Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
Xanthus hat Lisips Männer beauftragt, uns zu bewachen, weil Ermaks Söldner sich für diesen Dienst zu gut sind. Aber da hat der alte Geizhals sich verschätzt; denn Lisips Hunde sind zu faul und zu blöde, um ihre Arbeit gut zu tun. Meistens bleiben sie sturzbetrunken im Wachhaus. Sie durchsuchen weder das Dorf noch die Mine. Wir haben jedes Stück Eisen, das wir entbehren konnten, zu Waffen geschmiedet und können jetzt jeden Mann bewaffnen.«
»Könnt ihr auch damit umgehen?« fragte Conan.
Statt zu antworten, holte Bellas aus dem Korb hinter sich etwas Rundes und warf es Conan zu. »Davon leben wir seit geraumer Zeit.«
Conan betrachtete den Gegenstand. Es war eine Steckrübe. »Das ist wirklich erbärmliche Verpflegung für Männer, die so schwer arbeiten müssen. Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Dieses Futter hat uns nicht geschwächt«, erklärte Bellas und nahm die Rübe in die Hand. Dann ballte er eine Faust. Saft schoß zwischen seinen Fingern hindurch. Conan war tief beeindruckt. Er hielt sich für einen der stärksten Männer, die er kannte, doch diese Vorführung war verblüffend. »Wenn die Zeit reif ist«, sagte Bellas, »kannst du auf uns zählen.«
»Ausgezeichnet«, meinte der Cimmerier. »Ich werde versuchen, dir zuvor eine Nachricht zu schicken. Aber wenn nicht, müßt ihr kommen, sobald der Aufruhr anfängt – und bewaffnet. Wirst du erfahren, wenn es in Sicas beginnt?«
»Einige von uns gehen jeden Tag auf den Markt. Ihnen entgeht wenig. Sag mir noch etwas, Fremder.«
»Was möchtest du wissen?« fragte Conan.
»Du bist nicht von hier. Du gehörst weder zur Zunft, noch bist du ein königlicher Beamter, trotzdem willst du uns helfen. Warum? Was springt für dich dabei raus?«
Conan erhob sich. »Ich bin wie jeder in Sicas. Ich möchte reich werden.«
Bellas grinste, aber nicht freundlich. »Wahrscheinlich verlierst du dein Leben, aber Männer sterben arm ebenso schnell wie reich, und die Götter werden dich lieben, weil du Schurken wie Xanthus und Bombas ausgeraubt hast.«
»Die Götter sind mir gleichgültig«, erklärte Conan. »Und die beiden, die du genannt hast, sind nur zwei der vielen Schurken in Sicas.«
Fröhlich pfeifend ritt der Cimmerier zurück nach Sicas. Alles sah noch besser aus, als er gehofft hatte. Der reiche Mann und der Statthalter zweigten beide Summen vom Anteil des Königs ab. Einen König zu berauben, war ein riskantes Spiel, auch wenn der König ein schwacher Trottel wie Numedides war. Er mußte etwas finden, was er als Hebel ansetzen konnte. Jetzt, da er wußte, daß Bombas und Xanthus bei dieser Schurkerei Partner waren, wurde ihre Feindschaft doppelt reizvoll.
Die Sonne war fast untergegangen, als Conan in die Herberge kam. Nachdem er für sein Pferd gesorgt hatte, ging er in den Schankraum und nahm heißhungrig ein kräftiges Abendessen ein. Man gab ihm reichlich Platz am Tisch, denn die Nachricht, daß er ein gefährlicher Mann war, hatte sich mit Windeseile verbreitet.
Conan untersuchte sein Zimmer, fand jedoch keine Spur eines Eindringlings. Brita war nirgends zu sehen. Er verfluchte insgeheim die Entschlossenheit dieses Weibs, die Schwester zu finden, ganz gleich, wie spät oder gar gefährlich es war. Aber im Augenblick konnte er nichts dagegen tun, denn er mußte noch Antworten auf einige andere Fragen finden. Er ging nach unten auf die Straße. Diesmal lenkte er die Schritte zur Straße der Holzschnitzer.
Über dem Schild der strahlenden Sonne hing ein weißes Tuch im Fenster. Er ging die Treppe hinauf und klopfte an eine Tür. »Wer ist da?« rief eine weibliche Stimme.
»Conan«, antwortete er. Ein kleines Schiebefenster glitt beiseite, und ein blaues Auge musterte ihn. Dann schloß sich das Fenster, ein Riegel wurde zurückgeschoben. Die Tür öffnete sich. Delia winkte ihm einzutreten.
»Komm herein, Cimmerier. Ich habe mich schon gefragt, wann du mich endlich besuchst.«
Conan trat ein. Der Raum war mit kostbaren Möbeln ausgestattet, aber unaufgeräumt. Ein Dutzend Kerzen und halb so viele Öllampen erhellten ihn. Auf einem Tisch mit schmutzigem Geschirr trank eine schwarzweiße Katze Milch aus einer Silberschale.
»Willkommen in meinem trauten Heim, Conan.« Delia scheuchte eine gelbgestreifte Katze von einem Sessel. »Setz dich und mach dir's bequem. Nur wenige Männer hatten die Ehre, hierher eingeladen zu werden.«
Conan bezweifelte, daß die Gunstbeweise dieser Frau so auserlesen waren, wie sie behauptete,
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