Conan-Saga 28 - Conan der Glorreiche
Falten vom langen, vielleicht
jahrelangen Hängen war der Umhang gut erhalten und von feiner, dichtgewebter
Wolle. Zwar spannte er ein wenig um seine Schultern, aber zweifellos war er für
einen größeren Mann als Ghurran gemacht.
»Das
Alter läßt alle schrumpfen«, murmelte der gebeugte Heiler, als hätte er Conans
Gedanken gelesen.
Der
Cimmerier nickte. »Ich danke Euch und werde es Euch nicht vergessen.« Während
ihrer Unterhaltung waren die Soldaten weitermarschiert. Conan öffnete die Tür
einen Spalt und spähte hinaus. Immer noch war die Straße voller Menschen, doch
Wächter waren keine zu sehen. »Lebt wohl, Ghurran. Und seid noch mal gedankt.«
Ohne
auf einen Abschiedsgruß des Greises zu warten, schlüpfte Conan hinaus, stieg
die Treppe hinunter und verschwand in der Menge. Jetzt aber auf dem schnellsten
Weg zum Hafen, dachte er. Sobald er ihn erreicht hatte, konnte er sich mit
anderem beschäftigen.
3.
Die
Streifen der Stadtwache gefielen dem jungen Turaner nicht, der aus dem
Hafenviertel in eine Gegend kam, die anscheinend von Bettlern, Dirnen,
Zuhältern und Taschendieben bevorzugt wurde. Den Soldaten wich er geschickt
aus, und die Bewohner dieses Viertels beachteten ihn mit keinem Blick.
Von
seiner corinthischen Mutter hatte er die Züge, die weder corinthisch noch
turanisch waren. Er hatte dunkle Augen und war nicht sehr auffällig.
Gegenwärtig war er glattgeschabt und hätte als Sohn eines beliebigen Landes
gelten können, was er auch schon häufig ausgenutzt hatte. Er war etwas mehr als
mittelgroß, von fast schlaksiger Gestalt, wodurch er schon von manchem
unterschätzt worden war. Das hatte ihm mehr als einmal das Leben gerettet.
Seine Kleidung war ein buntes Durcheinander: ein geflicktes corinthisches Wams,
das einst rot gewesen war, zamorianische Pluderhose aus bleicher Baumwolle und
abgetragene Stiefel aus Iranistan.
Nur
der Tulwar an seiner Seite und der nicht gerade saubere und auch nicht
ordentlich gewickelte Turban waren turanischer Herkunft. Vier Jahre war er
seinem Heimatland fern gewesen, und nun, obwohl er noch nicht mal zehn Tage
zurück war, stahl er sich durch die staubigen Straßen von Sultanapur, um den
Stadtwächtern nicht aufzufallen. Nicht zum erstenmal, seit er mit neunzehn die
Heimat verlassen hatte, bedauerte er seinen Entschluß, nicht als Gewürzhändler
in die Fußstapfen seines Vaters getreten zu sein. Wie üblich hielt sein
Bedauern jedoch nur so lange an, bis er sich erinnerte, wie langweilig das
Leben eines Gewürzhändlers war. In letzter Zeit allerdings brauchte er immer
länger, bis er sich darauf besann.
Nachdem
er in eine Gasse eingebogen war, blieb er kurz stehen, um festzustellen, ob
jemand auf ihn achtete. Eine einsame fußwunde Dirne machte sich daran ihn
anzulächeln, doch dann schätzte sie ihn nach seiner Kleidung ein und schlurfte
weiter. Niemand sonst schenkte ihm auch nur einen Blick. Er ging rückwärts
durch die stinkende Gasse, ohne das Auge von der Straße zu lassen, bis er eine
einfache Holztür unter seinen Fingern spürte. Nachdem er sich versichert hatte,
daß auch jetzt niemand auf ihn achtete, schlüpfte er durch den Eingang ins
Dunkle.
Ein
Messer an seiner Kehle ließ ihn hastig anhalten, aber er sagte ruhig: »Ich bin
Jelal. Ich komme aus dem Westen.« Bei jedem anderen, das wußte er, hätte der
Mann mit dem Messer zugestochen, und gewiß wären auch die beiden anderen, die
er in der Pechschwärze vermutete, nicht untätig geblieben.
Feuerstein
schlug auf Stahl, Licht flammte auf, und eine Lampe, die nach ranzigem Öl
stank, wurde vor sein Gesicht gehalten. Er sah zwei Männer, von dem einen
abgesehen, der immer noch die Klinge an seinen Hals drückte, und selbst der mit
der Lampe, der unter dem rechten Auge eine dicke, halbmondförmige Narbe hatte,
hielt einen blanken Dolch.
Narbengesicht
trat zur Seite und deutete mit einem Kopfnicken auf eine Tür, die tiefer ins
Haus führte. »Geh!« brummte er, und erst dann wich das Messer von Jelals Kehle.
Jelal
schwieg. Dies war nicht die erste solche Begegnung für ihn, auch nicht erst die
zwanzigste. Er trat durch die zweite Tür.
Der
fensterlose Raum, in den er kam, entsprach dem, was man in einer solchen Gegend
erwartete: unverputzte Wände aus Lehmziegeln, ein Lehmboden und ein wackliger
Tisch. Was man nicht erwartet hätte, waren die brennenden Kerzen aus echtem
Bienenwachs, die weiße Leinendecke über der Tischplatte, die Kristallkaraffe
neben zwei Kelchen aus
Weitere Kostenlose Bücher