Conan-Saga 17 - Conan der Eroberer
bewußt war. Orastes nickte mit dem Stolz eines guten Handwerkers, der Anerkennung durch seinen Meister findet.
»Ich werde versuchen, ihn Euch zu zeigen«, versprach er. Er setzte sich vor den Spiegel und blickte eindringlich in seine Tiefe, wo allmählich ein verschwommener Schatten Form annahm.
Es war unheimlich, doch die, die ihm dabei zusahen, wußten, daß das Silber nichts weiter als Orastes' Gedanken widerspiegelte, ähnlich der Magie eines Zauberers in einer Kristallkugel. Immer klarer wurde das Bild, bis schließlich ganz deutlich ein riesenhafter Mann mit breiten Schultern und mächtiger Brust, kräftigem Hals und ungemein muskulösen Gliedmaßen zu sehen war. Er war in Samt und Seide gekleidet, und die königlichen Löwen Aquiloniens waren in Gold auf sein Wams gestickt. Die aquilonische Krone saß verwegen auf der glatt geschnittenen schwarzen Mähne. Irgendwie paßte jedoch das gewaltige Schwert an seiner Seite besser zu ihm als die vornehme Gewandung. Die Augen unter der hohen breiten Stirn glitzerten wie Gletschereis, unter dem ein vulkanisches Feuer zu brennen schien. Sein sonnengebräuntes, narbiges Gesicht war das eines Kämpfers, und der kostbare Samt vermochte die harten und doch pantherhaft geschmeidigen Muskeln nicht zu vertuschen.
»Das ist kein Hyborier!« rief Xaltotun.
»Nein, er ist Cimmerier, einer dieser wilden Stammesbrüder, die in den rauhen Bergen des Nordens hausen.«
»Ich kämpfte gegen seine Vorfahren«, murmelte Xaltotun. »Nicht einmal die Könige von Acheron vermochten sie zu bezwingen!«
»Sie sind immer noch ein Schrecken der südlichen Nationen«, entgegnete Orastes. »Er ist ein wahrer Sohn dieser wilden Rasse, und er hat sich bisher als unbesiegbar erwiesen.«
Xaltotun schwieg. Er starrte auf die Kugel lebenden Feuers in seiner Hand. Irgendwo draußen jaulte erneut der Hund.
2. Ein schwarzer Wind weht
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EIN SCHWARZER WIND WEHT
Das Jahr des Drachen begann mit Krieg, Seuchen und Unruhen. Die Pest wütete in Belverus. Sie verschonte weder den reichen Kaufmann in seinem prunkvollen Haus, den Sklaven im Pferch, noch den Ritter an der Bankettafel. Gegen sie waren alle Künste der Heiler erfolglos. Die Menschen munkelten, daß die Hölle sie als Strafe für die Sünden des Stolzes, der Habgier und Lüsternheit geschickt habe. Sie war schnell und tödlich wie der Biß einer Schlange. Der Leib ihres Opfers färbte sich purpurn, dann schwarz, und innerhalb kürzester Zeit brach es sterbend zusammen; der grauenhafte Gestank seiner Verwesung breitete sich aus, noch ehe der Tod die Seele aus dem verrottenden Körper befreite. Ein heißer Südwind tobte unablässig. Er verdörrte die Feldfrüchte auf den Äckern und das Gras auf der Weide und raffte das Vieh dahin.
Die Menschen beteten verzweifelt zu Mitra, und verfluchten ihren König, denn irgendwie ging das Gerücht durch das ganze Land, daß der König in der Abgeschiedenheit seines nächtlichen Palastes sich grauenvollen Zaubers und widerwärtigen Ausschweifungen hingab. Und dann pirschte sich der Tod grinsend in den Palast, und um seine Füße wirbelten die unerträglichen Dämpfe der Pest. In einer Nacht starben der König und seine drei Söhne. Die Trommeln, die ihr Dahinscheiden verkündeten, übertönten die Glocken an den Karren, die durch die Straßen holperten, um die verrottenden Pestopfer einzusammeln.
In jener Nacht, kurz vor dem Morgengrauen, hörte der Wind auf, der wochenlang pausenlos an Fensterläden gerüttelt und an Seidenvorhängen gezupft hatte. Ein neuer Wind erhob sich. Aus dem Norden stürmte er herbei. Er pfiff und heulte durch die Straßen, bis ein gewaltiger Donner die Wolken zerriß, blendende Blitze die Luft zerschnitten und Regen in Strömen floß. Doch als der Morgen anbrach, schien die Sonne auf frisch aus dem gesättigten Boden sprießendes Gras, das Getreide begann sich zu erholen, und die Pest war verschwunden. Der stürmische Nordwind vertrieb auch ihren letzten Gifthauch.
Die Menschen raunten, die Götter seien nun wieder zufrieden, da der verruchte König und seine Brut nicht mehr lebten. Und als sein jüngerer Bruder, Tarascus, im großen Thronsaal gekrönt wurde, jubelte die Bevölkerung in ihrer Freude über den neuen Monarchen, dem die Götter wohlgesinnt waren, so daß die Türme förmlich erzitterten.
Eine solche Welle der Begeisterung, die das ganze Land überschwemmt, ist häufig das Signal für einen Eroberungskrieg. So wunderte sich auch niemand über
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