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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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getrunken?»
    «Es gab so viel
zu erzählen, Alvise», sagte die Principessa. Sie steckte
sich eine Maria Mancini an, inhalierte und
blies eine Rauchwolke über den Tisch. «Warum guckst du
mich so entsetzt an?»
    «Ich bin nicht
entsetzt», sagte Tron. «Ich bin nur erstaunt. Das ist
das erste Mal, dass du zusammen mit einer Frau in ein Cafe gehst.
Das machen eigentlich nur Ausländerinnen.»
    «Wenn du damit
meinst, dass wir Venezianerinnen auf diesem Gebiet Nachholbedarf
haben, dann kann ich dem nur zustimmen.» Die Principessa sah
Tron missbilligend an. «Übrigens», fuhr sie fort,
«hat mir Signorina Violetta verraten, was Spaur und sie auf
dem Ball tragen werden.»
    «Und
was?»
    «Sie werden als
Antonius und Kleopatra auftreten.»
    Wie bitte? Tron
schloss die Augen und versuchte vergeblich, sich den
Polizeipräsidenten als Antonius vorzustellen. «Signorina
Violetta gibt wahrscheinlich eine reizvolle Kleopatra ab»,
sagte er. «Aber dass Spaur als Antonius eine gute Figur
macht, bezweifle ich.»
    «Das muss er
auch gar nicht.» Die Principessa grinste. «Spaur wird
sich als Kleopatra verkleiden und Signorina Violetta als
Antonius.»
    Einen Augenblick lang
war Tron fest davon überzeugt, dass er sich verhört
hatte. «Spaur als
Kleopatra?»   
    Die Principessa
nickte. «Mit schräg gemalten Augen, einer Krone aus
Kuhgehörn, Falkenfedern und einer Sonnenscheibe. Alles aus
Pappe. Dazu eine künstliche Viper aus
Schlangenleder.»
    «Und die
Baronin? Was wird sie tragen? Eine Toga?»
    Die Principessa
schüttelte lächelnd den Kopf. «Sie wird eine
taillierte Tunika, Strümpfe aus feiner Kaschmirwolle und
Sandalen tragen. Dazu ein Kurzschwert aus Pappe.»
    «Ist eine Tunika
nicht ... ziemlich kurz?»
    «Für eine
Frau schon. Aber nicht für einen Mann. Und Signorina Violetta
kann es sich leisten», sagte die Principessa. Sie verdrehte
wieder die Augen — diesmal auf eine träumerische Art und
Weise, die Tron ausgesprochen irritierend fand. «Sie wird
hinreißend aussehen», fuhr die Principessa fort.
«Die Damen werden vor Wut platzen, und die Herren werden
wütend sein, weil sie schlecht mit einem Mann tanzen
können.»
    «Nicht zu tanzen
wird der Baronin nicht gefallen», sagte Tron.
«Tanz du doch mit ihr.»
    Die Principessa, die
männliche Ratschläge nicht schätzte, lächelte
kühl. «Genau das habe ich auch vor, Tron. Und zwar nicht
nur einmal. Wir haben bereits alles besprochen.»
    Alles besprochen
— das
klang auch ziemlich irritierend. Tron fragte sich, was dabei noch
alles zur Sprache gekommen war und welche geheimen Neigungen die
Principessa in ihrem Herzen verbarg.

54
    Er brauchte fast zwei
Stunden, um sich zu schminken. Das hatte sich als eine harte und
ziemlich komplizierte Arbeit erwiesen. Er hatte eine ganze Sammlung
von Töpfchen und Tiegelchen in einer buntbedruckten Schachtel
gekauft, auf der eine blonde Vaudeville-Schönheit prangte. Die
Schachtel kam aus Paris und enthielt eine in Französisch
verfasste Anleitung, ohne die er vermutlich gescheitert wäre.
Das aber war, wie ihm der Blick in den Spiegel bewies, keineswegs
der Fall.
    Durch eine leichte
Untermalung des Lides hatten seine Augen an Glanz gewonnen, und
über seine sonst blasse Gesichtshaut breitete sich nun ein
zartes Karmin. Die Nase, die ihm immer ein wenig spitz vorgekommen
war, sah jetzt ausgesprochen edel aus. Auch sein kosmetisch
verschönerter Mund wirkte voller und sinnlicher. Was
überhaupt das Entscheidende war, denn da er eine bautta trug, würde sich
die Aufmerksamkeit der Herren auf seinen Mund konzentrieren. Nach
langem Überlegen hatte er sich für dunkelroten
Lippenstift mit einem leichten Perlmuttglanz entschieden. Seine
Befürchtung, die Farbe würde nicht zum Rot der bautta passen, hatte sich als
unbegründet erwiesen. Die beiden Rottöne harmonierten
überraschend gut, verstärkten die sinnliche Wirkung
seines Gesichts und bissen sich auch nicht mit der blonden
Perücke. 
    Doch letztlich kam es
nur darauf an, nicht aufzufallen. Wie diese Tanzkarten
funktionierten, würde er an Ort und Stelle herausfinden. Einen
Walzer zu tanzen, traute er sich zu. An komplizierten Quadrillen
und Contretänzen — tanzte man das heutzutage eigentlich
noch? — würde er sich vorsichtshalber nicht beteiligen.
Wenn seine Informationen zutrafen, war auf dem Ball der Contessa
Tron mit ungefähr hundert Personen zu rechnen — alle
mehr oder weniger schrill verkleidet. Dass er auffallen würde,
war also unwahrscheinlich.
    Und

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