Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
für die Lanze steckte jetzt ein Spaten, den er sich im Stall geliehen hatte. Auf dem Pflaster klangen die Hufe seines Rosses laut durch die nahezu verlassene Stadt. Die Grube war wie eine Totenstadt. Er sah keine lebende Seele, allerdings erblickte er einige Leichen in den Seitengassen, die bald im Fluß landen würden.
Der Cimmerier ritt über dem Zusammenschluß der beiden Flüsse durchs Ossar-Tor. Der Posten dort nahm die Münze, die er ihm anbot, ohne sich mit Formalitäten wie Name, Ziel oder Zeit der Rückkehr aufzuhalten. Die Brücke über den Fluß war aus Stein errichtet und hatte große Bogen, damit die Flußschiffe ungehindert hindurchfahren konnten. Auf der anderen Seite lagen Felder und Äcker. Doch jetzt nach der Ernte arbeitete niemand mehr. Die Straße führte ihn durch Weingärten in die Berge. Bald verließ er den Pfad.
In einer Waldmulde stieg Conan ab und band sein Roß an einen Baum. Mehrere Minuten lang verharrte er still und musterte die Umgebung. Kein menschlicher Laut. Niemand war zu sehen.
Mit den raschen Schritten eines Bergbewohners stieg er die Anhöhe so mühelos hinauf, wie ein Städter über das Pflaster des Platzes schreitet. Oben fand er einen abgestorbenen Baum, in den vor vielen Jahren der Blitz eingeschlagen hatte. Er hatte kein Laub mehr, doch der Stamm wirkte fest. Geschickt wie ein Affe erklomm er ihn, so daß er von einem bequemen Ast aus die ganze Umgebung sehen konnte. Eine Stunde lang blieb er dort sitzen. Seinen Adleraugen entging nichts. Schließlich war er sicher, daß niemand in der Nähe war. Kein Holzfäller, kein Liebespaar aus dem Dorf konnten ihn beobachten. Erst jetzt stieg er hinunter und kehrte zurück zu seinem Pferd.
Er legte die Rüstung ab, nahm Truhe und Spaten und machte sich ans Werk. Er hatte eine Stelle ausgewählt, die weit genug vom nächsten Baum war, damit er nicht auf lästige Wurzeln stieß. Er breitete eine Decke aus und kniete nieder. Er schnitt mit dem Dolch sorgfältig ein großes Rechteck ins Gras, trennte die Grasnarbe vorsichtig von der darunterliegenden Erde, rollte sie auf und legte sie auf die Decke. Dann ergriff er den Spaten und warf die Erde ebenfalls auf die Decke.
Als das Loch knapp einen Meter tief war, versenkte Conan die Truhe darin und warf die Erde darauf. Immer wieder trampelte er alles fest, damit der Boden sich nicht senken konnte und eine verräterische Mulde bildete. Zum Schluß breitete er die Grasnarbe wieder aus und drückte sie fest.
Auf der Decke war noch ein Haufen Erde übriggeblieben. Er band die Decke zusammen und verteilte die Erde in einiger Entfernung. Dann verstaute er Decke und Spaten wieder und ging zurück, um das Versteck nochmals in Augenschein zu nehmen. Selbst aus wenigen Schritten Abstand war es nicht zu erkennen. Zufrieden schwang er sich in den Sattel. Eine Schatzkarte brauchte er nicht. Selbst in zehn Jahren würde er auf Anhieb die Stelle finden, wo er sein Gold vergraben hatte.
Damit war eine Sache erledigt. Jetzt konnte er sich in Ruhe der nächsten Aufgabe widmen. Auf dem Rückweg hielt er immer wieder Ausschau nach etwaigen Zeugen, doch niemand war zu sehen. Er ritt zurück in die Stadt, als ihm eine Abzweigung auffiel, die durch eine graue Steinplatte mit den wilden Löwen Aquiloniens markiert war, um anzuzeigen, daß dahinter königliches Gebiet begann. Bei seinem Ausritt hatte er sie nicht gesehen. Neugierig bog der Cimmerier auf den Seitenweg ein.
Rauchsäulen stiegen in einiger Entfernung auf. Dann hört er stetiges Hämmern und Knirschen, so als würden viele Steine auf einmal zermahlen. Er ritt über eine kleine Anhöhe, als vor ihm eine riesige offene Grube lag. Hunderte von Männern waren im Tageabbau tätig und schwangen Vorschlaghammer, um Gesteinsbrocken entzweizuschlagen. Andere drehten mit langen Stangen die großen Mahlsteine, die sich endlos im Kreis bewegten und die kleineren Stücke zu grobem Sand zerrieben.
Der Cimmerier hatte derartige Erzmahlanlagen schon gesehen. Frauen und Kinder schleppten den Sand in Körben auf dem Rücken zu den großen eisernen Schmelztiegeln, die in bienenstockartige Öfen geschoben wurden, aus denen Rauch aufstieg. Eine Gruppe stand an den Griffen für die mächtigen Blasebälge und hob und senkte diese in monotonem Rhythmus.
Irgendwo mühten sich Männer mit Spitzhacke und Schaufel, um der sich sträubenden Erde das Erz abzuringen. Er betrachtete die Szene mit Abscheu. Als Cimmerier konnte er nicht verstehen, wie frei geborene Männer
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