Conan-Saga 51 - Conan und die Amazone
allen Dingen, die ich sehen möchte, ist die Sonne das letzte!«
Die Amazonenkönigin biß die Zähne zusammen und ging weiter. Diesmal ruhte Conans Hand auf ihrer Schulter, um sie zu steuern. Er ging links von ihr, um sie so weit wie möglich vor der Sonne zu schützen. Bald zeigte die Sicherheit, mit der sie dahinschritt, daß sie durch die Augenbinde etwas sehen konnte. Er war auch erfreut darüber, daß sie ihm nicht sagte, er solle die Hand wegnehmen.
»Hatte dieser Sandsturm eigentlich eine natürliche Ursache?« fragte sie unvermittelt.
»Nein, das war Zauberei. Selbst in der Wüste kann sich der Sand nicht ohne Wind erheben. Haben die Wüstendämonen dich in der Finsternis nicht angegriffen?«
»Wüstendämonen?« Er berichtete ihr von seinem verzweifelten, blinden Kampf gegen die widerwärtigen Scheusale. Achilea schien Zweifel zu hegen. »Zwei dieser komischen Biester haben eine ganze Karawane ausgelöscht? Und du hast eines getötet und das andere in die Flucht geschlagen, ohne es sehen zu können?«
»Ich bin nicht ganz unverletzt aus dem Kampf hervorgegangen. Wenn deine Augen besser sind, zeige ich dir die Spuren, die sie zurückgelassen haben.«
Lange vor der Mittagsstunde begann Achilea zu taumeln. Allein das Verantwortungsgefühl für ihr Gefolge trieb sie vorwärts, und jetzt versagten ihr langsam die Kräfte. Als die Sonne über ihren Köpfen stand, knickten ihre Beine plötzlich ein. Nach Luft ringend saß sie im Sand.
»Es hat keinen Sinn.« Mit letzter Kraft stieß sie die Worte zwischen den aufgeplatzten Lippen und der geschwollenen Zunge heraus. »Du kannst immer noch deine Klinge schwingen. Erledige mich und geh allein weiter.«
»Du trocknest wohl ein bißchen aus?« fragte er und setzte sich neben sie.
»Mach dich nicht über mich lustig. Benutze deine Klinge!«
»Wenn du das willst, nun gut«, sagte er. »Dann sei es so!« Er zückte den Dolch. Mit stolz erhobenem Kopf wartete sie.
Conan zog ihr die Augenbinde herunter. Sie funkelte ihn wütend an. Ihr Augenlicht war vollkommen wiederhergestellt. Der Cimmerier streckte seinen muskelbepackten Arm vor ihr aus und ritzte mit dem Dolch eine Vene am Unterarm.
»Da«, sagte er. »Trink!«
»Glaubst du etwa, ich sei ein Vampir?« Er las in ihren Augen Abscheu, aber auch Staunen.
»Das ist cimmerisches Blut, Weib. Das kräftigste in der Welt. Verschwende es nicht.« Er packte sie im Nacken und preßte ihren Mund auf seinen Arm. Anfangs wehrte sie sich etwas, doch dann gab sie nach und trank. Als er sie losließ, sank sie in den Sand. Seine kleine Wunde schloß sich bereits, weil das Blut sich verklumpte.
»Du bist ein seltsamer Mann, Conan«, sagte sie. Langsam kam sie wieder zu Kräften.
»Und du bist nicht wie andere Frauen. Das täte ich nicht für jede.«
Sie schaute ihn an und lachte plötzlich.
»Was ist so komisch?« fragte er verblüfft.
»Du siehst aus wie eine gefleckte Katze«, antwortete sie und deutete auf seine Brust, die von kleinen Säurewunden übersät war.
»Das bekommt man, wenn man in der Finsternis gegen Dämonen kämpft. Glaubst du mir jetzt?«
»Na schön. Diesmal will ich dir glauben. Marschieren wir jetzt weiter? Ich fühle mich schon besser.«
»Ja, wir können auch gleich aufbrechen. Die Sonne verbrennt dich, ob du nun hier sitzt oder ob du dich bewegst.«
Sie erhoben sich und stapften los. Am späten Nachmittag war die Kraft erschöpft, die sein Blut Achilea verliehen hatte. Sie fiel zu Boden und war zu entkräftet, um zu sprechen. Auch der Cimmerier war nicht in der Laune zu sprechen. Wortlos hob er sie auf und legte sie sich über die Schulter. Sie war kein Leichtgewicht, aber er war kräftig und marschierte trotz der Last nicht langsamer weiter. Für den Rest des Tages und während der sternenerhellten Nacht wechselte er jede Stunde und legte sie auf die andere Schulter.
Der Cimmerier ging und ging. Vollkommen regelmäßig setzte er einen Fuß vor den anderen, ohne sich um die Schmerzen der Ätzwunden und der Schulter zu kümmern. Ihn trieb nur der eine Gedanke vorwärts: zu leben und Achilea zum Wasser und in den Schatten zu schaffen – und das bald. Einen weiteren Tag würde sie in der Wüstensonne nicht überleben. Er marschierte wie betäubt. Deshalb bemerkte er bei Tagesanbruch die Reiter nicht sogleich.
Als Conan die schrillen Schreie hörte, griff er sofort zum Schwert. Vier Reiter auf Kamelen näherten sich schnell. Die Sonne stand knapp über dem Horizont. Behutsam legte er Achilea
Weitere Kostenlose Bücher