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Conviva Ludibundus

Conviva Ludibundus

Titel: Conviva Ludibundus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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durchschlüpfen und trotz ihrer Enthaltsamkeit und Mäßigkeit merkwürdigerweise mehr Bescheid zu wissen scheinen als die mit Lehrstoff bis in die letzte Zelle des Gehirns vollgestopften. Vielleicht, weil sie das wenige Gelernte immer gleich zur Hand und auch noch Platz im Kopf haben, um ausgiebig damit zu spielen.
      Ich besaß auch ein bißchen Teufelsohren.
      Beim dritten Blinken fiel mein Blick auf seine Augen, die mächtig groß, grau oder blau, jedenfalls hell erschienen, es waren keine Brillenträgeraugen. Auch später holte der Mann keine Brille hervor. Er hielt in seiner Hand zwei ausgelatschte Schuhe und sagte, hier ist tatsächlich noch das einzige Stückchen Land, wo man in Ruhe barfuß gehen kann. Aber man muß am Abend gehen. Tagsüber ist es hier auch unerträglich. Oder am frühen Morgen. Hier wollen zuviel Leute naturhaft leben. Und das sieht so aus, daß sie sich aufeinanderschichten und Antischweiß-Geruch verbreiten. Sie kommen von Ihrem Meeresgarten bis hierher? Ist es denn da auch nicht mehr möglich, ein paar Minuten am Strand allein zu sein?
      Bei meinem Meeresgarten, sagte ich trübsinnig, ist augenblicklich nichts mehr möglich.
      Ja, hab’s gehört, mal wieder ein Erfolg der Technik. Ich kann verstehen, daß Sie da nicht mehr sein wollen.
      Ich hatte keine Lust, dies alles nun noch einmal durchzukauen.
      Mein lieber Mann, ich bin todmüde und könnte hier am Wasser umsinken, ich würde nicht mal merken, wenn eine Welle mich überspülen würde.
      Er fragte, soll ich Sie zum Hotel bringen?
      Ich habe keine Lust, ich bin geschafft, ich kann nicht mehr zehn Schritte machen.
      Zufällig habe ich mein Haus hier aufgeblasen, sagte er, hinter der Düne; es ist verboten, weil die Natur auf diesen hundert Metern total naturhaft erhalten bleiben soll. Ich zahle eben jeden Morgen meine Strafe. Und wenn das nicht mehr geht, lasse ich die Luft ab und wandere weiter, aber man findet schwer etwas.
      Machen Sie Urlaub? fragte ich.
      Meinen Urlaub habe ich schon abgerissen, jetzt hab ich frei, ich tu nichts, ich gammle, verstehen Sie. Ich erhole mich.
      Er hatte sauren Algenwein in seinem Häuschen, das nach der See hin offen war, und einen Topf mit selbsteingelegten Grünen Medaillons.
      Mit Wein und Zwiebeln, sagte er. Aus der Konserve mag ich keine, aber wo krieg ich Nachschub her. Sagen Sie ehrlich, ist die Muschel ausgestorben?
      Ich wies ihn auf Freund Mittelzwercks Expedition hin, sie würde diese Frage vielleicht beantworten.
      Da bin ich skeptisch, sagte er.
      Nanu?
      Weil die mit diesem Ungetüm losfahren, gleich mit dem Dollsten und Neuesten, was es gibt. Ich habe das Gefühl, es geht zu grob vonstatten, wahrscheinlich war auch dieses Akusperr schon viel zu grob. Wissen Sie, in dem Ungetüm, dem Unschiff, da sitzt der Mensch doch eingesperrt, da kann er nicht als Lebewesen reagieren. Er kommt mir vor wie früher die Ritter in ihren klapperigen Rüstungen, den schweren Dingern, worin sie schwitzten und unbeweglich waren, und wenn sie hinfielen, weil ih nen mal ein Lausebengel ein Bein gestellt hatte, waren sie in den Dingern schon begraben. Dann lag da nur ein Haufen Schrott.
      Inzwischen sind wir weiter, sagte ich, die Ritter hatten keine Elektronik, kein Radar, sie konnten auch nicht fliegen.
      Trotzdem. Ich habe wenig Hoffnung, daß bei der Sache etwas rausspringt. Wenn man nach etwas sucht, was man noch gar nicht kennt, muß man vielseitig reagieren können. „Totalmobil 01“ ist mir zu einseitig. Ich möchte sagen, ein Klotz am Bein. Ich würde weniger skeptisch sein, wenn der Professor Mittelzwerck mit einem kleinen Fischerboot rausfahren würde.
      Verstehen Sie was von der Seefahrt?
      Na ja, ein bißchen.
      Merkwürdigerweise ergaben sich auch hier die beiden Fragen, die ich den Kapitänen in Quallnik stellte. Ich kam da nicht mehr runter, das ist ein Alterszeichen. Zuerst kommt man aus einer Körperhaltung nicht mehr heraus, fühlt sich stocksteif, muß aus dem Stuhl gehoben werden, und dann verharrt der Geist in einem Mechanismus. Aber war es nicht eher der Wunsch, mit einem Außenstehenden die Fragen zu erörtern, zu hören, was er meinte, auf ihn ein bißchen abzuladen, was mich bedrückte, und, unbestimmt natürlich und verhüllt, conviva ludibundus ins Gespräch zu bringen, von dem, wie es jetzt aussah, vermutlich nie jemand etwas erfahren würde?
      War dieser Wunsch nicht ganz natürlich?
      Ich fragte, sind

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