Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
führten, so war auch das Riff durchaus imstande, Leben zu erhalten.
Tochee kam aus dem Dschungel. In seinem Manipulatorfleisch hielt er verschiedene Container, die er mit Wasser gefüllt hatte. Etwa fünfzig Meter von ihrem Unterschlupf entfernt plätscherte ein kleiner Bach über den unregelmäßigen Untergrund aus Polyp, und das Wasser war so sauber, dass sie den Filter kaum benutzen mussten.
»Guten Morgen, Freund Ozzie«, sagte Tochee über das tragbare Array.
»Guten Morgen.« Ozzie nahm einen Schluck von seiner Schokolade.
»Ich konnte mit meiner Ausrüstung keinerlei elektrische Aktivität entdecken.« Das große Alien hielt ein paar Sensoren hoch, die es mitgebracht hatte. »Die Maschinen müssen sehr tief im Innern des Riffs verborgen sein.«
»Ja, wahrscheinlich hast du Recht.« Selbst nach all der Zeit, die sie inzwischen zusammen verbracht hatten, war Tochee noch immer nicht dahintergekommen, dass Ozzie beim Frühstück Stille vorzog.
»Wo warst du?«, fragte Orion, während Ozzie stoisch auf seiner Frucht kaute.
»Fünf Kilometer in diese Richtung.« Tochee bildete ein Tentakel aus seinem Manipulatorfleisch und deutete in den Dschungel hinein.
»Ich glaube, die Mitte liegt in dieser Richtung.« Orion deutete in eine Richtung, die fast neunzig Grad von der abwich, in die Tochees Tentakel zeigte.
»Bist du sicher?«
»Ich weiß nicht. Wo ist sie, Ozzie?«
Ozzie zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Da lang, neun Kilometer.«
»Bitte entschuldige«, sagte Tochee. »Meine Instrumente verfügen nicht über eine Navigationseinrichtung wie die deinen.«
»Hast du etwas Interessantes gefunden?«, erkundigte sich Orion.
»Viele Bäume. Ein paar kleine fliegende Wesen. Keine größeren, intelligenten Lebensformen.«
»Zu schade.« Der Knabe schnitt sich mit seinem Taschenmesser ein großes Stück aus einer purpurnen Frucht und biss hungrig hinein. Saft rann ihm übers Kinn und verfing sich in seinem Bartflaum. »Hast du irgendwelche Höhlen gesehen?«
»Ich habe keine Höhlen gesehen.«
»Es muss irgendwo einen Weg ins Innere geben. Ich frage mich, ob der Eingang vielleicht an den Spitzen liegt. Es kann keine Gravitation entlang der Achse geben; das ist der Punkt, wo alles zusammenkommt. Ozzie hat das gesagt. Ich wette, es gibt einen langen Tunnel, der sich durch das ganze Ding zieht.«
»Die Logik würde die kürzeste Entfernung diktieren. Ein Zugang zum Innern würde sicherlich irgendwo in der Mitte anfangen.«
»Ja. Jede Wette, dass es eine ganze Menge Höhlen und sonstiges Zeugs gibt. Wahrscheinlich finden wir dort die Bewohner des Riffs, beispielsweise die Morlocks oder so.«
Ozzie nahm einen weiteren Schluck von seiner Schokolade und wich den Blicken des Jungen aus. Er bedauerte, dass er die Geschichte erwähnt hatte.
»Glaubst du immer noch, dass hier irgendjemand lebt, Freund Ozzie?«, fragte Tochee.
»Wozu sonst soll das alles gut sein?«
»Ich habe keinerlei Spuren von größeren Lebewesen gesehen.«
»Nein. Weil sie unter der Erde sind.«
Ozzie trank seine Schokolade und band sich die Haare mit einem kleinen Lederriemen nach hinten, sodass sie ihm nicht in die Stirn fallen konnten. »Sie sind nicht unter der Erde«, sagte er. »Man baut keine Inseln in einem Ding wie diesem Gashalo, um dann Troglodyten darauf anzusiedeln. Hier lebt nichts und niemand.«
»Was ist ein Troglodyt?«, fragte Orion.
»Etwas, das unter der Erde lebt.«
»Entschuldige, Freund Ozzie«, sagte Tochee, »aber dieses ganze Gashalo hat keine Logik. Es wäre durchaus möglich, dass wir jemanden unter der Erde finden. Warum sonst sollte man Inseln in den Himmel bauen?«
»Kohlenstofffänger«, antwortete Ozzie. »Es ist eine Frage des Maßstabs, der zugegebenermaßen schwer zu begreifen ist. Selbst ich habe alle Mühe, wenn ich nach oben blicke und einen Himmel sehe, der kein Ende zu nehmen scheint. Aber wir wissen, dass es im Gashalo eine Menge Lebewesen gibt. Und weil das Halo eine Standardzusammensetzung aus Stickstoff und Sauerstoff hat, ist es nur logisch anzunehmen, dass diese Lebewesen kohlenstoffbasiert sind, dass sie Sauerstoff ein- und Kohlendioxid ausatmen oder irgendein anderes Verbrennungsprodukt. Ich bin sicher, es würde Milliarden von Jahren dauern, bis all diese Lebewesen ein so gigantisches Gebilde wie das Gashalo mit ihrem Atem vergiften, doch es würde irgendwann geschehen, wenn nicht ein umgekehrter Prozess stattfindet. Das kann man entweder auf künstliche Weise
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