Conan-Saga 51 - Conan und die Amazone
waren. Einige hatten Blasen in der Mitte. Er untersuchte den Stoff, mit dem er sich das Gesicht und die Augen verbunden hatte. Auch dort waren viele kleine Löcher. Ihm lief es kalt über den Rücken. Er hätte blind sein können! Diese Dämonenscheusale hatten Säure statt Blut oder Speichel.
Conan kam zu einem auffälligen Sandhaufen. Schnell stieß er mit der Schwertspitze hinein. Dabei fiel ihm auf, daß der einst so makellos reine Stahl jetzt schwarze, braune und blaue Streifen aufwies. Er hielt die Klinge dicht vor die Augen. Zahllose winzige Vertiefungen! Weitere Schäden der Säure. Wie gut, daß er sein Schwert so sorgfältig gereinigt und gepflegt hatte.
Das Herumstochern im Sand brachte einen Haufen rätselhafter Fragmente ans Licht. Am ähnlichsten waren sie noch dem zerbrochenen Panzer einer Riesenkrabbe. Aber dieser Panzer hatte viele kleine Höcker und Fetzen lederartiger, behaarter Haut. An manchen Stellen wuchsen Büschel fettiger Haare hervor. Er fand mehrere handähnliche mit Klauen bewehrte Fortsätze. Diese hatten ihm den Rücken zerkratzt. Von einem abgetrennten Armknochen hing ein zäher Lappen, der der Flughaut eines von Muskelschwund befallenen Fledermausflügels glich.
An einem einzelnen langen Zeh befand sich eine gekrümmte Klaue aus einer milchigen, durchsichtigen Substanz, wie Alabaster. Die Klaue sah zerbrechlich aus, doch als er mit ihrer Spitze über seine Klinge fuhr, hinterließ sie in dem harten Stahl einen langen Kratzer. Diese Klauen hatten die Ritzungen auf den Steinen beim Schauplatz des Massakers verursacht.
Conan stocherte weiter und holte den Schädel des Ungeheuers hervor. »Crom und Llyr!« fluchte er. Der Schädel war in Proportion und Form beinahe menschlich. Doch anstelle von menschlichen Kiefern waren hier Reihen von fingerähnlichen Fühlern, die wie bei einem Insekt vertikal arbeiteten. Es gab auch keine Augenhöhlen, sondern zwei flache runde Mulden, die doppelt soviel Raum wie Menschenaugen einnahmen. Conan fand keine Nasenlöcher. An einer Seite hatte er den Schädel aus Chitin mit dem Schwertknauf eingeschlagen.
Dieses Biest schien die Anlagen vieler Tiere in sich zu vereinigen: von Fledermäusen, Insekten und sogar Reptilien. An manchen Knochenresten klebte eine glasartige Masse. War das die Wirkung der Säure auf den Sand darunter? Oder bestanden die Weichteile des Biests aus diesem Material, das sich aufgelöst hatte? Die Zersetzung war übernatürlich schnell erfolgt.
In der Vergangenheit hatte der Cimmerier viele unerquickliche Begegnungen mit übernatürlichen Scheusalen gehabt. Er wußte, daß diese Ungeheuer, die aus anderen Welten herbeigezaubert worden waren, oft in dieser Welt ihre strukturelle Unversehrtheit beibehalten konnten, sobald die magische Macht, welche sie gerufen hatte, abgezogen war oder wenn ihr anderweltliches Leben sie verlassen hatte. Dann blieben die Körper leblos in einer Welt zurück, in welche sie nicht gehörten.
Der Cimmerier steckte das Schwert zurück in die Scheide und wandte sich von den widerlichen Überbleibseln ab. Jetzt war es höchste Zeit, die Suche nach den Gefährten aufzunehmen.
A CHT
Die Sonne stand schon hoch über dem Horizont, als der Cimmerier stehenblieb und fluchte. Anfangs flüsterte er nur, dann wurde er lauter. Schließlich brüllte er aus Wut und Verzweiflung. Im cimmerischen Pantheon gab es nicht viele Götter, die man lästern konnte. Deshalb wechselte Conan schnell zu den Gottheiten Asgards und Vanaheim: robusten Göttern mit einfachem Geschmack. Dann arbeitete er sich durch die vornehmeren Götter Nemediens und durch die wahrhaft abartigen und widerlichen Zamoras. Er schäumte nicht nur vor Wut, sondern schämte sich bis in die Knochen. Letzteres Gefühl war bei ihm äußerst selten.
Doch jetzt saß Conan der Cimmerier in einer Klemme, die er im Leben nur sehr selten erlebt hatte: Er hatte sich verirrt!
In welche Richtung er auch blickte, überall sah er nur endlose Dünen. Den ganzen Morgen war er nach Süden marschiert und war sich sicher gewesen, so auf die Gefährten zu treffen. Doch nach der ersten Stunde wurde ihm klar, daß er sie verfehlt hatte. Wie ein Schiff, das vor dem Wind kreuzt, ging er im Zickzack weiter nach Süden, weil er hoffte, so die Spur der Karawane zu finden. Nichts. Ihm blieb jedoch keine andere Wahl, als weiter nach Süden zu marschieren. Das war die Richtung, in der das Ziel der Karawane lag, und nur auf dieser Route würde er sie finden. Niemals kam
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