Conan der Befreier
weitergeleitet, ehe die Rebellen nordwärts zogen.«
»Mir deucht, die Rebellenführer hatten sich bis zu jenem Abend, als sie sie mir gab, selbst noch nicht für die genaue Route entschieden«, sagte Quesado. Er wußte nicht, ob das stimmte, aber es klang glaubhaft.
Vibius Latro entließ den Spion und befahl seinen Schreiber zu sich. Er studierte die Karte und diktierte eine kurze Botschaft an General Amulius Procas, von der der König eine Kopie bekommen sollte. Nachdem der Schreiber Alcinas grobe Skizze abgezeichnet hatte, rief Latro einen Pagen und gab ihm beide Kopien jedes Schriftstücks.
»Bring dies dem Schreiber des Königs!« hieß ihn der Kanzler. »Und ersuche, daß Seine Majestät seinen Siegel auf einen Satz dieser Dokumente setze. Wenn er nichts dagegen einzuwenden hat, dann reite damit zu Amulius Procas in Poitain. Hier ist eine Vollmacht für den königlichen Marstall. Such dir das schnellste Pferd aus und wechsle an jeder Posthalterei!«
Die Botschaft gelangte nicht in die Hände des Schreibers, sondern in die schmalen dunklen Thulandra Thuus. Sein khitanischer Diener, Hsiao, brachte sie ihm. Als des Königs Zauberer sie las und die Karte im Licht der Leichentalgkerzen studierte, lächelte er kalt und nickte dem Khitan zufrieden zu.
»Genau wie Ihr es vorhersagtet, Herr«, erwiderte Hsiao auf das Nicken. »Ich erklärte dem Pagen, daß Seine Majestät und sein Schreiber sich gegenwärtig in Euren Gemächern aufhielten, und so händigte er mir die Schriftrollen aus.«
»Das hast du gut gemacht, Hsiao«, lobte Thulandra Thuu. »Hol mir das Wachs, ich werde den Rollen selbst das Siegel aufdrücken! Es besteht keine Notwendigkeit, Seine Majestät mit solch unwichtigen Dingen in seinen Vergnügungen zu stören.«
Aus einer verschlossenen Truhe nahm der Zauberer ein Duplikat von des Königs Siegelring. Er faltete eine Kopie von Karte und Botschaft, dann zündete er einen Fidibus an einer der großen Kerzen an, wärmte damit das Siegelwachs und ließ es auf den offenen Rand der Rolle tropfen, schließlich drückte er den Siegelring darauf und händigte sie dem Khitan aus.
»Gib es Latros Kurier«, sagte er, »und sag ihm, Seine Majestät wünscht, daß General Procas es schnellstens erhält. Dann setz mir einen Brief an Graf Ascalante von Thune auf, der gegenwärtig das Vierte Tauranische Regiment bei Palaea befehligt. Ich benötige seine Anwesenheit hier.«
Hsiao zögerte. »Gefürchteter Herr!« murmelte er.
Thulandra Thuu schaute seinen Diener scharf an. »Ja?«
»Es ist dieser unwürdigen Person nicht unbekannt, daß Ihr und General Procas nicht im besten Einvernehmen zueinander steht. Gestattet mir die Frage: Ist es Euer Wunsch, daß er über den Barbarengeneral siegt?«
Thulandra Thuu lächelte mit dünnen Lippen. Hsiao wußte, daß der Zauberer und der General heftige Rivalen in der Gunst des Königs waren. Hsiao war auch der einzige, dem der Zauberer sich anvertraute. Thulandra brummte:
»Im Augenblick, ja. Solange Procas in den Südprovinzen, fern von Tarantia bleibt, ist er keine Gefahr für meine Position hier. Mir bleibt nichts übrig, als mich damit abzufinden, daß er seiner fetten Liste von Erfolgen noch einen Sieg hinzufügt, denn weder er noch ich wären erfreut, Conan vor Tarantias Toren zu sehen.
Procas steht zwischen den Rebellen und ihrem Vormarsch auf die Hauptstadt. Ich beabsichtige, daß er den Aufstand niederwirft, das ist richtig, aber auf eine Weise, daß der Lorbeer mir zufällt. Dann wird vielleicht ein bedauerlicher Unfall unseren heldenhaften General im Augenblick seines Triumphes von unserer Seite reißen, ehe er siegreich nach Tarantia zurückkehren kann. Und nun mach dich auf den Weg!«
Hsiao verbeugte sich tief und zog sich stumm zurück. Thulandra Thuu schloß eine Ebenholztruhe auf und gab seine Kopie der Dokumente hinein.
Trocero starrte verwirrt seinen Oberbefehlshaber an, der wie ein gefangener Tiger im Käfig auf und ab lief, während seine Augen vor Ungeduld und Ärger funkelten.
»Was habt Ihr, General Conan?« fragte er. »Ich dachte zuerst, die Enthaltsamkeit mache Euch zu schaffen, doch jetzt, da Ihr die Tänzerin mitgebracht habt, ist diese Erklärung wie ein löchriger Weinbeutel. Welche Sorgen quälen Euch denn?«
Conan hörte mit seinem Hin- und Herlaufen auf und trat an den Klapptisch. Mit finsterer Miene goß er sich einen Becher Wein ein.
»Keine, auf die ich mit dem Finger deuten könnte«, knurrte er. »Aber seit kurzem habe
Weitere Kostenlose Bücher