Conan-Saga 50 - Conan der Gladiator
Hinzu kamen Narben und Kratzer, die sie sich bei der Gefangennahme und auf dem Transport zugezogen hatten. Der Cimmerier hatte schon größere Löwen gesehen, doch niemals solche zielstrebigen. Mit blitzschnellen Haken und Wendungen pirschten sie sich an, um ihre Opfer zu verwirren und abzulenken, bis sie nahe genug waren, um zum Sprung anzusetzen.
Commodorus schaute den Löwen betont ruhig und unbesorgt entgegen. Er wandte sich sogar zum Tisch und schenkte sich aus einer Karaffe Wein in ein Glas. Bulbulus dagegen wirkte alles andere als selbstsicher; er stand eher da wie angenagelt. Beide Hände waren um den zu großen Speer gekrampft. Die unruhigen Zuckungen seiner Helmzier verrieten seine Aufregung, als er den Raubkatzen entgegenblickte. Mit heftigem Kopfschütteln wies er das Glas seines Gastgebers zurück. Sehnsüchtig hafteten seine Augen an der Rampe. Die Zuschauer murmelten mißbilligend. Als die Löwen gefährlich nahe kamen, wandte er die Augen wieder auf sie.
Da Conan unterhalb der Mauer saß, hörte er einige Bemerkungen der Zuschauer. »Lauf, Bulbulus, du zitternder Trottel!« rief ein Mann. »Renn nach Hause, ehe du dir deine schöne Toga schmutzig machst!«
»Wer hat dich zum Kommandanten unserer Stadtwache gemacht?« spottete ein anderer. »Sei vorsichtig, die Löwen kommen näher!«
»Schaut ihn euch an. Der zittert in seinen Sandalen!« kreischte eine Frauenstimme. »Was ist, wenn die Nomaden unsere Stadttore einschlagen? Aber schaut euch Commodorus an. Das ist ein Mann, der zu kämpfen versteht.«
Während ihrer Worte ergriff der Tyrann den Bogen, legte einen Pfeil auf und schoß. Der Pfeil traf den Löwen, der am nächsten herangeschlichen war, in die linke Flanke. Die Raubkatze machte einen Satz und schlug verblüfft gegen die eigene Flanke.
Als Antwort auf diese Störung machten die beiden anderen Löwen einen Satz auf ihre Beute zu. Commodorus' zweiter Pfeil bohrte sich dem ersten Löwen direkt in die Brust. Die Raubkatze blieb stehen, dann fiel sie tot in den Sand.
Unter dem Jubel der Menge sprang der an der Flanke blutende Löwe vorwärts, als wäre er nie verwundet worden. Am Rand des Teppichheiligtums landete er und krümmte sich, dann sprang er mit einem gewaltigen Satz über den einen seidenen Diwan direkt auf die Feinde zu.
Commodorus schoß. Sein Pfeil traf den Löwen in der Luft. Der Schaft mit den bunten Federn durchbohrte dessen Kehle. Dennoch änderte dieser die Richtung seines Sprungs nicht. Der im Tod verkrampfte Körper des Löwen sauste zwischen dem Schützen und seinem schlotternden Begleiter hindurch. Dabei erwischte er Commodorus' Bogen mit den Krallen und riß dabei den Tyrannen zu Boden. Der Bogen mit der zerrissenen Sehne flog davon.
Nun setzte der letzte Löwe elegant zum Sprung an. Er war noch unverletzt. Bulbulus hielt immer noch den Speer umklammert. Als er dem Raubtier ausweichen wollte, stolperte er. Er wagte es nicht, dem Löwen den Rücken zuzuwenden und zur Rampe zu laufen. Sie schien ihm unendlich weit entfernt zu sein.
Commodorus reagierte schnell wie immer. Er sprang auf und entriß dem wie versteinerten Präfekten den Speer. Dann rammte er diesen in den Sand. Im selben Moment brüllte er Löwe ohrenbetäubend und sprang ... direkt in die glänzende Speerspitze, die ihn durchbohrte. Das Gewicht des gepfählten Raubtiers bog den Speerschaft. Er legte sich auf die Seite, brach jedoch nicht.
Wieder ertönten im Circus Imperius donnernder Beifall und wildes Geschrei. Commodorus hob die Arme und grüßte die Menge. Ruhig und ungerührt spielte er seine Rolle als Champion hervorragend. Präfekt Bulbulus wandte sich angewidert von den beiden toten Löwen ab und hinkte zur Rampe. Offenbar hatte er nur einen Gedanken: Die Arena so schnell wie möglich zu verlassen! Sein Gastgeber posierte noch und stellte einen Fuß auf einen toten Löwen. Dann folgte er Bulbulus. Am Fuß der Rampe hatte er ihn eingeholt, und beide Männer stiegen zur Ehrenloge hinauf.
»So verschafft sich unser Tyrann die Verehrung seines Volkes«, erklärte Ignobold neben Conan. »Er beansprucht alle leichten Kämpfe für sich und gibt damit seine politischen Feinde und Speichellecker der Lächerlichkeit preis. Sie fürchten die Verachtung und den Spott des Pöbels mehr als die Qualen in der Arena. Deshalb wagen sie es nicht, abzulehnen, mit ihm in die Arena zu steigen.«
Pferdegespanne schleiften die toten Löwen aus der Arena. Dann wurde der erste Zweikampf des Nachmittags
Weitere Kostenlose Bücher