Conan-Saga 34 - Conan der Marodeur
ich dort Fußtruppen aus den Eingeborenen aufstellen. Aus Khitai habe ich dann die besten Belagerungsingenieure der Welt, samt ihren Maschinen und Kriegslisten. Sollte ich den Wunsch haben, die Schwarzen Nationen einzunehmen, habe ich bis dahin ein so riesiges Heer, daß es ohne Belang ist, wenn ich die Hälfte der Männer durch eine Seuche verliere.«
Conan nippte am Wein. »Wenn ich dich recht verstehe, hast du also vor, die ganze Welt zu erobern.«
»Genau das habe ich vor«, bestätigte der Kagan.
Conan betrachtete sein Gesicht. Da funkelte kein Schimmer des Wahnsinns in den Augen. Für Bartatua war seine Bestimmung, Herr der Welt zu werden, so natürlich wie der tägliche Aufgang der Sonne über der Steppe.
»Ich wurde in eine chaotische Welt hineingeboren«, erklärte der Kagan. »In eine Welt, in der die ganze Menschheit in eine absurde Anzahl von Völkern und Königreichen geteilt ist, die sich völlig unnötig in kleinlichem Gezänk aufreiben und oft von Narren regiert werden, deren einziger Vorrang die Geburt ist, als ob man Regierungskunst durch Zucht erreichen könnte, wie Schnelligkeit bei Pferden oder Fett bei Rindern.«
»Ich habe nie viel Sinn im Vorrecht einer adligen Herkunft entdecken können«, sagte Conan ehrlich. »Bei meinem Volk sind alle gleich, und alle Männer sind Krieger. Clanführer tragen den Familiennamen. Die Führung im Krieg geht an den Krieger, der sich am besten bewiesen hat, ganz gleich, ob er Häuptling oder Schafhirte ist.«
»Bei uns ist es nicht viel anders. Du kannst dir also vorstellen, daß mich die sinnlose Situation in der Welt aufregt. Solange es über uns den Immerwährenden Himmel gibt, sollte es auch nur einen Herrscher auf der Erde geben. Mein Schicksal ist es, dieser Herrscher zu werden. Alle, die mir helfen, dieser Alleinherrscher zu werden, mache ich zu großen Herren. Mein erster Schritt war die Vereinigung der Steppenvölker. Das war eine äußerst schwierige Aufgabe. Du hast gesehen, in wie viele Parteien sie gespalten sind, die einander befehden. Einige essen Pferdefleisch, andere halten Pferdefleischesser für Gotteslästerer. Die rothaarigen Budini sind die größten Säufer unter der Sonne. Die meisten glauben, daß die grün tätowierten Geruls Menschenfresser sind. Nur die größte Willensanstrengung kann aus so unabhängigen Völkern eine vereinigte Armee machen.«
»Sie scheinen zufrieden zu sein, dir zu folgen«, sagte Conan.
»Und mit Recht! Sobald ich sie zum ersten großen Sieg und reicher Beute geführt habe, werden sie mir für den Rest des Lebens gehören, und ihre kleinlichen Zänkereien werden im Gehorsam meinem Willen gegenüber ersticken. Ich werde der Ushi-Kagan sein, der oberste Anführer, der als erster seit vielen Generationen diesen Titel trägt.«
Bartatua ließ sich zurücksinken und schwieg einen Augenblick lang. »Doch nun zu dringenderen Angelegenheiten. Kannst du irgendeine westliche Sprache lesen?«
»Ich bin kein Schriftgelehrter«, meinte Conan. »Aber ich kann mehrere Sprachen einigermaßen lesen. Für mich ist der ein Narr, der glaubt, daß Bücher und Lesen einen Mann schwächen.«
»Weise gesprochen. Kannst du Turanisch lesen?«
»Ich habe als Offizier in Turan gedient. Nur wer lesen kann, bekommt dort ein Offizierspatent.«
Der Kagan holte eine kleine Schriftrolle aus dem Ärmel. »Dies haben wir im Frühjahr einem Kurier abgenommen, der von Khawarizm nach Sogaria ritt. Der Kurier starb, und keiner meiner Gefolgsleute kann Turanisch lesen. Hier, übersetz das!«
Conan breitete das Dokument vor sich aus und las. Es war schon einige Zeit her, seit er sich mit dieser Schrift abgemüht hatte, doch las er sich bald ein. »Es ist eine Nachricht von König Yezdigerd an seinen geschätzten Freund, den Prinzen von Sogaria. Der König ist äußerst begierig zu erfahren, wo sich ein weggelaufener Zauberer namens Khondemir aufhält, der eine Verschwörung gegen Yezdigerd angezettelt hatte und floh, als seine verräterischen Pläne entdeckt wurden. Falls er sich im Reich des Prinzen aufhält, bittet der König, daß man den Schurken festnimmt und einsperrt, bis die Agenten des Königs ihn zurück an seinen Hof schaffen können, wo er seine gerechte Strafe finden soll. Der Rest sind die üblichen Höflichkeitsfloskeln.« Er gab Bartatua die Schriftrolle zurück. »Es sieht so aus, als hätten viele Schreiber diese Botschaft kopiert. Wahrscheinlich haben sie alle möglichen Namen und Orte eingesetzt, zumindest die der
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