.
    Wieder klingelte das Telefon. Es war Laura.
    »Ich habe gerade schon mal angerufen, aber …«
    »Tut mir leid, im Büro ist es spät geworden …«
    »Wo treffen wir uns?«
    »In Marinella gibt es eine Bar …«
    »Keine Lust.«
    »Was?«
    »Dass wir uns dort treffen. Ich mag keine Bars.«
    »Nun, dann könnten wir vielleicht …«
    »Sagen Sie mir doch einfach, wie ich zu Ihnen nach Hause komme«, schlug sie unumwunden vor.
    Das war wirklich am einfachsten. Diese Laura war ein praktisch denkender Mensch. Er beschrieb ihr den Weg.
    »Dann machen wir es so: Ich komme zu Ihnen, wir trinken einen Aperitif und entscheiden dann, wohin wir zum Essen gehen.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Eine halbe Stunde später war Laura da. Statt der Uniform trug sie jetzt einen knielangen Rock, eine weiße Bluse und eine ärmellose Weste. Das Haar fiel ihr offen auf die Schultern. Sie war wunderschön, lebensprühend und anziehend.
    Montalbano öffnete die Tür zur Veranda. Laura trat hinaus und war hingerissen.
    »Was möchten Sie trinken?«
    »Ein Glas Weißwein, wenn Sie welchen dahaben.«
    In seinem Kühlschrank stand immer eine Flasche bereit. Er holte sie heraus und stellte eine neue hinein.
    »Können wir nicht hier draußen bleiben?«
    »Sicher.«
    Sie setzten sich nebeneinander auf die Bank und tranken ihren Wein. Aber es war kühl, und nach einer Weile mussten sie wieder hineingehen.
    »Wo wollen wir was essen?«
    »Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder gehen wir in ein Restaurant in der Nähe von Montereale, aber dazu müssten wir mit dem Auto fahren. Oder wir bleiben hier.«
    Sie wirkte unschlüssig, ein Zögern, das Montalbano falsch deutete.
    »Sie kennen mich zwar nicht besonders gut, aber ich kann Ihnen versichern …«
    Lauras Lachen klang, als tanzten Perlen über den Boden.
    »Sie glauben doch nicht etwa, ich könnte denken, dass Sie …?«
    Eine schmerzliche Wehmut durchzuckte ihn. Hielt sie ihn für zu alt, um eine Frau zu begehren? Zum Glück fuhr sie gleich fort:
    »… aber ich muss gestehen, dass ich total ausgehungert bin. Heute hatte ich nicht mal Zeit, zu Mittag

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