Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer
Mähne gesenkt hielt, spürte den Zwang ihres Willens. Seine Nackenmuskeln spannten sich vor Anstrengung, den Kopf nur ja nicht aufzurichten.
Immer noch war sein Blick zu Boden gerichtet. Vor ihm auf den Marmorfliesen lag die dünne goldene Maske mit dem riesigen schwarzen Saphir als drittes Auge. Und plötzlich wußte Conan Bescheid.
Als er diesmal den Blick hob, schwang er gleichzeitig das Schwert. Die blitzende Klinge hieb durch die staubige Luft, erreichte das spöttische Gesicht der Göttin und – durchtrennte das dritte Auge.
Die Dämonin bewegte sich nicht. Mit den beiden verbliebenen wunderschönen Augen blickte sie den grimmigen Krieger schweigend an. Ihr Gesicht war weiß und unbewegt. Plötzlich veränderte es sich.
Aus dem zerstörten dritten Auge der Gorgo sickerte dunkle Flüssigkeit. Wie schwarze Tränen perlte sie herab. Und dann begann das herrliche Gesicht zu altern.
Während die dunkle Flüssigkeit immer stärker rann, entströmte die gestohlene Lebenskraft vieler Äonen ihrem Körper. Die Haut der Dämonin wurde dunkler und rauher, kräuselte sich zu Fältchen und Runzeln. Trockene Hautlappen hingen unter ihrem Kinn. Die glänzenden Augen wurden stumpf und milchig.
Der üppige Busen erschlaffte, die geschmeidigen Arme verwandelten sich zu hautüberzogenen Knochen. Eine Weile saß die verschrumpelte Gestalt einer ausgezehrten Greisin zitternd auf dem Thron. Dann löste sich die Pergamenthaut, das Fleisch schwand und gab morsche Knochen frei. Der Körper sackte zusammen und sank als ledriger Fetzen und morsches Gebein zusammen, zerbröckelte und wurde vor Conans Augen zu aschigem Staub.
Tiefes Seufzen breitete sich in der Halle aus, die sich flüchtig verdunkelte, als huschten durchsichtige Todesschwingen hindurch. Und dann waren das in der Luft hängende Grauen und die Bedrohung vorbei. Die Halle war nichts weiter als ein staubiger, verkommener Raum, ohne jegliche übernatürlichen Schrecken.
Die Versteinerten ruhten nun in Frieden, denn seit die Gorgo nicht mehr in dieser Dimension existierte, brach ihr Zauberbann, auch jener, der den lebenden Toten nicht die Gnade zu sterben gestattet hatte. Conan wandte sich ab und ließ den leeren Thron, das bißchen neuen Staub und die zerschmetterte, kopflose Statue hinter sich, die einst ein lebenslustiger zamorianischer Abenteurer gewesen war.
»Bleibt bei uns, Conan!« bat Zillah mit ihrer weichen Stimme. »In Akhlat wird es Ämter von hohen Ehren für Männer wie Euch geben, nun da wir von dem Fluch befreit sind.«
Der Cimmerier grinste geschmeichelt, denn er spürte etwas Persönlicheres in dieser Bitte als nur den Wunsch einer guten Bürgerin, einen nützlichen Mann für die Neuordnung einer Stadt zu gewinnen. Unter dem forschenden Blick des Barbaren errötete sie zutiefst verwirrt.
Lord Enosh unterstützte seine Tochter in ihrer Bitte. Conans Sieg hatte dem älteren Mann neue Jugend und Lebenskraft verliehen. Seine Haltung war nun aufrecht und stolz, sein Schritt fest und seine Stimme selbstbewußt. Er bot dem Cimmerier Reichtum, Ehren, ein hohes Amt und Macht in der neugeborenen Stadt an. Enosh ließ sogar durchblicken, daß er Conan nicht ungern als den Mann seiner Tochter sähe.
Doch Conan, der wußte, daß er nicht in den Kreis ruhiger, alltäglicher Ehrbarkeit paßte, lehnte alle wohlgemeinten Angebote ab. Höfliche Phrasen glitten nicht leicht über die Lippen eines Mannes, der sein Leben auf dem Schlachtfeld und in Wein- und Freudenhäusern verbracht hatte. Aber mit soviel Takt, wie es seine offene barbarische Natur zuließ, erläuterte er seine Ablehnung.
»Nein, Freunde«, sagte er. »Aufgaben, die der Frieden mit sich bringt, sind nichts für Conan von Cimmerien. Sie würden mich allzu bald langweilen, und gegen Langeweile kenne ich ein paar Mittel, die euch nicht gefallen würden: mich vollaufen zu lassen, eine Rauferei anzufangen oder ein Mädchen zu verführen. Ein feiner Bürger wäre ich für eine Stadt, die den Frieden erstrebt und Ruhe, um ihre Kräfte wiederzugewinnen.«
»Wohin werdet Ihr ziehen, o Conan, nun da die magischen Schranken aufgehoben sind?« fragte Enosh.
Conan zuckte die Schultern, fuhr sich mit den Fingern durch die schwarze Mähne und sagte lachend: »Bei Crom, mein guter Lord, ich weiß es nicht. Zu meinem Glück sorgten die Diener der Dämonin gut für Vardanes' Stute. Akhlat, wie ich sehe, hat keine Pferde, nur Esel – und einer von meiner Statur sähe auf einem müden Esel, mit über den Boden
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