Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
umfaßt. Für dich sind nur die letzten Ereignisse von Bedeutung. Früher war das Leben hier gut.«
»Ich kann nicht verstehen, wie ein Minenarbeiter je ein gutes Leben führen kann«, entgegnete Conan.
»Als man das Silber entdeckte, lag die reiche Ader dicht unter der Oberfläche«, fuhr Bellas fort. »Damals war die Mine eine große offene Grube, und die Männer konnten unter der Sonne arbeiten. Die Arbeit war schwer – wie immer in einer Mine –, aber der Lohn war gut, und unsere Zunft stand hoch in der Gunst des Königs. Unsere Zunfthalle war die schönste in Sicas.
Im Lauf der Jahre war die obere reiche Ader abgebaut, und wir mußten Stollen tief in die Erde bauen. Es war nicht so gut wie früher, aber unsere Ausbeute war nicht übel, und als Minenarbeiter erfreuten wir uns großer Hochachtung. Wir verrichteten die härteste und gefährlichste Arbeit, die es gibt: Felsabbau. Wir sind weder Sklaven noch Strafgefangene, sondern freie, stolze Männer.«
»Aber jetzt werdet ihr so unterdrückt, daß ihr ebensogut Sklaven sein könntet«, meinte Conan. »Wie ist das gekommen?«
»Das war Xanthus!« stieß Bellas mit wuterstickter Stimme hervor. »Er hat unsre Quote immer wieder erhöht. Wir haben protestiert. Es war nicht nur eine Frage, mehr Erz zu fördern. Wenn man unter Tage schneller arbeitet, gibt es mehr Unfälle, mehr Einstürze. Zu viele Männer starben. Schließlich marschierten wir in die Stadt, um Xanthus zu stellen. Er gab nicht nach, da haben wir die Arbeit niedergelegt.«
»Die Mine ist doch königlicher Besitz«, warf Conan ein. »Warum habt ihr nicht die Krone um Hilfe gebeten?«
»Die Zunft hat eine Abordnung geschickt«, sagte Bellas. »Und dann haben wir eines Morgens hier auf dem Tisch einen blutigen Sack gefunden.« Er schlug mit der schwieligen Faust auf die Tischplatte. »Darin waren die Köpfe der Männer, die wir zum König geschickt hatten. Diesmal griffen wir zu unserem Werkzeug und gingen in die Stadt. Unsere Zunfthalle war ausgebrannt, und Xanthus' Haus von Ermaks Söldnern umringt. Gegen sie war jeder Kampf sinnlos. Wir hatten auch keine richtigen Waffen. Doch wir sind keine Feiglinge. Wir haben hier gute Schmiede. Deshalb kehrten wir ins Dorf zurück und wollten unsre Werkzeuge in Schwerter und Speere umschmieden. Ermaks Männer mögen erfahrene Krieger sein, doch wir sind stark und ihnen zahlenmäßig weit überlegen.«
»Doch dann habt ihr nicht gekämpft«, sagte Conan.
»Nein. Als wir hierher zurückkamen, waren uns Ermaks Reiter zuvorgekommen. Während wir in Sicas waren, hatten sie unsere Frauen und Kinder zusammengetrieben und entführt. Wir wissen nicht, wohin sie sie geschafft haben, nur daß sie irgendwo versteckt sind. Beim ersten Zeichen von Widerstand schicken die Schurken uns einen Kopf, um uns daran zu erinnern, welche Hand die Peitsche schwingt.«
»Etwas ähnliches hatte ich vermutet«, meinte Conan nachdenklich. »Sag mir: Wo steht der Statthalter bei alledem?«
»Dieser schweinsäugige Fettkloß! Aus jedem Verbrechen in Sicas fließt ihm Geld zu. Die Schurkerei Xanthus' ist keine Ausnahme.« Bellas beugte sich vor und verschränkte die Arme auf dem Tisch. »Siehst du, laut dem uralten Abkommen mit der Krone erhält der Verwalter der Mine – Xanthus hat jetzt diese Stellung inne – ein Fünftel des reinen Silbers. In den letzten Jahren hat Xanthus über die Hälfte genommen. Er schreibt dem Palast Klagebriefe, daß der Ertrag der Mine abnehme. Gleichzeitig erhöht er jedoch unsere Quote, damit der königliche Anteil nicht verdächtig niedrig ausfällt. Zweifellos nimmt Bombas auch etwas. Dann gibt es noch den königlichen Aufseher der Minen in Tarantia, einen Edelmann namens Coreides ...« Bellas verzog verbittert das Gesicht und schlug wieder mit der Faust auf den Tisch. »Welcher König würde einem ehrlichen Minenarbeiter glauben, wenn drei seiner Beamte ihm Gift ins Ohr geträufelt haben?«
Conan lehnte sich zurück, die Daumen in den Gürtel gehakt.
»Als ich herkam, wollte ich mich nur umtun«, begann er. »Ich dachte, ich träfe eingeschüchterte Ochsen bei der Arbeit an. Doch jetzt habe ich Hoffnung. Sag mir, wenn ich in Sicas Staub aufwirble und für eine derartige Unordnung sorge, daß die königliche Obrigkeit keine Wahl hätte und eingreifen müßte, würdet ihr mir dann helfen?«
»Fremder«, erklärte Bellas, »wenn du den Ort findest, wo sie unsere Frauen und Kinder versteckt halten, kannst du das Töten beruhigt uns überlassen.
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