Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels
Wasserkrug?«
»Genau korrekt, Dottori.«
Giarra Micca. Geremicca!
»Und was hat er gesagt?«
»Er hat gefragt, ob Sie nicht bei ihm vorbeikommen könnten.«
»Hör mal, Catarè, da ich nach Montelusa fahren muss, bräuchte ich deine Hilfe.«
»Zu Diensten, Dottori!«
Catarella war bestimmt aufgesprungen und stand stramm.
»Du müsstest im Internet nach dem Kimberley-Prozess suchen.«
»Kein Problem, Dottori. Wenn Sie mir nur sagen täten, wie man das schreibt.«
»Ich versuch’s. Als Erstes kommt ein ›K‹.«
Es vergingen drei Minuten, ohne dass Catarella irgendeinen Laut von sich gab. Vielleicht war er losgegangen, um einen Kugelschreiber zu holen.
»Catarè?«
»Ich bin hier, Dottori!«
»Hast du das ›K‹ geschrieben?«
»Noch nicht, Dottori.«
»Warum denn nicht?«
»Ich habe gerade überlegt, ob Sie den Ford Ka meinten oder die Schlange aus dem Dschungelbuch.«
»Keins von beiden, Catarè! Die schreibt man K-a beziehungsweise K-a-a!«
»Und wie schreibt man dann das ›K‹, das Sie meinen?«
Wenn das so weiterging, waren sie in einer Woche noch nicht fertig. Falls bis dahin die Hürde mit dem ›K‹ genommen war, kam immer noch das ›Y‹ am Ende!
»Hör mal, Catarè, wir machen Folgendes: Ich schreib dir das jetzt auf einen Zettel, und auf dem Weg nach Montelusa fahr ich im Kommissariat vorbei und geb ihn dir.«
Unterwegs nach Vigàta überlegte er, dass Geremiccas Anruf genau im richtigen Moment gekommen war. Er hatte vermutlich Neuigkeiten von seinem französischen Kollegen erhalten. Und das bedeutete, dass die Ermittlungen neuen Auftrieb bekamen und er sich voll und ganz darauf stürzen konnte. Dass der Polizeipräsident ihn von dem Fall entbunden hatte, war ihm herzlich egal. Diese Ermittlungen brauchte er nötiger als das tägliche Brot, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil ihm so keine Zeit blieb, an Laura zu denken.
Vor dem Kommissariat stieg er aus, ließ die Autotür offen stehen und ging hinein. Er gab Catarella den Zettel, auf den er ›Kimberley-Prozess‹ geschrieben hatte, und sagte:
»In einer Stunde bin ich wieder da.«
»Warten Sie, Dottori!«
»Was gibt’s?«
Catarella war sichtlich verlegen, er schaute auf seine Schuhspitzen und ballte die Hände immer wieder zur Faust.
»Also?«
»Na ja, also, Dottori, ich muss Ihnen etwas sagen, was ich nur sehr ungern sage, und deswegen weiß ich nicht, ob ich’s Ihnen sagen soll oder lieber nicht.«
»Na gut, wenn du dich entschieden hast, schickst du mir ein Telegramm.«
»Dottori, darüber sollten Sie keine Scherze machen!«
»Dann rede, aber mach’s kurz!«
»Bitte, gehen Sie in Ihr Büro, Dottori.«
Wenn das die einzige Möglichkeit war, nicht noch mehr Zeit zu verlieren … Catarella folgte ihm auf den Fersen. Die Tür war geschlossen. Er drückte die Klinke und trat ein.
Vor dem Schreibtisch stand Fazio und drehte ihm den Rücken zu. Als er hörte, dass jemand kam, drehte er sich um und trat zur Seite. Da sah Montalbano, dass ein Totenkissen aus weißen Blumen auf dem Schreibtisch lag.
Er erschrak. Plötzlich fiel ihm der Traum von seinem Begräbnis wieder ein.
»Was … was …«
Er brachte kein Wort heraus und wandte den Kopf zu Fazio, der finster und besorgt dreinblickte.
»Dottore, was soll das schon sein? Es ist eine klassische Warnung der Mafia!«
Er hatte recht. Montalbano ging zum Aktenschrank, auf dem seine Wasserflasche stand, und trank einen Schluck, während sein Gehirn blitzschnell arbeitete.
Für diese Drohung gab es nur eine Erklärung. Bestimmt hatte die Mafia bei den schmutzigen Geschäften der Vanna und der Asso di cuori ihre Finger im Spiel. Mit dem Blumenkissen ließ man ihn wissen, dass man ihn umbringen würde, wenn er weiter ermittelte. Noch nie hatten die Cuffaro oder die Sinagra sich ihm gegenüber so viel herausgenommen! Ob sein Traum am Ende doch noch wahr wurde?
»Wir müssen sofort den Polizeipräsidenten verständigen«, sagte Fazio.
Montalbano gab keine Antwort. Mit einer entschiedenen Handbewegung wischte er das Blumenkissen vom Tisch.
»Catarella, heb es auf und wirf es in den Müll.«
Catarella nahm es hoch und wollte gerade damit hinausgehen, als Montalbano fragte:
»Wann wurde es gebracht?«
»Vielleicht fünf Minuten, bevor Sie gekommen sind.«
»Hast du gesehen, wer es gebracht hat?«
»Ja sicher. Ciccino Pànzica, der Blumenhändler.«
»Fazio, in spätestens fünf Minuten will ich diesen Pànzica hier sehen.«
Montalbano musste zugeben,
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