Conan-Saga 20 - Conan von den Inseln
zu retten!«
Aus seinem strahlenden Leuchten lächelte der Weise den König an. »Eine einzige Gabe, nicht mehr, darf ich dir geben. Trag sie immer bei dir, denn in der Stunde der größten Not wird sie deine Rettung sein. Nein, mehr kann ich dir nicht sagen. Dein Herz wird dir verraten, wann du diesen Talisman benutzen mußt.«
Ein helles Flimmern, wie das eines heißen Sommertages, löste sich aus des Propheten ausgestreckter Hand. Etwas fiel klirrend wie Glas vor Conans Füße. Ohne nachzusehen, bückte er sich und hob es auf.
»Ein letztes Wort noch«, sagte Epemitreus. »Die Zauberkönige von Altatlantis benutzten als Wappen den Schwarzen Kraken. Dieses Zeichen ist immer noch zu finden. Hüte dich davor!
Geh jetzt, Kind Croms«, verabschiedete ihn der Weise. »Es ist nicht gut für Sterbliche, zu lange in diesem Schattenreich zu verweilen, in das ich deinen Geist gerufen habe. Kehre zurück, o Conan, in deine fleischliche Hülle. Der Segen der Götter des ewigen Lichtes begleitet dich, um deinen finsteren und schrecklichen Pfad zu erhellen. Nie wieder wirst du vor Epemitreus treten – weder in dieser Welt, noch in einer der vielen Welten, die sein werden und durch die deine wiedergeborene Seele ihren kämpferischen Weg nehmen wird. Lebe wohl!«
Keuchend von dem Erlebten, erwachte Conan. Er stellte fest, daß er nach wie vor in seinem leichten Kettenhemd auf dem Bett lag und schweißgebadet war. Also war es nur ein Traum gewesen! Der genossene Wein und seine Sorgen zusammen hatten ihm etwas Erschreckendes vorgegaukelt.
Da sah er, was er in seiner schwitzenden, geballten Hand hielt: einen Talisman in Form eines Phönix, aus dem Herzen eines gigantischen, glitzernden Diamanten gehauen. Da wußte er, daß es mehr als bloß ein gewöhnlicher Traum gewesen war.
Drei Stunden später, während es wie mit Eimern goß und die Blitze des Sommergewitters zwischen den Türmen des Palastes zuckten, stahl sich ein Riese in Kettenhemd, mit wallendem schwarzem Umhang darüber und dem Gesicht unter einem breitkrempigen Schlapphut halbverborgen, aus einem wenig benutzten Geheimtor in Tarantias Außenmauer. Ihm folgte eine zweite riesenhafte Gestalt, die einen feurigen Hengst führte. Sie blieben stehen, und der zweite Mann überprüfte Zaumzeug und die Länge der Steigbügel.
»Verdammt!« fluchte Prinz Conn. »Es ist nicht richtig! Du solltest gestatten, daß ich dich begleite!«
Conan schüttelte ernst den Kopf, daß Wassertropfen aus der Krempe spritzten. »Bei Crom, Sohn, wenn ich jemanden mitnehmen dürfte, wärst du es! Aber wir sind keine einfachen Abenteurer mit leerem Säckel, die tun können, was ihnen beliebt. Macht und Ruhm ohne Verantwortung gibt es nicht. Ich brauchte Jahre, diese Lektion zu lernen, und sie fiel mir so manchesmal gar nicht leicht. Ich ziehe vielleicht in den Tod, darum mußt du bleiben, um dieses Land so gerecht zu regieren, wie du es vermagst. So haben die Götter es bestimmt.
Vertraue niemandem völlig, aber gib so viel deines Vertrauens, wie es ratsam ist, jenen, die ich vertrauenswürdig fand. Lob ist in zehn Fällen nur einmal ehrlich, da ein König mit Schmeicheleien bedacht wird, wie ein Pferdeapfel mit Fliegen. Achte mehr auf die Taten eines Menschen denn auf seine Worte. Bestrafe nie einen Unglücksboten oder blick finster auf einen hinab, der eine unbequeme Meinung äußert, denn sonst glauben deine Untertanen es nicht mehr wagen zu dürfen, offen zu dir zu sein. Lebewohl!«
Conan zerdrückte fest die Hand seines Sohnes, ehe sie sich ein letztesmal heftig umarmten. Dann hielt Conn die Zügel des Hengstes und den hohen Steigbügel, während Conan sich in den Sattel schwang. Ein paar Herzschläge lang blickte der Reiter auf die Türme des goldenen Tarantia, das glitzernde Juwel des Westens, ehe er, noch einmal winkend, südwärts durch den strömenden Regen ritt, über die von gelegentlichen Blitzen erhellte Straße nach Argos in Richtung Meer. Und so brach der Welt mächtigster Recke zu seinem letzten und ungewöhnlichsten Abenteuer auf.
3. Becher und Dreizack
3
BECHER UND DREIZACK
Throne stürzen und Reiche zerfallen,
und hungrige Finsternis droht allen,
doch einer reitet, furchtlos und verwegen,
westwärts einem unbekannten Schicksal entgegen
Der Weg Amras
Der Sturm brach gegen Mitternacht aus. Blitze zuckten aus den dicken Wolken über dem westlichen Horizont, und kurz darauf heulte der Wind wie ein ganzes Rudel Wölfe und peitschte den Regen
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