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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Würde er die Kraft dazu haben?
    Der Schluss, zu dem er gekommen war, lautete: Er wollte ihre Gefühle respektieren, er würde sie weder drängen noch die Initiative ergreifen.
    Doch bis er ins Büro musste, hatte er noch etwas Zeit. Er beschloss daher, Petrarcas Canzoniere zur Hand zu nehmen und im Licht des anbrechenden Tages darin zu lesen.
    Er las lange, doch als er zu dem Sonett kam mit den Versen
    Vorüber zieht mein Schiff, voll des Vergessens
    in winterlicher, tiefer Nacht, auf rauem Meer,
    zwischen Scylla und Charybdis …
    stockte er. Etwas schnürte ihm die Kehle zu.
    Befand nicht auch er sich in einem Sturm zwischen Scylla und Charybdis?
    Er klappte das Buch zu und sah auf die Uhr. Es war sieben.
    In dem Moment klingelte es an der Tür. Wer konnte das sein, um diese Zeit? Einen Augenblick hoffte er, es wäre Laura, die bei ihm vorbeikam, bevor sie ihren Dienst antrat. Er machte auf. Vor ihm stand Mimì Augello.
    Verschlafen, abgekämpft, unrasiert.
    »Wie geht es dir, Mimì?«
    »Ich bin geschlaucht.«
    Und dann fragte er:
    »Hast du einen Kaffee für mich?«
    Die zweite Frage lautete:
    »Kann ich bei dir duschen?«
    Und die dritte, abschließende:
    »Kann ich deinen Rasierapparat benutzen?«
    Als er fertig war, trat er frisch und munter hinaus auf die Veranda und fing an zu erzählen.
    »Gestern Abend, als du mich angerufen hast, war ich schon an Bord. Für Ausreden war es da bereits zu spät. Warum hast du das getan?«
    »Was denn?«
    »Mich anzurufen.«
    »Um dir die Nacht zu ersparen.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Warum denn dann, deiner Meinung nach?«
    »Weil du Gewissensbisse bekommen hast.«
    »Dir gegenüber? Haha! Du machst wohl Witze!«
    »Nicht mir, Beba gegenüber. Ich weiß genau, warum du mich angerufen hast. Du hattest Schuldgefühle, weil ich in deinem Auftrag mit Liv… mit der Giovannini ins Bett gegangen bin.«
    Langsam dämmerte ihm, dass Augello recht hatte. Genau genommen hatte Montalbano nicht direkt an Beba gedacht. Er hatte aus einem Impuls heraus angerufen, den er sich in dem Moment nicht hatte erklären können. Ohne lange zu überlegen. Gut gemacht, Mimì! Voll ins Schwarze getroffen! Aber diese Genugtuung gönnte er ihm nicht.
    »Ich habe nie von dir verlangt, dass du mit ihr ins Bett gehst.«
    »Ach nein? Scheinheiliger geht’s ja wohl kaum! Die Giovannini ist schließlich ’ne Frau, die für Gefühlsduseleien nicht gerade viel übrighat, das wusstest du ganz genau. Du hast zwar nicht ausdrücklich gesagt, dass ich mit ihr schlafen soll, aber es lag auf der Hand. Aber lassen wir das. Willst du hören, wie’s gelaufen ist?«
    »Na klar.«
    »Obwohl dir der Polizeipräsident den Fall entzogen hat?«
    »Erzähl’s mir trotzdem.«
    »Wir haben also an Bord zu Abend gegessen.«
    »Entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Habt ihr von Chaikri gesprochen?«
    »Nur am Rande. Die Giovannini hat dem Käpt’n gesagt …«
    »Hat er mit euch gegessen?«
    »Ja, aber wenn du mich andauernd unterbrichst …«
    »Entschuldige.«
    »Sie hat dem Käpt’n gesagt, er soll auf eine rasche Rückgabe der Leiche drängen, damit sie den Toten begraben und losfahren können. Dein Anruf kam auch deswegen zu spät, weil ich Livia und Sperlì schon erklärt hatte, dass ich bereit wäre, für sie zu arbeiten.«
    »Haben sie dir gesagt, worum es genau geht?«
    »Nicht so ganz. Livia meinte nur, sie hätte lange nachgedacht, wo sie mich einsetzen könnte, und sei zu dem Schluss gekommen, dass Freetown besser wäre als Südafrika.«
    »Wo liegt das denn?«
    »In Sierra Leone. Ich hab gesagt, das wär mir egal, Hauptsache, es springt ordentlich was dabei heraus. Und ich hab ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass ich bereit bin, nicht nur eines, sondern beide Augen zuzudrücken.«
    »Hat sie dir auch gesagt, welche Interessen sie dort verfolgen?«
    »Ja, Kaffee- und Tabakplantagen und eine große Beteiligung, die aber nicht in den Papieren nachzuweisen ist. Im Bergbau.«
    »Bergbau? Was soll das heißen?«
    »Bergwerke, Minen, denk ich.«
    »Hast du sonst noch was erfahren?«
    »Nein. Sie haben mich für heute Nachmittag um fünf zu sich bestellt, um den Vertrag auszuhandeln. Vielleicht erfahre ich dann mehr. Aber was meinst du, soll ich überhaupt noch mal an Bord gehen? Wenn wir doch gar nicht mehr für den Fall zuständig sind …«
    »Lass mich mal kurz nachdenken. Und während der Nacht?«
    »Willst du detaillierte Informationen darüber, was Livia alles von mir verlangt hat?«
    »Ich hab dir

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