Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
wahrscheinlich würden sie sogar mich überzeugen. Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Vor drei Tagen. Wir sind für den Abend ausgegangen. Ich hatte eine Einladung in den Bourne Club. Dort hatten wir eine Veranstaltung, um den Start einer neuen Serie zu feiern. Hinterher waren wir essen, und dann bin ich nach Hause gefahren … glaube ich. Das Appartement-Array sagt, ich wäre erst um fünf Uhr morgens aufgetaucht. Ich erinnere mich an überhaupt nichts mehr nach dem Essen. Ist das die Zeit, in der es passiert ist?«
»Möglicherweise«, antwortete Renne. »Hat Mr Liang einen Mitbewohner gehabt?«
»Nein. Er hat ganz allein dort gewohnt. Ich habe ein paar von seinen Freunden kennen gelernt; ich glaube, sie kamen von Ridgeon. Wir kannten uns erst seit zwei Wochen. Genug Zeit für mich, um unachtsam zu werden, wie es scheint.« Wütend schüttelte sie den Kopf. »Ich hasse das. Das ganze Commonwealth denkt, ich würde glauben, unsere Präsidentin sei ein Alien. Ich kann nie wieder jemandem auf der Arbeit in die Augen sehen. Ich muss nach Solidade zurückkehren, mein Gesicht ändern lassen und mir einen anderen Namen zulegen.«
»Das würde wahrscheinlich helfen«, sagte Tarlo freundlich. »Aber bevor Sie das tun, müssen wir ein paar Tests durchführen. Unten in der Lobby wartet ein forensisches Team. Wir können dies in einer Klinik machen oder hier, ganz wie Sie wollen.«
»Machen Sie es hier«, sagte Trisha. »Ich will es endlich hinter mir haben.«
»Selbstverständlich. Ein weiteres Team wird diese Wohnung auf Spuren untersuchen.«
»Was erwarten Sie denn zu finden?«, erkundigte sich Isabella.
»Wir werden ohne Zweifel seine DNS finden«, antwortete Renne. »Und wer weiß, was wir sonst noch entdecken, ganz besonders, wenn diese Wohnung als Basis benutzt wurde. Außerdem werden wir seine Daten aus den Personalaufzeichnungen von Ridgeon Financial ziehen, und ich hätte gerne, dass Sie diese bestätigen. Es würde helfen, wenn wir ein Bild von ihm hätten.«
»Hat er inzwischen denn nicht schon längst ein Reprofiling vorgenommen?«, fragte Catriona.
»Sicher. Doch wir werden uns bei den Ermittlungen auf seinen Hintergrund konzentrieren, auf seine Vergangenheit. Dort haben alle Hinweise ihren Ursprung. Sie müssen verstehen, dass wir die gesamte Organisation der Guardians of Selfhood aufbrechen müssen. Es ist die einzige Möglichkeit, Liang vor Gericht zu bringen. Wir verfolgen nicht nur ihn allein.«
Sie verbrachten noch weitere zwanzig Minuten im Loft Appartement der drei jungen Frauen und nahmen ihre Aussagen zu Protokoll; dann übergaben sie die weiteren Untersuchungen an die forensischen Teams. Renne war halb durch die Tür, als sie plötzlich stehen blieb und die große Lounge nachdenklich musterte. Trisha war mit zwei Mitgliedern des forensischen Teams ins Schlafzimmer unterwegs.
»Was denn?«, fragte Tarlo.
»Nichts.« Sie musterte Catriona und Isabella ein letztes Mal, dann war sie draußen.
»Komm schon«, sagte Tarlo im Aufzug auf dem Weg nach unten in die Lobby. »Ich kenne dich doch. Irgendetwas stört dich an der Sache.«
»Ein déjà-vu , weiter nichts.«
»Was?«
»Ich habe diesen Tatort schon einmal gesehen.«
»Ich auch. Jedes Mal, wenn die Guardians eine Shotgun-Botschaft in die Unisphäre absetzen, schickt uns der Boss los, damit wir uns umsehen.«
»Genau. Deswegen hättest du ihn ebenfalls erkennen müssen. Erinnerst du dich an Minilya?«
Tarlo runzelte die Stirn, während die Lifttüren zur Seite glitten. Sie traten in die Lobby hinaus. »Es ist ungefähr vierzig Jahre her; aber damals war es eine Gruppe von jungen Männern, die sich eine Wohnung geteilt haben.«
»Ach, na und? Wirst du jetzt sexistisch oder was? Macht es einen Unterschied, ob es Männer oder Frauen sind?«
»Hey!«
»Es war genau die gleiche Geschichte, Tarlo. Und wir haben auch die Frauen-WGs schon früher gesehen.«
»Auf Nzega, April Gallar Halgarth. Sie gehörte zu einer Gruppe von Urlaubern.«
»Auch auf Buwangna, vergiss das nicht.«
»Okay. Worauf willst du hinaus?«
»Ich mag keine Wiederholungen. Und die Guardians wissen sehr wohl, dass wir ihnen viel leichter auf die Spur kommen, wenn sie sich immer an die gleiche Vorgehensweise halten.«
»Ich erkenne aber keine gleiche Vorgehensweise.«
»Es ist eigentlich auch keine.«
»Was dann?«
»Ich bin nicht sicher. Sie wiederholen ihre Prozedur. Das sieht ihnen nicht ähnlich.«
Tarlo ging als Erster durch die Drehtüren der
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