Conni Und Der Grosse Schnee
fort. „Ein bisschen war es sogar so, als wolle der Hirsch ihn zum Narren halten. Denn immer, wenn der Graf nah genug herangekommen war, um Pfeil und Bogen anzulegen, verschwand der Hirsch plötzlich mit einem gewaltigen Satz im Dickicht.
Jeden Tag zog der Fürst mit seinen Jägern los und jeden Tag war es dasselbe. Bis der Graf endlich genug hatte und befahl alle Büsche und Bäume zu fällen. Der ganze Wald sollte abgeholzt werden.“
„Was?“, ruft Conni dazwischen. „Wieso denn? Spinnt der?“
„So hoffte der Graf den Hirsch zu überlisten. Wenn es keinen Wald mehr gab, in dem sich der weiße Hirsch verstecken konnte, würde er den Hirsch erlegen. So meinte der Graf zumindest. Die Holzfäller mussten sich sofort an die Arbeit machen. Ein Baum nach dem anderen krachte zu Boden. Im Wald aber gab es eine uralte Eiche, in deren Wipfel eine Hexe lebte. Keiner der Holzfäller traute sich, den Hexenbaum zu fällen. Als das der Graf hörte, kam er, um den Baum eigenhändig zu schlagen. Doch gerade als er mit seiner Axt die Rinde berührte, wurde der Graf selbst zu einem knorrigen, alten Baum. Die Hexe hatte ihn verhext. Und sie zauberte noch mehr. Denn im selben Moment wuchsen alle abgeholzten Bäume wieder nach. Bald war der Wald genauso dicht und prächtig wie zuvor. Die Burg des Grafen aber verfiel von einer Sekunde auf die andere. Zu der Ruine, die ihr hier vor euch seht. Doch das ist noch nicht alles“, sagt Papa geheimnisvoll.
„Es heißt, dass der Graf in jeder Vollmondnacht seine Menschengestalt zurückerhält und durch die Gegend spukt.“
Conni schüttelt sich. „Ist ja gruselig!“
Jakob hat mit offenem Mund zugehört. „Ist das wahr?“, fragt er kleinlaut.
„Nun ja, die Leute erzählen das hier“, meint Papa augenzwinkernd.
„Ach, Quatsch!“, lacht Mama und nimmt Jakob in den Arm. „Das ist doch nur eine Geschichte, ein Märchen. Sonst nichts!“
Beim Abendbrot schaut Jakob auf einmal mit großen Augen aus dem Fenster. Hastig kaut er und ruft noch mit vollem Mund: „Do! Ös schnoit!“
Conni kann nicht anders, sie muss nach draußen gucken. So gut kann Jakob nun wirklich nicht schauspielern.
Anscheinend doch! Keine einzige Schneeflocke weit und breit.
„Reingelegt!“, platzt Jakob heraus und verschluckt sich fast vor Lachen.
O nein! Conni könnte sich in den Hintern beißen. Noch einmal fällt sie nicht darauf rein! Ganz bestimmt nicht!
Spuk auf dem Dachboden
Auch wenn es nur ein Märchen ist, nachts im Bett muss Conni immer wieder an den Grafen denken. Wie gut, dass er verzaubert ist! Bloß dass er bei Vollmond rumgeistern darf, versteht sie nicht. So einen fiesen Kerl frei herumspuken zu lassen? Das ist doch gemeingefährlich!
Conni blickt zum Fenster. Hinter dem Vorhang schimmert die gelbe Mondkugel. Es ist doch nicht etwa Vollmond? Conni schaut sofort nach. Tatsächlich: Der Mond ist kreisrund.
Schnell klettert sie ins Bett zurück. Nur gut, dass das alles nur ein Märchen ist!
Huch! Conni erstarrt. Was war das denn?
Direkt über ihr hört sie Schritte. Da ist einer auf dem Dachboden!
Conni spitzt die Ohren. Da, schon wieder!
Eine Gänsehaut läuft ihr über den Rücken. Ob das der Graf ist, der da oben herumgeistert?
Nein, das mit dem Grafen ist doch alles nur ausgedacht! Aber da oben ist wirklich jemand. Ein Dieb vielleicht? Conni schluckt. Was soll sie nur machen? Sie muss Mama und Papa warnen. Lautlos klettert Conni aus dem Bett. Jakob schläft tief und fest. Auf Zehenspitzen schleicht sie sich zur Tür und drückt ganz behutsam die Klinke hinunter. Was, wenn der Dieb schon im Haus ist?
Conni lauscht noch einmal. Doch die unheimlichen Geräusche kommen eindeutig von oben. Rasch schlüpft Conni ins Elternschlafzimmer.
„Aufwachen!“, zischt sie und zieht Papa die Decke weg. Doch der brummt nur und dreht sich um.
Aber Mama ist wach. „Was ist denn los?“
„Da ist jemand auf dem Dachboden“, stößt Conni hervor. „Bestimmt ein Dieb!“
„Ein Dieb?“ Mama rüttelt sofort Papa wach.
Schlaftrunken folgt er Conni und Mama ins Kinderzimmer.
„Da ist nichts“, nuschelt er.
„Doch, da! Hörst du denn nichts?“, wispert Conni.
Und da hört es Papa auch. Kleine schnelle Schritte, ein Rascheln – und dann ein ganz merkwürdiger Laut. Richtig gespenstisch! Vielleicht ist es doch der Graf, der ausgerechnet hier herumspukt?
„Das sind bloß irgendwelche Tiere“, meint Papa. „Ratten oder Siebenschläfer. Die wohnen da
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