Conan-Saga 28 - Conan der Glorreiche
gehämmertem Gold. Auch war der Mann, der am Tisch saß,
nicht von der Art, wie man ihn an einem solchen Ort erwarten würde. Ein dunkler
Umhang ohne jeglichen Schmuck, doch von zu feinem Stoff für dieses Viertel von
Sultanapur, bedeckte den größten Teil seiner Kleidung. Sein schmales Gesicht
mit der dünnen Nase, dem Schnurrbart und dem zu zwei Spitzen gezwirbelten
Kinnbart schien besser in einen Palast zu passen als in eine Bettlergegend.
»Es
ist gut, daß du heute gekommen bist, Jelal«, sagte er sofort, nachdem dieser
eingetreten war. »Jedesmal, wenn ich mich in die Stadt begebe, erhöht sich die
Gefahr, daß ich gesehen und erkannt werde. Konntest du die Verbindung
herstellen?« Mit einer feingliedrigen Hand, an deren Zeigefinger ein schwerer
goldener Siegelring steckte, deutete er auf die Karaffe. »Bedien dich. Wein
macht die Hitze erträglicher.«
»Ja,
die Verbindung konnte ich herstellen«, antwortete Jelal vorsichtig, »aber …«
»Gut,
mein Junge. Ich wußte, daß du es schaffen würdest, obgleich die Zeit knapp war.
Vier Jahre in Corinthien und Koth und Khauran, in denen du dich als Kaufmann
und Händler von allem möglichen ausgabst, und nie erwischt, ja nicht einmal
verdächtigt wurdest! Könnte sein, daß du der beste Mann bist, denn ich je
hatte. Aber ich fürchte, deine Aufgabe in Sultanapur ist anderer Art.«
Jelal
richtete sich auf. »Mein Lord, ich bitte Euch, mich wieder zu den
Ilbari-Spähern zurückzuversetzen.«
Lord
Khalid, Herr und oberster Chef aller Spione König Yildiz’ von Turan, starrte
ihn ungläubig an. »Mitra schlage mich, weshalb?«
»Mein
Lord, wie Ihr selbst sagtet, wurde ich in den ganzen vier Jahren nie
verdächtigt. Das verdanke ich jedoch nur der Tatsache, daß ich meine Rolle
nicht nur spielte, sondern wahrhaftig ein Kaufmann oder Händler war und
die meiste Zeit mit Einkäufen und Verkäufen, Geschäftsgesprächen und
Preisvergleichen zubrachte. Mein Lord, ich wurde hauptsächlich deshalb Soldat,
um zu vermeiden, ein Kaufmann wie mein Vater zu werden, und ich ersuche Euch,
Turan und dem König dort dienen zu dürfen, wo ich es am besten kann: wieder als
Soldat im Ilbarigebirge.«
Der
Oberste Spion trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Mein Junge, du
wurdest genau aus den Gründen, die du aufführtest, auserwählt. Du dientest in
den südlichen Bergen, und deshalb ist es unwahrscheinlich, daß ein westlicher
Ausländer dich je als Soldat sah. Die Ausbildung in deiner Jugend zum Kaufmann
ermöglichte es dir nicht nur, deine Rolle vollkommen zu spielen, sondern auch
wie ein Kaufmann, der Tatsachen von Gerüchten unterscheiden muß, um Markt und
Preis genau zu erkennen, das Erfahrene richtig auszuwerten und nur wirklich
zuverlässige Berichte und solche von großem Wert weiterzuleiten. Besser kannst
du Turan gar nicht dienen.«
»Aber
mein Lord …«
»Genug,
Jelal. Die Zeit ist knapp. Was hast du über die heutigen Ereignisse in
Sultanapur erfahren?«
Jelal
seufzte. »Es gibt Gerüchte«, begann er bedächtig, »die gerade noch vor einem
Feindeinfall haltmachen. Wenn man das Wahrscheinlichste zusammenfügt, würde ich
sagen, daß Prinz Tureg Amal heute vormittag ermordet wurde. Und die meisten
Gerüchte deuten darauf hin, daß ein Nordmann darin verwickelt ist. Da ich nicht
zu diesem Zweck nach Sultanapur kam, fürchte ich, daß ich nur mit halbem Ohr
auf das Gerede achtete.«
»Mit
halbem Ohr, und trotzdem stimmt zumindest das eine von beidem.« Der Ältere
nickte lobend. »Du bist wahrhaftig mein bester Mann. Woher das Gerücht über den
Nordmann kommt, weiß ich nicht. Vielleicht sah jemand einen solchen Mann auf
der Straße.«
»Aber
die Stadtwache, mein Lord. Sie sucht …«
»Ja,
ja. Das Gerücht ist selbst zu ihr vorgedrungen, und ich habe bisher noch nichts
unternommen, um sie aufzuklären. Mögen die wahren Schuldigen annehmen, sie
seien unbemerkt geblieben. Es ist nicht das erste Mal, daß Soldaten hinter den
Falschen herjagen, und es wird auch nicht das letzte Mal bleiben. Und ein paar
unschuldige Ausländer – wenn man irgendwelche wahrlich unschuldig nennen kann
–, die verhört oder getötet werden, wären ein geringer Preis, wenn es uns
hilft, die Schuldigen in Sicherheit zu wiegen. Glaube mir, wenn ich sage, daß
der Thron von Turan möglicherweise auf dem Spiel steht.«
Jelal
rang sich ein Nicken ab. Er wußte aus Erfahrung, von welch kalter Nüchternheit
dieser so weich wirkende Mann sein konnte, selbst wenn es um weit
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